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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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diesem unsinnigen Verhalten durch die Größe und Stärke ihrer Rachsucht veranlaßt. Nach je zwei Griffen von Seiten des Paters schlossen sich die eisernen Ringe um ihre Leiber.
    „Herrlich!“ meinte Josefa. „Man kann sich gar nicht bewegen. Wie aber bekommt man das Essen herein?“
    „Durch das Loch in der Tür. Das Brot durch eine eiserne Gabel und das Wasser durch einen Schwamm, der einem an den Mund gehalten wird.“
    „So ist es recht! Und die Reinigung der Zelle?“
    „Sie macht sehr viel Mühe, daher wird sie nur selten vorgenommen. Es ist Sache des Gefangenen, sich ein Plätzchen zu suchen, um das zu tun, wovon man nicht zu sprechen pflegt.“
    „Aber er hat keine Wahl! Er kann sich ja nicht bewegen!“
    „Desto besser. Sein steinerner Sitz wird dadurch etwas weicher.“
    Der Pater hatte dies mit einer Art teuflischer Genugtuung gesprochen.
    „Dann bin ich mit diesen Löchern zufrieden“, meinte Josefa.
    „Ihr auch, Señor?“ fragte der Pater ihren Vater.
    „Ja; steckt die Kerls nur in keine besseren“, antwortete dieser.
    „Sie werden vis-á-vis einquartiert.“
    Er öffnete da drüben vier Türen und leuchtete hinein. Diese vier Zellen waren größer und nicht mit Eisenringen, sondern mit Ketten versehen, welche eine Bewegung gestatteten. Auch standen ein Kübel und ein Wassergefäß darin.
    „Was! Da hinein sollen sie?“ fragte Josefa.
    „Allerdings, Señorita!“
    „Aber dann haben sie es ja dort besser wie hier!“
    „Das ist auch meine Absicht“, antwortete er. „Ich will sie zwar festhalten, aber nicht geradezu töten.“
    „Das ist gegen die Verabredung!“
    „Ich entsinne mich keiner bezüglichen Verabredung. Übrigens bin ich in diesen Räumen Herr und kann tun, was ich will. Es ist für die Gefangenen besser, sie treten freiwillig in ihre Zellen, als daß wir sie zwingen müssen.“
    Die drei anderen blickten Sternau an.
    „Gehorchen wir!“ sagte er ruhig und kalt.
    Dies waren die ersten Worte, welche von ihm gehört wurden. Und zugleich tat er auch, was er gesagt hatte. Er trat in die Zelle und ließ sich die Kette anlegen, worauf ihm die bisherigen Fesseln abgenommen wurden.
    „Ich dachte, Ihr könntet uns vorher wieder losmachen, Señor!“ meinte jetzt Cortejo zu dem Pater.
    „Geduld!“ antwortete dieser. „Wir sind jetzt zu sehr beschäftigt.“
    Er und sein Neffe brachten nun auch die beiden Häuptlinge und Helmers in ihre Zellen, legten sie an die Ketten, nahmen ihnen die anderen Fesseln ab und schlossen dann die Türen von außen zu.
    „Jetzt hole Brot und Wasser für sie“, gebot der Pater seinem Neffen.
    Dieser entfernte sich.
    „Na, jetzt endlich, Señor!“ sagte Cortejo ungeduldig.
    „Was?“ fragte der Alte kaltblütig.
    „Uns losmachen natürlich!“
    „Uns? Ah! Wen meint Ihr damit?“
    „Mich und Josefa, wie sich doch von selbst versteht!“
    Da setzte der Pater seine Laterne zur Erde, lehnte sich an die Mauer des Ganges, schlug die Hände behaglich über der Brust zusammen und sagte:
    „Aber, Señor, Ihr seid recht inkonsequent!“
    „Wieso?“
    „Ihr sagtet ja vorhin, daß Ihr mit Eurem Loch ganz zufrieden wäret, und Eure Tochter meinte ganz dasselbe!“
    „Ja, zufrieden damit, daß die Gefangenen solche Löcher erhalten sollten.“
    „Nun, das ist ja auch der Fall!“
    „Sie haben ja bessere!“
    „Nicht alle. Ihr zum Beispiel habt das Loch, welches Euch so sehr gefallen hat. Und nun Ihr es habt, seid Ihr nicht mehr zufrieden. Ei, was soll ich da von Euch beiden denken!“
    Vater und Tochter hatten noch immer keine Ahnung von dem, was der Pater eigentlich bezweckte. Der andere sagte höchst ungeduldig:
    „So macht uns wenigstens endlich los! Oder meint Ihr etwa, daß wir uns hereingesetzt haben, um hier sitzenzubleiben?“
    „Ja, das meinte ich allerdings!“
    Jetzt entstand eine kleine Pause, hervorgebracht durch den Schreck, welcher Josefa und ihrem Vater die Sprache raubte. Erst jetzt kam ihnen die Ahnung der fürchterlichen Falle, in welche sie sich selbst begeben hatten.
    „Seid Ihr verrückt!“ rief endlich Cortejo.
    „Ich? O nein! Aber Ihr seid geradezu verrückt gewesen, Euch, und noch dazu auf eine so ganz und gar dumme Weise, in die Hände Eures ärgsten Feindes zu begeben. Ich sage Euch, daß Ihr dieses Loch niemals verlassen werdet.“
    Da hielt es Cortejo für angezeigt, im bittenden Ton zu sagen:
    „Treibt den Scherz nicht gar zu weit, Señor! Wir wissen nun, was wir wissen wollten, nämlich, wie es einem Menschen

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