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47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile

Titel: 47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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‚Donnerpfeil‘. Ich denke, sie sind entkommen?“
    Diese letzten Worte waren an den Pater gerichtet.
    „Ich scherzte nur“, antwortete dieser. „Mir pflegt keiner zu entkommen, dem ich eine Wohnung bei mir anweisen will.“
    Auch die drei anderen hatten ihre Besinnung wiedererlagt. Sie hielten zwar die Augen offen, aber keiner von ihnen sprach ein Wort.
    „Aber wie ist es Euch geglückt, sie festzunehmen?“ fragte Cortejo.
    „Das werdet Ihr später erfahren. Jetzt fragt es sich vor allem, was wir mit diesen Leuten tun werden.“
    „Einsperren, natürlich!“ antwortete Josefa.
    „Aber wo?“
    „In Euern allerschlechtesten Löchern, Señor!“
    „Wollen wir es wirklich so ganz schlimm machen? Sie sind doch auch Menschen.“
    „Es kann nicht schlimm genug für sie werden“, antwortete sie eifrig. „Sie werden täglich Prügel bekommen, aber allwöchentlich nur ein einziges Mal Essen.“
    „Ich möchte Euch aber doch bitten, ein wenig nachsichtiger zu sein, Señorita. Ihr wißt ja auch nicht, ob Ihr nicht einmal in diese Lage kommen könnt, in welcher Ihr Nachsicht gebrauchen könnt.“
    Sie bemerkte den stechenden Blick nicht, den er bei diesen Worten auf sie warf, und antwortete rasch und eifrig:
    „Keine Nachsicht, keine Spur von Nachsicht sollen sie haben! Nicht, Vater?“
    Cortejo senkte zustimmend den Kopf und sagte:
    „Milde ist hier am unrechten Platz. Ich habe ein Auge verloren. Man hat mir die Hacienda genommen und meine Leute ermordet. Man wollte meine Tochter von den Krokodilen zerreißen lassen. Es ist keine Strafe zu grausam für diese Menschen. Wo sind die Löcher, in welche sie gesteckt werden sollen?“
    „Eine Treppe tiefer, Señor.“
    „So wollen wir sie dorthin bringen. Später dann werdet Ihr uns erzählen, wie sie in Eure Hände gekommen sind.“
    „So wollen wir ihnen die Beinfesseln weiter machen, damit sie gehen können.“
    „Wenn sie aber nicht gehen wollen?“ fragte Josefa.
    „So haben wir Messer und Licht. Wenn wir sie stechen und brennen, werden sie schon laufen lernen“, meinte Cortejo.
    Es fiel keinem von den vieren ein, sich zu widersetzen und dadurch noch weitere Qualen zuzuziehen. Sie folgten willig dem Pater, welcher sie bis an eine Treppe brachte, die in ein tieferes unterirdisches Stockwerk führte. Dort gelangten sie in einen langen, schmalen Gang, in welchem rechts und links kleine Felsenzellen angebracht waren, kaum groß genug für einen Menschen. Diese Zellen waren durch Türen verschlossen, in denen sich ein rundes Loch befand.
    „Sind das die Gefängnisse?“ fragte Josefa.
    „Ja.“
    „Zeigt einmal eins.“
    Der Pater öffnete eine Tür und leuchtete hinein.
    „Ah, zwei Eisenringe!“ meinte Cortejo. „Wozu sind sie?“
    „Zum Festhalten der Person.“
    „Wie wird dies gemacht?“
    „Das ist eigentlich ein Kunststück, Señor“, sagte der Pater. „Ihr seid ungefesselt, nehmt einmal da Platz.“
    „Ich soll mich in das Loch setzen?“
    „Ja. Ich kann Euch da am besten überzeugen, daß keiner dieser vier Gefangenen entkommen wird.“
    „Gut! Ich werde es einmal versuchen. Es soll mir eine Freude sein, genau zu wissen, wie fest wir diese Menschen haben.“
    „Ja, Vater, auch ich muß das wissen!“ meinte Josefa. „Wollt Ihr es auch mir zeigen, Señor?“
    „Gern“, antwortete der Pater. „Ich habe da rechts ein Doppelloch, welches zu einem solchen Versuch wie gemacht ist. Ich werde es öffnen.“
    Er schob zwei Riegel zurück und öffnete eine Tür. Es wurde ein Loch sichtbar, zwei Ellen breit, ebenso tief und gerade so hoch, daß ein Mensch darin sitzen konnte. Der Boden bestand aus Stein. Es war kein Stroh, keine Matte, kein Krug oder Trinkgefäß zu sehen. Aber am hinteren Teil sah man ungefähr in der Höhe des Halses und der Taille zwei mal zwei eiserne Ringe, welche gegenwärtig geöffnet waren.
    „An die Ringe werden die Gefangenen angeschlossen?“ fragte Josefa.
    „Ja, Señorita“, antwortete der Pater.
    „Aber sie sind ja offen, und ich sehe keine Hängeschlösser.“
    „Sie gehören nicht dazu. Es ist an den Ringen eine geheime Mechanik angebracht, mit deren Hilfe sie verschlossen werden. Also, wollen die Herrschaften einmal versuchen, wie man sich in einem solchen Loch befindet?“
    „Ja, ich versuche es“, sagte sie. „Habe ich das getan, so fühle ich die Süßigkeit der Rache umso stärker.“
    „Ich auch“, meinte Cortejo.
    „So kommt! Setzt Euch nebeneinander hinein.“
    Sie gehorchten diesem Gebot, zu

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