47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
Grafen Ferdinande de Rodriganda gekannt habe, mit dem ich Euch vorhin verwechselte.“
„Sehe ich ihm wirklich so ähnlich?“
„Außerordentlich. Es ist kaum ein Unterschied zu bemerken zwischen Euch und ihm, wie er aussah, als er in Euren Jahren stand. Fast könnte man glauben, daß Ihr ein naher Verwandter von ihm seid!“
„Vielleicht ist es auch so“, meinte Mariano, welcher unbefangen genug war, sich von den Reden des Paters gewinnen zu lassen.
„Wirklich?“ fragte dieser mit gutgespieltem Erstaunen.
„Ich bin ein Verwandter von ihm, allerdings aber nicht anerkannt.“
„Heilige Madonna, so ist es wahr, was der Mann mir gebeichtet hat.“
„Gebeichtet! Das ist verteufelt unangenehm! Mir läge ungeheuer viel daran, Euch sprechen zu hören! Und nun dürft Ihr nicht!“
Der Pater nahm eine höchst nachdenkliche Miene an und sagte dann:
„Woher wußtet Ihr, daß ich den Grafen und Cortejo kenne, Señor?“
„Ich wußte es nicht. Ich habe es erst von Euch erfahren.“
„Ah! Ich dachte, Ihr wüßtet es, und kämt, um mit mir über diese Angelegenheit zu sprechen. Es ist wahr, ich habe noch gar nicht gefragt, welche Ursache Euch zu mir führt, aber fragen werde ich doch: Wenn Ihr wirklich ein Verwandter des Grafen Rodriganda seid, welches ist denn da das verwandtschaftliche Verhältnis, in welchem Ihr zu ihm steht?“
Mariano fixierte den Pater eine Weile schweigend und sagte dann:
„Das ist ein Geheimnis, über welches sich sehr schwer sprechen läßt.“
Der Pater lächelte überlegen und meinte dann in gutmütigem Ton:
„Ihr könnt mir Vertrauen schenken, Señor. Übrigens bin ich überzeugt, dieses Geheimnis wenigstens ebensogut zu kennen wie Ihr selbst.“
„Wirklich? Könnt Ihr mir das beweisen?“ fragte Mariano rasch.
„Ja. Ihr seid der echte Sohn des Grafen Emanuel Rodriganda.“
„Mein Gott“, rief Mariano erstaunt, „wie kommt Ihr zu dieser gewagten Behauptung?“
„Für mich ist das nicht gewagt. Ich könnte Euch noch mehr sagen.“
„Was denn? Schnell, schnell!“
„Nun, Ihr seid gegen einen Neffen von Pablo Cortejo umgetauscht worden, und dieser Neffe führt jetzt den Namen, der Euch gebührt.“
„Ihr meint Alfonzo, Graf de Rodriganda?“
„Ja.“
Mariano befand sich in einer ungeheuren, aber glücklichen Aufregung.
„Könnt Ihr dies beweisen?“ fragte er.
„Zu jeder Stunde“, antwortete der Pater.
„Mein Gott, wer hätte das gedacht! Seit langen Jahren suche ich nach diesem Beweis, und nun wird er mir so unverhofft entgegengebracht!“
„Nicht so eilig, Señor! Ich habe gesagt, daß ich es beweisen könnte, ob ich es darf, also ob ich es beweisen werde, ist eine andere Frage.“
„Wer oder was wollte Euch denn hindern?“
„Mein Priestereid, das Beichtgeheimnis.“
„Ah!“ meinte Mariano enttäuscht. „Wieder das Geheimnis! Seid Ihr denn noch Priester?“
„Nein.“
„So ist doch dieser Eid nicht mehr gültig!“
„O doch. Für alles, was sich auf die Zeit bezieht, in welcher ich Priester war, ist er noch gültig. Doch es kommt bei allen Dingen darauf an, mit welchen Augen und von welchem Standpunkt aus man sie betrachtet. Ich darf allerdings nichts erzählen, nichts verraten; aber es ist mir doch nicht verboten, Euch Winke zu geben, welche Euch in den Stand setzen können, das zu erfahren und zu beweisen, was ich geheimhalten muß, weil man es mir gebeichtet hat.“
„O, Señor Hilario, wenn Ihr das tun wolltet!“
„Vielleicht tue ich es, nur muß ich wissen, daß es mir nicht schadet.“
„Ich werde alles vermeiden, was Euch in Schaden bringen könnte.“
„Das hoffe ich. Man hat Euch lange Jahre gefangengehalten. Nicht wahr?“
„Allerdings.“
„Wer?“
„Die beiden Cortejos.“
„Mit Hilfe eines Kapitäns Landola?“
„Ja. Kennt Ihr auch diesen?“ fragte Mariano rasch.
„Vielleicht. Ein deutscher Kapitän hat Euch endlich befreit?“
„Mein Gott! Seid Ihr allwissend?“
Der Pater lächelte und antwortete selbstbewußt.
„Das nicht. Aber Ihr seht, daß ich eingeweiht bin. Ich könnte Euch leicht alle Rätsel lösen, welche Euch noch dunkel sind, aber – hm! Ich weiß nicht, ob ich auf Eure Verschwiegenheit rechnen darf.“
Da ergriff Mariano seine Hände und sagte bittend:
„Señor, ich werde schweigen wie das Grab. Ich bitte Euch um Gotteswillen, mir zu sagen, was Ihr wißt!“
„Ich habe Euch gesagt, daß ich das nicht darf. Aber vielleicht bin ich bereit, Euch diejenigen Winke zu geben, von
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