47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
denen ich sprach.“
„Tut das, Señor! Ich werde euch reich belohnen, ich werde es Euch danken, so lange ich lebe!“
Da nahm der Pater eine ernste, fromme Miene an und sagte:
„Ich tue es nicht um des Lohnes willen. Es sind hier Verbrechen verübt worden. Zwar darf ich nichts verraten, aber ich halte es für meine Pflicht, dahin zu wirken, daß die Schuldigen nicht Früchte genießen, welche anderen gehören.“
„Ah, Ihr seid ein frommer, gottesfürchtiger Mann! Ich darf hoffen, daß Ihr mir die Hand zur Hilfe reicht.“
„Ja, das könnt Ihr, Señor! Aber wenn ich Euch die nötigen Winke geben soll, muß ich vorher erfahren, wie weit Ihr selbst von der Sache unterrichtet seid. Ich muß Euer Leben und alle Ereignisse kennenlernen, welche sich auf Euch und Eure Freunde beziehen.“
„Ich bin bereit, Euch alles zu erzählen, Señor!“
„Ihr wollt also Vertrauen zu mir haben?“
„Vollständig!“ beteuerte Mariano.
„So setzt Euch und erzählt!“
Mariano folgte dieser Aufforderung. Er gab eine vollständige Beschreibung seines Lebens und seiner Erfahrungen so ausführlich, daß dem Pater nicht das geringste verborgen blieb. Er war so begeistert für den Gegenstand, daß er nicht an die Gefährten dachte, welche ihn erwarteten.
Endlich war er fertig. Auch der Pater hatte auf seinem Stuhl Platz genommen. Jetzt erhob er sich, ging einige Male im Zimmer auf und ab und sagte dann, vor ihm stehen bleibend:
„Ihr seid also überzeugt, der Sohn des Grafen Emanuel zu sein?“
„Ja“, antwortete Mariano.
„Graf Ferdinande weiß dies auch?“
„Ja.“
„Wer weiß das noch? Dieser Sternau natürlich?“
„Jawohl.“
„Die beiden Indianerhäuptlinge und die beiden Helmers?“
„Ja.“
„Ferner Emma Arbellez, Karja, Marie Hermoyes und jener Spanier, welcher mit dem Grafen in Härrär gefangen war?“
„Sie alle.“
„So ist Euer Geheimnis das Eigentum sehr vieler Personen geworden, und die Schuldigen dürfen überzeugt sein, daß es unmöglich ist, es totzuschweigen. Auch der Engländer und seine Tochter kennen es?“
„Auch sie.“
„Und welchen Personen in Deutschland ist es bekannt?“
„Meiner Schwester Rosa und jedenfalls ihrer nahestehenden Vertrauten. Doch weiß sie bei weitem nicht soviel als wir anderen.“
„Und welche Punkte sind Euch noch unklar? Das muß ich wissen.“
„Unklar ist uns eigentlich keiner der Hauptpunkte. Es handelt sich nur um die Erbringung des Beweises; aber das ist gerade das schwierigste.“
„Ich halte es im Gegenteil für das leichteste.“
„Ja, wenn wir Pablo Cortejo und Landola fest hätten!“
„Nun, das ist ja doch nichts Unmögliches!“
„Allerdings nicht. Sternau ist ihnen ja doch nachgejagt.“
„Ah! Wirklich?“
„Ja. Ich habe Euch noch nicht gesagt, daß ich ihn suche. Er ist mit den beiden Indianerhäuptlingen und dem einen Helmers hinter Cortejo her und ihre Spuren zeigen gerade auf Santa Jaga. Es wurde mir sogar gesagt, daß sie bei Euch sein könnten.“
„Bei mir?“ fragte der Pater lächelnd. „Wer sagte das?“
„Einer der Reitknechte, welcher mit Señorita Emilia nach der Hacienda del Erina aufgebrochen waren.“
Der Pater entfärbte sich.
„Señorita Emilia?“ stotterte er. Doch faßte er sich schnell und fragte: „Nach der Hacienda del Erina ist sie geritten?“
„Ja“, antwortete Mariano. „Das ist ihre Absicht gewesen.“
„Was hat sie dort gewollt?“
„Ich weiß es nicht.“
„Hm! Ihr seid doch wohl nicht allein nach Santa Jaga gekommen?“
„Nein. Ich habe noch zwei Gefährten mit.“
„Wer sind sie?“
„Der ‚Kleine André‘ und der andere Helmers.“
„Wo sind sie?“
„Sie warten draußen vor dem Tor auf mich. Aber ich habe im Eifer unserer Unterredung gar nicht mehr an sie gedacht.“
Der Pater blickte einige Zeit nachdenklich vor sich nieder. Dann warf er rasch den Kopf empor und fragte:
„Man kann sich auf Euch verlassen, Señor?“
„O, vollständig“, beteuerte Mariano.
„Wenn ich Euch helfe, so werdet Ihr mich nicht verraten?“
„Niemals; darauf könnt Ihr Euch verlassen.“
„Nun gut. Wenn Ihr Cortejo fangt, so haben wir nicht nötig, ein Beichtgeheimnis zu verraten. Wie nun, wenn er noch heute abend in Eure Hände fiele?“
Da sprang Mariano wie elektrisiert empor.
„Herrgott, ist dies möglich?“
„Ja, es ist möglich. Aber bitte, redet nicht so laut. Ich will Euch gestehen, daß Señor Sternau mit seinen Gefährten hier bei mir
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