47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
er entdeckt ist, erbleicht, die Knie hätten ihm geschlottert. Sie aber bleiben ruhig.“
„Schlottern Sie gefälligst ein wenig für mich.“
„Spotten Sie immerhin! Ihr Spott wird bald aufhören. Sie leugneten, noch weitere Waffen zu haben. Und doch führen Sie eine Donnerbüchse, eine Höllenmaschine oder so etwas Ähnliches bei sich. Gestehen Sie es ein!“
‚Geierschnabel‘ blickte dem Mann ganz erstaunt in das Gesicht.
„Donnerbüchse? Höllenmaschine?“ fragte er.
„Ja, aus Messing oder Kanonenmetall!“
Da endlich wurde es in ‚Geierschnabel‘ klar. Er hätte am liebsten gerade hinaus lachen mögen, aber er bezwang sich gewaltsam, ernst zu bleiben.
„Ich weiß nichts davon“, sagte er.
„Wir werden Sie überführen, wir werden Ihnen Beweise bringen.“
„Tun Sie das.“
„Warum haben Sie Ihr Schlafzimmer verschlossen?“
„Wollen Sie mir dies vielleicht verbieten?“
„Nein, aber ich werde Sie ersuchen, es uns zu öffnen.“
„Zu welchem Zweck?“
„Wir haben das Verlangen, eine kleine, aber intime Bekanntschaft mit Ihrem Gepäck anzuknüpfen.“
„Meinetwegen. Ich bin einmal in Ihrer Gewalt. Aber ich warne Sie. Mit meinen Waffen versteht nicht ein jeder umzugehen!“
„Keine Sorge! Wir werden vorsichtig sein. Geben Sie her!“
Er hielt ihm die Fesseln entgegen.
„Was? Sie wollen meine Hände haben?“ fragte ‚Geierschnabel‘.
„Ja.“
„Ich habe ja gar nicht die Absicht, zu fliehen oder mich zu widersetzen.“
„Wenn Sie diese Absicht auch hätten, würden Sie es doch nicht eingestehen. Je gefährlicher ein Subjekt ist, desto vorsichtiger muß man es behandeln. Also, her mit den Händen!“
Diese Worte wurden in kategorischem Ton gesprochen. ‚Geierschnabel‘ gehorchte. Er ließ sich die Handschellen anlegen, sagte aber:
„Ich erhebe Widerspruch gegen diese Behandlung! Keiner von Ihnen hat das Recht, mich festzunehmen. Sie werden mir Genugtuung geben müssen.“
„Sie werden sie erhalten, wenn Sie sie verdienen, jetzt aber marsch nach Ihrer Wohnung. Und merken Sie es sich, daß jede Bewegung, auch die kleinste, von uns beobachtet wird.“
„O bitte, bewegen Sie sich ganz so, wie es Ihnen beliebt.“
Er wurde unter allgemeiner Begleitung nach Nummer Eins geführt. Er bemerkte dort sogleich, daß hier bereits nach ihm gesucht worden sei, doch ließ er sich das nicht merken. Vor der Tür zum Schlafzimmer blieb man mit ihm halten.
„Haben Sie diese Tür verschlossen?“ fragte der Polizist. „Weshalb?“
„Weil ich nicht wünsche, daß man mir im Gepäck herum stibitze. Finden Sie das nicht begreiflich?“
„Aber Sie haben nicht nur den Schlüssel abgezogen, sondern auch das Schlüsselloch verstopft. Sind die Geheimnisse, welche Sie zu verbergen haben, denn gar so groß oder so gefährlich?“
„Überzeugen Sie sich doch.“
„Da müssen Sie erst öffnen. Was steckt in dem Loch?“
„Eine Patentschraube.“
„Geht sie zu entfernen?“
„Ja.“
„Tun Sie es.“
Er griff, trotzdem er gefesselt war, in seine Westentasche und zog ein dünnes Häkchen hervor, mit welchem er in das Schlüsselloch fuhr. Er zog damit die Patentfeder an und konnte nun die Schraube aus dem Schlüsselloch bringen.
„So“, sagte er. „Ziehen Sie den Schlüssel hier aus meiner Tasche und schließen Sie auf.“
Dies geschah. Die Tür konnte jetzt geöffnet werden. Aber der Beamte, welcher jetzt das Wort geführt hatte, machte eine abwehrende Bewegung.
„Halt, nicht vorwärts drängen!“ gebot er. „Es steht zu vermuten, daß sich hier geheimnisvolle Maschinen und gefährliche Explosivstoffe befinden. Der Arrestant mag vorgehen. Er würde der erste sein, welcher getroffen wird.“
‚Geierschnabel‘ wurde von vier Händen gefaßt und vorsichtig in das Zimmer geschoben. Erst dann folgten die anderen nach. Der Beamte ließ den Blick umherschweifen. Derselbe fiel zunächst auf die Büchse, welche ‚Geierschnabel‘ vor seinem Ausgang aus dem Futteral genommen hatte. Er nahm sie vorsichtig in die Hand und fragte:
„Was ist das für ein Gewehr?“
„Eine Kentuckybüchse“, antwortete der Delinquent.
„Geladen?“
„Nein.“
„Aber das ist doch keine Büchse, kein Schießgewehr.“
„Ah! Wieso nicht?“
„Das ist ja der reine Prügel! Wie kann man mit einem solchen Ding schießen wollen!“
„Ja, ein deutscher Polizist würde allerdings nichts treffen!“
Der Beamte legte die Büchse weg und nahm das Messer.
„Was ist das für ein
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