47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
niedergelassen habe. Es schien das letztere der Fall zu sein.
So kam er näher und näher, bis er alles deutlich vor sich liegen sah.
Er zählte fünfzig Männer, welche sich in einem Kreis gelagert und zwei Feuer zwischen sich hatten, über welchen Fleisch gebraten wurde. Sie waren in der Tracht des Landes gekleidet, schienen aber aus verschiedenen Provinzen zusammengewürfelt zu sein.
Jetzt legte er sich auf die Erde nieder und schob sich kriechend fort, bis er so weit an sie herangekommen war, daß nur noch einige Bäume zwischen ihm und ihnen standen und er jedes Wort hören konnte.
Zwei, welche nicht weit von ihm saßen, sprachen sehr laut miteinander.
„Und ich sage dir, daß wir uns verirrt haben“, meinte der eine.
„Wo denkst du hin“, antwortete der andere. „Wir sind sehr weit rechts von Candela.“
„Und ich behaupte, daß wir uns zu weit westlich befinden. Vielleicht hatten wir schon Marin zur Rechten. Wir müßten den Rio San Juana längst erreicht haben.“
„Unsinn! Ich war einmal bereits in dieser Gegend und kenne sie.“
„Dennoch wäre es besser, wenn wir uns erkundigt und nicht allein auf dich verlassen hätten. Was soll Señor Cortejo sagen.“
Sternau zuckte beinahe erschrocken zusammen, als er diesen Namen hörte. Gab es hier einen Cortejo? Und wer war dann dieser Mann?
„Cortejo? Pah!“ antwortete der andere ziemlich verächtlich.
„Oder was soll seine Tochter sagen, Señorita Josefa, die Holde.“
Es ging Sternau wie ein Stich durch das Herz. Sie hatten Cortejo genannt und seine Tochter Josefa. Es war also derselbe gemeint, den auch er kannte, denn es war ja nicht sehr wahrscheinlich, daß es einen anderen Cortejo geben werde, der auch eine Tochter namens Josefa hatte. Sternau sollte übrigens sehr bald überzeugt werden, daß seine Vermutung die richtige sei.
„Was mache ich mir aus ihr“, hörte er den anderen sagen.
„Ich denke, du bist verliebt in sie“, erklang es lachend.
„Dann müßte ich verrückt sein.“
„Du trägst aber doch ihre Fotografie bei dir.“
„So wie ihr alle, um mich als seinen Anhänger ausweisen zu können.“
„Ja, und Minister zu werden, sobald er Präsident von Mexiko geworden ist.“
„Scherze nicht. Ich bin auch nicht dümmer als andere, und zu Ministern werden gewöhnlich nicht die Klügsten ausgewählt. Übrigens ist es gar nicht unmöglich, daß er etwas erreicht. Warum ist er nach dem Norden gekommen?“
„Doch zunächst, um diesem Engländer sein Geld abzunehmen.“
„Und die Gewehre.“
„Welche für Juarez bestimmt sind, hahaha. Der Zapoteke wird sich ganz verteufelt ärgern, wenn er erfährt, daß ihm sein Rivale zuvorgekommen ist. Aber, alle Teufel, es war mir, als ob ich dort hinter dem dritten Baume ein paar Augen hätte leuchten sehen.“
Er erhob sich, griff zu seinem Messer und kam herbei.
Sternau hatte im ungeheuren Interesse für das, was er hörte, den Kopf etwas zu weit hervorgeschoben; er war bemerkt worden. Sobald er sah, daß der Mann auf ihn zuschritt, glitt er blitzschnell rückwärts, erhob sich vom Boden und entfernte sich schleunigst eine Strecke. Ein Glück, daß er sich im Dunkeln befand.
„Hm“, brummte der Mann. „Ich dachte, die Augen deutlich gesehen zu haben.“
„Wem sollten die Augen gehören“, sagte sein Kamerad.
„Irgend einem Menschen.“
„Welcher Mensch sollte sich gerade hierher verlaufen. Du hast dich geirrt.“
„Möglich. Aber besser ist besser.“
Er ging zurück, zog einen brennenden Ast aus dem Feuer und kam wieder, um die Stelle zu untersuchen. Sternau hatte jedenfalls eine Spur zurückgelassen; wurde diese gefunden, so war seine Anwesenheit verraten.
Zum Glück schien der Mann nicht zu den Scharfsinnigen zu gehören oder keine Erfahrung zu besitzen. Er fuhr mit dem Brand einige Zeit zwischen den Bäumen herum, ohne dem Boden die nötige Aufmerksamkeit zu schenken und sagte dann:
„Es ist niemand hier.“
„O doch“, lachte der andere.
„Nun wer denn?“
„Du doch selbst.“
„Albernheit! Die Augen habe ich gesehen. Vielleicht ist der Kerl, dem sie gehören, ausgerissen, als ich kam. Man kann nicht vorsichtig genug sein. Ich werde jetzt besser aufpassen.“
Nach diesen Worten kehrte er an seinen Platz zurück.
Sternau hatte einstweilen genug gehört, um zu wissen, woran er war.
Er wollte sich nicht unnötig einer weiteren Gefahr aussetzen, und darum begab er sich nach dem Baum, unter welchem er den Apachen treffen wollte.
Für einen
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