47 - Waldröschen 06 - Am Teich der Krokodile
bin kein Kriegsmann und noch weniger ein Jäger. Ich werde wieder Ihnen das ganze Arrangement überlassen.“
„Dann bitte ich, daß die Pferde hier zurückbleiben dürfen.“
„Warum?“
„Sie finden hier besseres Futter. Im Wald, wo sie nichts zu fressen haben, könnten sie laut werden und uns verraten.“
„Das ist richtig.“
„Wir pflocken sie an und lassen zehn Mann bei ihnen; das genügt. Wir anderen teilen uns. Die Hälfte wird von mir und die andere von ‚Bärenauge‘ angeführt, da wir beide das Lager genau kennen. Wir umzingeln dasselbe, und dann wird sich das Übrige von selbst ergeben.“
„Wenn die Kerls klug sind, so lassen sie es gar nicht zum Kampf kommen. Ich möchte nicht gern Blut vergießen, besonders auch deshalb, weil wir dann von den Toten nichts erfahren könnten.“
„Dann will ich einen Vorschlag machen, Señor.“
„Welchen?“
„Einer oder zwei von uns begeben sich nach dem Lager und geben sich für Jäger aus. Ich glaube nicht, daß sie irgend welche Gefahr laufen. Sie können eine Einleitung treffen, und dann ahme ich den Ruf der Eule nach; das ist das Zeichen, daß die Umzingelung gelungen ist. Die beiden geben sich dann zu erkennen und fordern, daß die Truppe sich ergibt. Auf diese Weise umgehen wir eine plötzliche Überrumpelung, welche viel Blut kosten würde.“
„Sie mögen recht haben, Señor. Aber die Rolle dieser beiden ist doch eine höchst gefährliche. Wer würde sich zu einer solchen hergeben?“
„Ich!“ rief es aus verschiedener Munde.
„Sie sehen, daß wir solch mutige Leute besitzen“, sagte Sternau, „wie wir sie brauchen.“
„So treffen Sie selbst die Wahl“, sagte Juarez.
„Das ist schwierig, da ich keinen beleidigen will. Indianer sind natürlich ausgeschlossen. Ich selbst möchte zwar gern dabei sein, aber ich habe ja meine Truppe anzuführen. Ich glaube, daß es am besten sein würde, unseren Mariano mit ‚Donnerpfeil‘ zu schicken.“
Die beiden erklärten sich mit Freuden bereit dazu.
„Aber warum ich nicht?“ fragte der Steuermann Helmers.
„Und warum mich nicht?“ fragte Bernardo, der spanische Gärtner.
„Weil Sie, Freund Helmers, sich nicht gut für einen Jäger ausgeben können“, antwortete Sternau. „Und dies ist bei Señor Bernardo ebenso der Fall.“
„Nein“, sagte Mariano. „Ich gehe, und kein anderer soll meine Stelle einnehmen.“
„Und die meinige auch nicht“, erklärte Anton Helmers.
„Gut! So können Sie aufbrechen.“
„Zu Pferd?“ fragte Mariano.
„Natürlich!“ antwortete Sternau. „Überlasse dich nur der Leitung deines Gefährten. Er ist in solchen Dingen erfahrener als du.“
„Wo ungefähr befindet sich das Lager?“ fragte Helmers.
„Dreiviertel englische Meilen von hier, nur einige Schritte in den Wald hinein. Ich glaube, man muß das Feuer von der Prärie aus sehen können.“
„Das ist höchst unvorsichtig von diesen Leuten, aber gut für uns, denn es wird unser Erscheinen so ziemlich legitimieren. Kommen Sie, Señor Mariano!“
Die beiden pflockten ihre Pferde los, stiegen auf und ritten davon.
„Für was geben wir uns denn aus?“ fragte Mariano während des kurzen Rittes.
„Für Jäger natürlich“, antwortete Helmers.
„Allerdings. Aber welcher Nationalität?“
„Nun, ich bin ein Deutscher, dabei bleibe ich.“
„Und ich? Ah, ich bin ein französischer Fallensteller.“
„Und merken Sie sich, ich heiße Helmers, ich verändere dieser Kerls wegen meinen Namen um keinen einzigen Buchstaben.“
„Und ich? Ich heiße Lautreville. Ich bin ja bereits früher so genannt worden. Aber wo kommen wir her, und wo wollen wir hin?“
„Das müssen wir uns allerdings überlegen. Ich bin früher, als ich mit ‚Bärenherz‘ jagte, einmal hier im Presido gewesen und weiß also glücklicher Weise ein wenig Bescheid. Es ist am besten, wir geben eine andere Richtung an, als sie verfolgen.“
„So kommen wir aus Texas herüber.“
„Ja, gut. Wir sind in Laredo über den Rio del Norte gesetzt und wollen hierauf nach – nach – nach – ah, wir wollen zu den Franzosen, um gegen diesen verfluchten Juarez zu kämpfen.“
„Vortrefflich“, lachte Mariano. „Also vorwärts jetzt.“
Sie ritten im Galopp einen Bogen, so daß sie scheinbar von der entgegengesetzten Seite, von Norden kamen, und hielten dann, langsamer reitend, ihre Pferde dicht am Rand des Waldes hin.
Da, wirklich, da erblickten sie einen Lichtschein, welcher zwischen den Bäumen hindurch
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