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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sondern für verfault, für verwest halten kann?“
    „Ja.“
    „Ohne daß man Verdacht zu schöpfen vermag?“
    „Ohne alle Möglichkeiten des Verdachtes.“
    „Hm, das wäre vorteilhaft. Aber woher eine Kleidung nehmen?“
    „Vom ersten, besten Schneider oder Altkleiderhändler.“
    „Aber sie müßte derjenigen, in welcher der Don begraben wurde, ganz ähnlich sein.“
    „Das wird der Fall sein. Mein Bruder hat mir damals die ganze Leichenfeierlichkeit und natürlich auch den Anzug des Scheintoten sehr ausführlich und genau beschrieben, sodaß ich in dieser Beziehung sicherlich keinen Fehler begehe.“
    „Dies wäre gar nicht notwendig.“
    „Wieso?“
    „Sie vergessen, daß man mir die Leiche auf das Schiff gebracht hat.“
    „Ah so.“
    „In derselben Kleidung, in welcher sie begraben worden war.“
    „Das ist richtig.“
    „Und daß ich mich dieser Kleidung noch ganz genau erinnere.“
    „Nun, so brauchen wir nur zu memorieren, und Sie sind zugegen, wenn ich ein Gewand kaufe.“
    „Natürlich. Nun aber noch eins und zwar die Hauptsache.“
    „Was?“
    „Wir graben eine Leiche aus. Wird man das am anderen Tag nicht bemerken?“
    „Wir nehmen uns möglichst in acht.“
    „Werden wir den Hügel wieder herstellen können?“
    „Wenn wir uns Mühe geben, warum nicht?“
    „Aber, wenn wir die Leiche entfernen, so entsteht ein Überraum. Womit diesen füllen?“
    „Sie vergessen, daß wir den Sarg unten lassen.“
    „Ah, so. Das könnte gehen. Aber dann kommt das Schwierigste.“
    „Wieso?“
    „Die Leiche in die Kleider zu bringen.“
    „Allerdings ein höchst unappetitliches Geschäft!“
    „Prrrr! Wenn sie noch nicht ganz verfault ist.“
    „Oder bereits so sehr verfault, daß die Knochen auseinander fallen. Doch müssen wir das mit in den Kauf nehmen.“
    „Eine ganz und gar verdammte Geschichte!“
    „Sie sind selbst schuld daran.“
    „Ich? Wieso?“
    „Sie und mein Bruder, dieser dumme Mensch. Hätte er diesen Don Ferdinande wirklich sterben lassen, und wären Sie auf seinen Vorschlag, den Scheintoten auf Ihr Schiff zu nehmen, nicht eingegangen, so befänden wir uns nicht in der gegenwärtigen unangenehmen Lage, diesen gewaltigen Fehler wieder gut zu machen. Sie sehen doch ein, daß ich recht habe?“
    „Leider. Aber wie verschaffen wir uns das Nötige?“
    „Was?“
    „Hacken, Schaufeln, Laternen, Bretter und eine Leiter?“
    „Laternen müssen wir uns allerdings kaufen. Das andere ist vielleicht auf dem Gottesacker zu haben. Die Totengräber haben gewöhnlich ein Gelaß, worin sich diese Gegenstände befinden.“
    „So müssen wir uns baldigst überzeugen.“
    „Wir werden sogleich gehen. Aber vorher ist noch etwas sehr Wichtiges zu erörtern.“
    „Was?“
    „Wir brauchen eine Person, welche Wache steht, damit wir nicht gestört werden oder bei Gefahr zur rechten Zeit fliehen können.“
    „Diese Person ist bereits gefunden.“
    „Wer?“
    „Mein Bruder!“
    „Ah, der! Wird er sich bereden lassen, es zu tun?“
    „Ganz gewiß.“
    „Welche Gründe geben wir an? Denn die Wahrheit können wir ihm doch unmöglich sagen.“
    „Das fällt mir gar nicht ein. Überlassen Sie das mir. Er haßt mich, und auf diesen Haß gründe ich die Fabel, welche ich ihm erzählen werde und die ihn ganz sicher bewegen wird, sich uns bei diesem Unternehmen anzuschließen.“
    „Wo befindet er sich?“
    „Er schläft unten im Hof auf den Steinen.“
    „Warum nimmt er kein Zimmer?“
    „Der? Ein Zimmer? Da kennen Sie diese Prärieläufer sehr schlecht. In einem Zimmer zu schlafen, fällt ihnen gar nicht ein. Es wird ihnen dabei so ängstlich, als ob die Wände einbrechen oder die Decke herabstürzen wollte. Sind Sie bereit? Lassen wir ihn schlafen.“
    „Ja, lassen Sie uns gehen.“
    Sie verließen das Gasthaus und schritten durch die Straßen, in denen infolge der Anwesenheit des Militärs ein ungewöhnlich reges Leben herrschte. Doch zeigten die Soldaten nicht etwa jene sicheren Mienen, wie man sie bei Siegern zu sehen gewohnt ist. Es lag auf der militärischen, oder vielmehr französischen bewaffneten Bevölkerung der Hauptstadt eine Art von Alp. Man ahnte in den niederen Kreisen, was man in den höheren bereits wußte, nämlich daß das glanzvolle Spiel zu Ende sei, bei dem es dem Kaiser der großen Nation nicht gelungen war, sich Ruhm und Ehre zu holen.
    Nach kurzem Fragen fanden sie den Weg zu dem betreffenden Kirchhof, welcher offen stand.
    Es war jetzt gegen Mittag. Die

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