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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Er wollte erst wissen, wen er vor sich habe.
    „He, guter Freund, wer sind Sie denn eigentlich?“ fragte er.
    „Mon dieu!“ stöhnte der Gefragte. „Welch ein Glück, daß ich wieder atmen kann!“
    „Was geht mich Ihr Atem an? Wer Sie sind, will ich wissen.“
    „Ah, ich bin ein französischer Offizier. Kapitän Durand ist mein Name.“
    „Das glaube, wer da will!“
    „Ich sage die Wahrheit!“
    „Läßt sich ein französischer Soldat, Offizier und Kapitän, so leicht überfallen und binden?“
    „Ich erhielt ganz unerwartet einen Hieb an den Kopf, der mir die Besinnung raubte.“
    „Ja so ist es, wenn man die Besinnung nur im Kopf und nicht auch mit in den Fäusten hat. Sogar ausgezogen hat man Sie! Zu welchem Zweck?“
    „Ich weiß es nicht. Bitte, befreien Sie mich doch von den Fesseln!“
    „Nur langsam, langsam, mein Junge. Es kommt schon noch die Zeit, in welcher auch die Fesseln fortgenommen werden, und wenn es auch schon in sechs oder acht Wochen sein sollte. Zunächst muß ich wissen, woran ich bin. Hier liegen Kleider.“
    „Es sind die meinigen.“
    „Ah! Warum geht ein französischer Kapitän nicht in Uniform?“
    „Ich bin ja in Uniform gegangen!“
    „Oho! Hatten Sie einen Degen?“
    „Ja.“
    „Epauletten?“
    „Ja.“
    „Rock und Hose mit Passepoiles?“
    „Ja.“
    „Ein Käppi oder einen Tschako?“
    „Ja.“
    „Und hier liegen lange, grobe Stiefel, eine Leinwandhose, eine alte Jacke, ein baumwollenes Halstuch, ein alter Ledergürtel und ein Hut, den man in der Dunkelheit für einen Waschbär oder einen schwarzen Kater halten könnte.“
    „Tausend Donner! So sind es nicht meine Kleider.“
    „Nicht? Ah! Wem gehören sie denn?“
    „Dem, der mich überfallen hat. Er trug so einen dunklen Hut mit breiter Krempe.“
    „Schön! Er hat sich also hier ausgezogen und Ihre Uniform angelegt?“
    „Wie es scheint!“
    „Das glaube der Kuckuck! Diese alte Ecke, in welcher Hunde und Katzen ihre Andenken zurückgelassen haben, wie deutlich zu riechen ist – vielleicht haben auch einige mexikanische Herren und Damen dabei mitgewirkt – ich sage, diese alte Ecke scheint mir ganz und gar nicht die Eigenschaften eines An-, Aus- und Umkleideboudoirs zu besitzen.“
    „Ich wiederhole, daß ich die Wahrheit sage.“
    „Nun, so erzählen Sie mir einmal, wie das mit dem Überfall zugegangen ist!“
    „Ich kam aus einer Tertulia; da begegnete mir ein Mensch, der mich anredete.“
    „Was sagte er?“
    „Er fragte mich, ob ich Kapitän so und so sei; den Namen habe ich vergessen.“
    „Der Ihrige war es nicht?“
    „Nein. Ich sagte, daß ich keinen Kapitän dieses Namens kenne, und er antwortete: ‚Ich auch nicht!‘ Dabei war er ganz nahe getreten und versetzte mir einen Schlag an den Kopf, daß ich sofort niederstürzte und die Besinnung verlor.“
    „Donnerwetter! Ganz so sind unsere Jagdhiebe beschaffen. So schlagen nur wir Präriejäger zu. Und die Fetzen, welche hier liegen, sehen kann man sie nicht genau, aber sie fühlen sich gerade an wie Präriezeug, so dick und hart, so schön prasselig vor Dreck und Schmutz. Sollte dieser Kerl etwa ein Savannenmann gewesen sein?“
    „Ich kann es nicht sagen. Machen Sie mich nur von den Fesseln los.“
    Geierschnabel hörte gar nicht auf die letztere Aufforderung. Er war gewöhnt, jeden Umstand mit den anderen in Beziehung zu bringen, und da kam ihm ein Gedanke.
    „Donnerwetter!“ sagte er. „Das wäre ja eine ganz und gar verfluchte Geschichte.“
    „Was?“
    „Wo ist der Überfall geschehen? Etwa in der Nähe des Gefängnisses?“
    „Ja, gar nicht weit davon.“
    „Da hat man es! Und der da draußen Wache gestanden hat, den haben wir nicht gefangen. Wer aber ist am besten geeignet, Wache zu halten? Ein Präriemann!“
    „Ich verstehe ja gar nicht, was Sie sprechen und meinen!“ klagte der noch Gebundene.
    „Das ist auch ganz und gar nicht notwendig. Wenn nur ich verstehe, was mich ärgert. Ich habe da einen Gedanken, der mich verrückt machen könnte. Bleiben Sie einmal hübsch still liegen. Ich komme gleich wieder.“
    Bei diesen Worten eilte der Jäger davon. Der andere rief ihm nach:
    „Aber so lassen Sie mich doch um Gotteswillen nicht so hilflos liegen.“
    Aber Geierschnabel hörte gar nicht darauf. Er schritt so rasch davon, als ob es gelte, einen Wettlauf zu machen. Beim Gefängnis angekommen, schellte er. Der Posten fragte:
    „Wer ist draußen?“
    „Geierschnabel!“
    „Kenne ich nicht!“
    „Ist auch

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