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48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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wäre wohl ebenso gut!“
    „Nein, denn da müßten wir sagen, wohin wir wollen. Sind aber die Pferde unser Eigentum, so brauchen wir keinem Menschen über unser Ziel Aufschluß zu geben.“
    „Das ist richtig. Beeilen wir uns also, damit wir bereits fort sind, wenn Ihr Bruder zurückkehrt.“
    Als sie ihren Gasthof erreichten, stiegen sie über die Hofmauer und gelangten unbemerkt auf ihr Zimmer. Dort nahmen sie, wie besprochen worden war, nur das Allernötigste mit und kehrten auf demselben Weg nach der Straße zurück.
    Nach einigem Klopfen gelang es ihnen, den Pferdehändler aus dem Schlaf zu wecken. Sie sagten, daß sie auf Mietpferden aus Querétaro kämen und da sie augenblicklich nach Puebla müßten, so seien sie gezwungen, sich noch während dieser Nacht und in aller Eile Pferde zu kaufen.
    Der Mann führte sie in den Stall und zeigte die Pferde. Sie wurden schnell handelseinig und nahmen für jedes Tier auch einen Sattel, da sie, um Grandeprise zu täuschen, auch die ihrigen im Hotel zurückgelassen hatten.
    Unterdessen war der Jäger zu dem scheinbar noch ohnmächtigen Offizier getreten und hatte die Uniform ausgezogen und den Degen abgelegt. Anstelle dieser Sachen zog er seine eigenen Kleidungsstücke wieder an; dann entfernte er sich, nachdem er dem regungslos daliegenden noch den Knebel und die Fesseln abgenommen hatte.
    Jetzt war Geierschnabels Zeit gekommen. Er schwang sich wieder über die Mauer herüber und schritt, ohne sich weiter um den Offizier, um den er ja nun unbesorgt zu sein brauchte, zu bekümmern, dem sich Entfernenden nach. Dabei befolgte er die Klugheit, seine Stiefel auszuziehen, sodaß es nun ganz unmöglich war, daß seine Schritte gehört werden konnten.
    Er folgt seinem Vordermann langsam, so wie dieser ging, durch mehrere Straßen, bis dieser, als ungefähr eine halbe Stunde verflossen war, sein Hotel erreichte. Dort blieb Grandeprise eine ganze Weile stehen; als ihm aber das Warten zu lange dauerte, stieg er über den Zaun, um durch den Hof nach seinem Gelaß zu gelangen.
    Geierschnabel schritt sinnend eine kleine Strecke weiter. Es war jetzt die Nacht sehr vorgeschritten, und über den Anhöhen des Ostens begann sich ein falbes Licht auszubreiten.
    Da wurde in kurzer Entfernung ein Tor geöffnet, aus welchem zwei Reiter hervorkamen. Am Tor stand ein Mann.
    „A Dios, Señores!“ grüßte er. „Glückliche Reise!“
    „A Dios“, antwortete einer von den zweien. „Der Handel, den Sie gemacht haben, ist nicht schlecht zu nennen.“
    Sie ritten davon, und der Mann verschwand hinter dem Tor. Geierschnabel blickte den Reitern nach, oder vielmehr, er horchte ihnen nach, denn von ihren Gestalten waren nicht einmal die Umrisse deutlich zu erkennen gewesen.
    „Bei Gott“, murmelte er. „Die Stimme des Reiters war ganz genau diejenige, welche dort bei dem gefesselten Offizier mit dem famosen Jäger gesprochen hat. Aber das muß eine Täuschung sein, da diese Reiter eine Reise antreten, während Cortejo und Landola nach ihrem Hotel zurückgekehrt sind.“
    Er schritt sinnend eine kleine Strecke weiter, dann blieb er wieder überlegend stehen.
    „Der Teufel traue sich, und noch weniger anderen!“ brummte er. „In dieser schlechten Welt, in der es keinen guten Menschen gibt, wird der beste Mensch von den anderen betrogen. Diese beiden Spitzbuben sind so fein und schlau, daß selbst ein Geierschnabel sich gratulieren kann, wenn es ihm gelingt, sie ein einziges Mal zu überlisten. Das sicherste ist doch das Beste. Ich werde mich doch erkundigen, obgleich in diesem Wigwam, was sie hier Hotel oder Gasthaus nennen, noch keine Menschenseele wach sein wird.“
    Er kehrte nach dem Hotel zurück. Seit der Anwesenheit der Franzosen hatten alle diese Häuser, wo früher fest an den alten Gebräuchen gehalten wurde, sich den europäischen Sitten anbequemt. Es waren da Kellner, Kellnerinnen und Hausknechte zu finden. Ein Geist von der letzteren Sorte erschien, als Geierschnabel die Glocke zum drittenmal in Bewegung gesetzt hatte. Er machte ein höchst schläfriges und verdrießliches Gesicht und fragte:
    „Wer klingelt denn mitten in der Nacht?“
    „Ich“, antwortete Geierschnabel gelassen.
    „Das merke ich. Aber was sind Sie denn?“
    „Ein Fremder.“
    „Auch das merke ich. Und was wollen Sie?“
    „Mit Ihnen sprechen.“
    „Sogar dieses bemerke ich. Aber ich habe keine Zeit. Gute Nacht.“
    Er wollte die Tür schließen; aber Geierschnabel war vorsichtig und rasch genug, ihn

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