Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko

Titel: 48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
heran.
    „Eingetroffen, Kapitän!“ sagte der eine halblaut und lachend.
    „Ich auch“, meinte der andere, ebenso lachend.
    Es waren keine anderen als Landola und Cortejo.
    „Wo sind die Soldaten?“ fragte der erstere.
    „Weit fort!“ antwortete der Gefragte.
    „Was für dumme Kerls! Denken die, daß wir vorwärts rennen! Ich habe mich einfach niedergeduckt und bin kauern geblieben.“
    „Ich ebenso“, sagte Cortejo. „Aber nun sagen Sie, wie Sie in diese Uniform kommen?“
    „Sehr einfach“, antwortete der Jäger. „Ich schlug einen Offizier nieder und nahm ihm seine Uniform.“
    „Donnerwetter! Welch ein Wagnis!“
    „Ein Jäger fragt nach keinem Wagnis, wenn es gilt, seinen Gefährten einen Dienst zu erweisen.“
    „Wir sind Ihnen da allerdings sehr großen Dank schuldig. Aber wie kamen Sie in das Gefängnis?“
    „Ebenso einfach wie in die Uniform; ich ging hinein.“
    „Man ließ Sie wirklich ein?“
    „Natürlich. Oder hätten Sie mich im Gefängnis gesehen, wenn man mich nicht hineingelassen hätte?“
    „Das ist wahr“, lachte Landola.
    „Übrigens war die Uniform das beste Passepartout. Sie haben ja gehört und gesehen, daß ich als Ordonnanz des Gouverneurs auftrat.“
    „Allerdings. Aber wie kamen Sie zu dieser Bescheinigung, welche Sie vorzeigten?“
    „Ich machte sie mir selbst, während der Schließer das Piquet holte. Die Formulare lagen auf dem Tisch.“
    „Ein riesiges Wagnis! Ein geniales Unternehmen, möchte man sagen! Aber der Offizier, den Sie niederschlugen?“
    „Er liegt jedenfalls noch dort. Ich habe ihm einen Knebel gegeben, daß er nicht mucksen kann. Natürlich suche ich ihn jetzt auf und gebe ihm seine Uniform wieder.“
    „Sie haben ihm bis dahin Ihre Kleidung angezogen?“
    „Fiel mir nicht ein. Welch eine Arbeit wäre das gewesen! Ich habe sie einstweilen zu ihm hingelegt und werde sie mir jetzt wiedernehmen. Kommen Sie.“
    Sie schritten der Stelle zu, an welcher Grandeprise den Offizier zurückgelassen hatte.
    Unterdessen waren Kurt, Geierschnabel und Peters, nachdem sie sich von dem Alkalden getrennt hatten, in ihr Hotel zurückgekehrt. Der erstere und der letztere legten sich schlafen, Geierschnabel aber, welcher am Tag genug gelegen hatte, verschmähte es, zur Ruhe zu gehen. Er konnte sich einer gewissen Befürchtung nicht enthalten. Waren die Gefangenen sicher untergebracht? Reichte die Beaufsichtigung zu, unter welcher sie im Gefängnis standen? Ja, wenn man da draußen in der Prärie, im Urwald einen Gefangenen macht, den bewacht man selbst, und da weiß man ganz genau, was man oder er zu erwarten und zu hoffen hat. Hier aber muß man seine Gefangenen der Behörde übergeben, und diese Frau Behörde ist in Mexiko eine gar eigentümliche und sehr wenig zuverlässige Persönlichkeit. Besonders war sie dies zur damaligen Zeit. Darum trieb es unseren Geierschnabel fort, ein wenig lauschen zu gehen, ob in der Nähe des Gefängnisses alles in Ordnung sei.
    Er steckte seinen Revolver und sein Messer zu sich und schlich sich, damit kein Schläfer gestört werde, leise davon.
    Er kannte die Gegend, in welcher das Gefängnis lag, sehr genau; er war heute ja bereits dort gewesen. Er hatte es beinahe erreicht, als er durch ein Gäßchen ging, welches von zwei Mauern begrenzt oder gebildet, eingefaßt wurde. Diese Mauern waren dunkel und nicht sehr hoch. Die eine davon bildete eine Einbiegung, einen schmalen Winkel, welcher noch dunkler dalag als das an und für sich bereits finstere Gäßchen. Indem er nun so leise dahinschritt wie es Art der Savannenleute ist, die auch, wenn sie sich in Städten befinden, ihren vorsichtigen, unhörbaren Schritt beizubehalten pflegen, war es ihm, als ob er in diesem Winkel eine Bewegung höre.
    Das fiel ihm auf. Ein Liebespaar zu so später Nacht- oder vielmehr Morgenstunde? Das war sehr unwahrscheinlich. Was gab es hier? Er mußte es wissen, es ließ ihm keine Ruhe.
    Er trat näher. Sein scharfes, an die Dunkelheit gewöhntes Auge erkannte eine an der Erde liegende Masse, welche sich mühsam hin und her zu bewegen versuchte. Er bückte sich nieder, die Hand am Griff des Messers. Ah! Diese Hand glitt bald vom Messer weg, denn der Mann, welcher hier lag, war nackt, gebunden und geknebelt, und neben ihm lag ein Kleiderbündel.
    Der alte Trapper war ein vorsichtiger Mann. Dieser Fremde konnte auch ein böser Mensch sein. Er band ihm also einstweilen nur den Knebel los, ließ ihm aber die Fesseln noch an den Armen und den Beinen.

Weitere Kostenlose Bücher