48 - Waldröschen 07 - Der Kaiser von Mexiko
Zeit.
„Señor, es ist ein Fremder unten, der Sie zu sprechen wünscht.“
„Wer?“
„Ein hoher Herr von Adel. Es ist ein Don – Don – Don Alcanto de Velasquo y Riseda de Percantara y Hallmanza de Rillendo y Carvado de Salranna y Vesta de Vista y Vusta.“
Der Jäger schüttelte den Kopf.
„Was will er?“
„Er redete von einer freundschaftlichen Besprechung.“
„Ist er von hier?“
„Nein, jedenfalls nicht.“
Das beruhigte ihn; aber dennoch fragte er noch:
„Woher weiß dieser Don, daß ich hier wohne?“
„Er muß Sie kennen, denn als ich sagte, daß Sie wie ein Vaquero oder Jäger gekleidet seien, da schickte er mich herauf.“
„Nun, da bin ich neugierig. Er mag kommen!“
Er brannte sich, als der Hausknecht sich entfernt hatte, sein Licht an und blickte nach dem Revolver, ob dieser auch in Schuß sei. Nach dem, was heute vorgekommen war, mußte er immerhin auf eine nicht sehr angenehme Überraschung vorbereitet sein.
Da trat der Fremde ein und zog die Tür hinter sich zu, deren Riegel er obendrein vorsichtig vorschob. Die beiden blickten einander ganz erstaunt an. Das hatte keiner von ihnen erwartet.
„Alle Teufel!“ rief der eine.
„Alle Wetter!“ der andere.
„Geierschnabel!“
„Ihr hier?“
„Wie kommt Ihr hierher nach Mexiko?“
„Nein, wie kommt Ihr her?“
„Ich sah Euch doch bei Juarez!“
„Und ich sah Euch nach dem Rio del Norte gehen. Euer Gesicht kenne ich, aber Euren Namen noch nicht.“
„Grandeprise.“
„Grandeprise? Der dort drüben am Ufer von Texas haust?“
„Ja.“
„Ah, Euer Name hat, so viel Euch betrifft, einen guten Klang, aber es ist auch etwas Widerwärtiges dabei.“
„Wieso?“
„Es gibt einen großen Schuft, der ebenso heißt.“
„Ah! Kennt Ihr ihn?“
„Sehr gut sogar“, nickte Geierschnabel.
„Persönlich?“
„Persönlich und par Renommee.“
„Ist das möglich? Hört, ich suche diesen Kerl schon seit langer Zeit!“
Geierschnabel blickte ihn befremdet an.
„Ihr sucht ihn?“ fragte er.
„Ja.“
„Hm. Hm. Und Ihr habt ihn noch nicht gefunden?“
„Leider nicht.“
„So. Hm, hm. Ich denke, ein Jäger muß doch Augen haben!“
„Hoffentlich habe ich welche!“
„Ja, aber ob sie sehen gelernt haben!“
„Ich bin überzeugt davon.“
„Ich nicht. Ich bezweifle es sogar sehr!“
Die Miene Grandeprises verfinsterte sich.
„Soll ich etwa annehmen, daß Ihr mich beleidigen wollt?“ fragte er.
„Nein. Aber setzt Euch doch einmal in Eure Hängematte und erlaubt mir, mich da dieses Stuhles zu bedienen. Dann werde ich Euch etwas sagen, was wir näher zu besprechen haben werden.“
„Setzt Euch. Was ist's, das Ihr mir zu sagen habt?“
Geierschnabel setzte sich auf den Stuhl, spuckte sein Priemchen mit einem dicken Saftstrahl über die ganze Stube, biß sich ein neues, gewaltiges Stück Kautabak ab, und erst dann, als dieses in der Backe den gehörigen Platz gefunden hatte, sagte er:
„Ich will Euch in aller Freundschaft bemerken, daß Ihr entweder ein ungeheurer Schurke oder ein ganz bedauerlicher Schwachkopf seid!“
Da glitt der andere blitzschnell aus der Hängematte, zog den Revolver, postierte sich vor den Sprecher und drohte:
„Hölle und Teufel! Wißt Ihr, wie man auf ein solches Wort zu antworten pflegt?“
Geierschnabel nickte phlegmatisch mit dem Kopf und meinte:
„Unter Jägern mit dem Messer oder mit der Kugel, falls die Sache nicht zu beweisen ist.“
„Ich hoffe aber nicht, daß Ihr es beweisen könnt, Master!“
„Pah! Regt Euch nur nicht auf! Was Geierschnabel einmal sagt, das hat er auch durchdacht und überlegt, und das pflegt er auch zu beweisen. Steckt Eure Drehpistole ein und hört mich an. Habe ich Unrecht, so bin ich dabei, wenn wir uns die Hälse brechen wollen.“
Der andere behielt den Revolver in der Hand, ließ sich aber finsteren Blickes in die Hängematte zurückgleiten und sagte:
„So redet! Aber nehmt Euch in acht! Ein Wort zuviel und meine Kugel sitzt Euch im Kopf!“
„Oder Euch die meine!“ lachte Geierschnabel. „Ihr behauptet, mich zu kennen, und täuscht Euch da doch gewaltig. Meine Kugel hätte heute schon einige Male Zeit und Gelegenheit, vielleicht auch Veranlassung gehabt, Euch im Kopf zu sitzen.“
„Wieso?“
„Das ist Nebensache. Zunächst habe ich Euch zu beweisen, daß Ihr entweder ein Bösewicht oder ein Schwachkopf seid.“
„Ich werde auf diesen Beweis vergebens warten.“
„Ihr werdet ihn sofort erhalten. Antwortet
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