49 - Der Zorn von Antares
Angerim mit spitzen Zähnen und abstehendem Haar versetzte mir einen Tritt, um mir in die Zelle zu helfen. Ich tat so, als würde ich in das Zwielicht stolpern, das von einer einzigen Fackel erhellt wurde. »Da kannst du bleiben und verfaulen, Blintz!«
Mein vorgetäuschtes Stolpern verwandelte sich jäh in einen richtigen Sturz, als ich über ein Bündel auf dem dreckigen Boden stolperte.
Das Bündel stieß einen Schrei aus und kroch beiseite, wobei es seine Gewänder hinter sich herzog. Ich fing den Sturz ab, drehte mich um und richtete mich auf. »Und wer bist du, Dom, und was hast du getan?« fragte ich in einem – wie ich hoffte – sanften Tonfall.
Der für mich so uncharakteristische Wortschwall war wohl von dem unerwarteten Sturz ausgelöst worden. Also versuchte ich den Lapsus zu überdecken, indem ich sagte: »Lahal.«
Das Zittern in seiner Stimme enthüllte das Ausmaß seines Entsetzens, aber er versuchte, die Selbstbeherrschung nicht zu verlieren. »Du wirst mich nicht als Dom ansprechen, ich werde eine solche Vertrautheit nicht tolerieren«, sagte er barsch und schnappte nach Luft. »Lahal. Ich bin San Quenlo, und du wirst mich mit dem nötigen Respekt ansprechen.«
»Llahal, San. Natürlich.«
Er rümpfte die Nase, um seine Wichtigkeit zu unterstreichen, und verfiel einen Augenblick lang in Schweigen, so daß ich ihn mir ansehen konnte. Die Fackel war armselig und verströmte stinkenden Qualm, aber das Licht reichte aus, daß ich die Überreste kostbarer Kleider erkennen konnte. Einst hatten sie Edelsteine und Verzierungen aufgewiesen. Die Aragorn hatten dem armen Kerl alles Wertvolle vom Leib gerissen. Die schwere Goldkette an seiner Taille fehlte. Das Amulett baumelte nicht länger von der goldenen Kette um seinen Hals; die Kette fehlte natürlich ebenfalls. Er war ein Zauberer und gehörte dem Kult von Almuensis an. Ohne das große Buch, das thaumaturgische Hyr Lif, das einst an der Kette um die Taille befestigt gewesen war, besaß er keine Macht. Sein Gesicht verriet tiefste Niedergeschlagenheit. Doch die Züge angestammter Autorität waren noch vorhanden, was ihm ein erbärmliches Aussehen verlieh.
San Quenlo hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, meinen Namen in Erfahrung zu bringen. Vielleicht lag es daran, daß er in Apathie versunken war, vielleicht hielt er sich aber noch immer für zu wichtig, um an Abschaum wie mir auch nur einen Gedanken zu verschwenden.
Portlo dem Zerstörer hatte ich einen alten Namen genannt, den ich in der Vergangenheit benutzt hatte: Chaadur der Schlitzer. Das würde auch der Name sein, den der almuensische Magier zu hören bekam – falls er fragte.
Nachdem einige Zeit verstrichen war, fragte ich ihn, wann es hier etwas zu essen gebe. Er schnaubte nur und erwiderte, die letzte Mahlzeit des Tages sei schon lange vorbei und daß man uns Frühstück bringen werde, falls wir Glück hätten und nicht jeder da oben betrunken sei. Diese Mitteilung schien ihn etwas leutseliger zu machen, denn er begann, mir von sich zu erzählen, wie es Leute eben tun, die unter schrecklichem Druck stehen.
Ich hörte zu, denn auch scheinbar wertlose Informationen können durchaus von Interesse sein. Sein Schweber war abgestürzt, und die Aragorn hatten ihn bewußtlos gefangengenommen. »Hätte ich nur mein Buch gehabt ...« Sie hatten seine Identität in Erfahrung gebracht und hielten ihn bis zur Zahlung des Lösegeldes fest, das seiner Meinung nach bestimmt bezahlt werden würde. »Cuisar, der große Oblifex, wird für mich Lösegeld bezahlen, denn er ist ein Mann von Ehre. Besonders nach all den Mühen, die ich für ihn auf mich genommen habe.«
Ich hielt meine schwarzzähnige Weinschnute und vermied es, ihn anzustarren. Meine Ankunft hier war nicht zufällig gewesen. Nein, bei Krun! Zena Iztars wunderschöne goldene Hand hatte mich aus der magischen Schlacht geholt und mich absichtlich an diesen Ort versetzt.
Der nächste Schritt war offensichtlich. Ich mußte das Vertrauen dieses Zauberers erringen. Doch zuerst mußte ich in Erfahrung bringen, ob er zu den verdammten Dokerty-Freunden gehörte.
Ein paar wohlüberlegte, eher zufällig mit dem nötigen Respekt gestellte Fragen ergaben, daß er einer Gruppierung innerhalb der Zauberer von Almuensis angehörte. Ich gestaltete alles ganz beiläufig, so als betriebe ich lediglich Konversation.
Er litt offensichtlich unter Todesangst, ob das Lösegeld nun gezahlt wurde oder nicht. Ein paar in die Unterhaltung eingestreute
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