49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
vielleicht das Männchen vergessen hätte, wenn ihn nicht ein Geräusch auf dasselbe aufmerksam gemacht hätte.
Dieses befand sich jetzt zwischen zwei weit auseinanderstehenden Büschen. In der nächsten Minute mußte es verschwunden sein. Steinbach hielt daher sofort auf die Stelle, wo der Hals aus dem Körper tritt und drückte ab. Da machte der Vogel eine blitzschnelle Seitenwendung ließ den hocherhobenen Hals fallen, hielt im Lauf inne, taumelte kurz hin und her und stürzte nieder.
Der Schütze ritt schnell zu ihm hin. Er hatte sehr gut getroffen. Der Vogel war tot.
Nun wandte Steinbach sich dem anderen Strauß zu und hatte abermals ein höchst interessantes Schauspiel vor sich. Der Falke hatte nämlich den Strauß fahren lassen, sich erhoben und war dann zum zweiten Mal herabgestoßen, um ihn weiter oben, hart am Kopf, zu fassen. Das war ihm gelungen, und nun versuchte er, vor den Hieben des gewaltigen Schnabels sicher, dem Strauß mit dem seinigen eine Wunde beizubringen. Aber das wollte ihm nicht glücken, denn die Straußin warf den Kopf so schnell nach allen Richtungen, daß der Falke seinen Schnabel gar nicht gebrauchen konnte und sich nur festhalten mußte, um nicht abgeschleudert zu werden. Dabei machte der riesige Vogel die abenteuerlichsten Sprünge, vor- und rückwärts und zur Seite, und zwar so schnell, daß man ihnen kaum mit dem Auge folgen konnte.
Der Führer war unterdessen von seinem Pferd gestiegen und stand mit erhobener Flinte gar nicht weit von dem Schauplatz dieses Kampfes. Aber er wagte nicht zu schießen, denn er hatte kein festes Ziel und befürchtete, den Falken zu treffen. Steinbach war ein besserer Schütze. Auch er sprang ab und legte an. Im nächsten Augenblick krachte sein Schuß, der Strauß machte einen ungeheuren Luftsprung und stürzte nieder.
„Das war ein kühner und guter Schuß, Herr!“ rief der Führer. „Ich hätte dieses Straußenweibchen nicht erlegt. Wo aber ist das Männchen?“
„Da drüben liegt es. Ah, sie sind da!“
Steinbach hatte sich nach dem zuerst erlegten Vogel umgewandt. Sein Ausruf galt mehreren in weite weiße Beduinenmäntel gehüllten Reitern, die dort hielten und jetzt herbeikamen. Andere nahten von den Seiten her. Es zeigte sich, daß die Beduinen in Verfolgung ihres Wildes einen weiten Halbkreis gebildet hatten, der sich hier eng zusammenzog.
An ihrer Spitze ritt ein langer, starker, sonnenverbrannter Araber. Er trug kein sich besonders auszeichnendes Gewand. Um seine Hüfte lag ein einfacher Kamelstrick und ebenso einfache Schnüre, aus Dattelfasern gedreht, waren auch um seinen riesigen Turban gewunden. Aber die Flinte in seiner Hand zeigte eine vorzüglich ausgelegte Arbeit, und die Schimmelstute, die er ritt, war von der reinsten Rasse. Dieser Mann war trotz seiner einfachen Kleidung sicherlich reich.
Er hielt seinen Schimmel vor Steinbach an, betrachtete ihn mit finster blickenden Augen und fragte:
„Wer bist du?“
„Ein Fremder.“
„Das sehe ich. Wärst du nicht ein Fremder, würde ich dich kennen. Wie lautet dein Name?“
Steinbach hatte keine Lust, sich in dieser Art und Weise ausfragen zu lassen. In der sehr richtigen Ansicht, daß schon die erste Begegnung darüber entscheidet, ob ein Fremder von diesen Halbwilden geachtet wird oder nicht, antwortete er sehr ruhig:
„Noch kenne ich den deinigen nicht!“
„Allah hat dir den Verstand genommen! Du meinst, daß ich dir meinen Namen sagen müsse, um den deinigen zu erfahren?“
„Ja, das meine ich.“
„Wer bist du, daß du das zu sagen wagst! Wisse, daß ich der Herr und Gebieter dieses Bodens bin, Herr über Tod und Leben, auch über das deinige!“
„Du irrst! Mein Leben gehört Allah und mir. Er hat es mir gegeben, und ich werde es mir zu erhalten wissen, bis er es von mir fordert.“
Die Beduinen hatten unterdessen einen weiten Kreis geschlossen. Darauf gespannt, wie diese Unterredung enden werde, waren ihre Augen mit Begierde auf die Waffen Steinbachs gerichtet. Der Wüstenbewohner ist ein geborener Räuber, und nur der ist bei ihm sicher, der es verstanden hat, seine Gastfreundschaft zu erlangen.
„Du bist sehr stolz“, fuhr der Araber zornig fort. „Ich habe es nicht nötig, mich mit dir zu streiten. Hier ist einer, den ich kenne. Der wird mir antworten müssen.“
„Wer ist dieser Mann?“ fragte er den Führer.
„Ich weiß es nicht. Er bezahlt mich, und ich führe ihn. Was geht mich sein Name an! Frage ihn selbst!“
„Wohin sollst du ihn
Weitere Kostenlose Bücher