49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
wohl nicht leicht sei, ein Pferd aus dem Marstall des Bei zu stehlen. Das Auftreten Steinbachs war außerdem zu sicher.
Dieser tapfere Oberst der Leibwache war von Geburt ein Deutscher. Er stammte aus der Mark Brandenburg und hatte als Brauergeselle die Heimat verlassen, um sein Glück in der Fremde zu suchen. Er hatte es gefunden.
Nach vielen Kreuz- und Querfahrten war er nach Tunis gekommen und hatte sich anwerben lassen. Von Haus aus recht gut begabt, furchtlos und tapfer, war er nach und nach immer höher gestiegen und zuletzt Kommandant der Leibscharen geworden. Natürlich hatte er sich da zum Islam bekennen müssen, war aber im Herzen doch ein Christ und dazu ein guter, ehrlicher Deutscher geblieben.
Im Land eine allbekannte und überall beliebte Persönlichkeit, wurde er besonders von den Fremden um einer Eigentümlichkeit willen gern aufgesucht, die ihn geradezu zum Original stempelte. Diese Eigentümlichkeit war nämlich seine Art, sich im Deutschen auszudrücken.
Von Schulbildung war bei ihm keine Rede gewesen. Er hatte sein Deutsch so gesprochen, wie es ein Brauerknecht und ein echter Brandenburger spricht, im dortigen Dialekt. Später hatte er lange Jahre keine Gelegenheit gehabt, sich im Deutschen auf dem laufenden zu erhalten, und seine Muttersprache zu drei Vierteilen vergessen. Was ihm aber noch übriggeblieben war, das gebrauchte er nach den Regeln der türkischen und arabischen Sprache, und so entstand eine Ausdrucksweise, die geradezu unbeschreiblich war.
Dazu kam, daß er sehr gern sprach. Nichts machte ihm größere Freude, als wenn ihn einmal ein Deutscher besuchte. Dann tat er sich eine förmliche Güte und machte mit dem ernstesten Gesichte so kuriose Sprachfehler, daß der Zuhörer alle Selbstbeherrschung anwenden mußte, um sich vor Lachen nicht auszuschütten. Augenblicklich nickte er leise vor sich hin, betrachtete Steinbach noch einmal genauer und sagte dann:
„Wenn du mir doch deinen Namen nennen wolltest!“
„Nun ich will ihn dir sagen. Mein Paß lautet auf den Namen Steinbach Pascha.“
„Steinbach Pascha!“ wiederholte der Oberst überrascht.
„Ja, ich heiße Oskar Steinbach Pascha.“
„Das ist ja ein deutscher Name!“
„Allerdings.“
Bis jetzt war das Gespräch in arabischer Sprache geführt worden. Bei den letzten Worten Steinbachs aber sprang der Oberst schnell aus dem Sattel und rief:
„Dunderwetter! Ihnen sind ein Deutscher?“
„Ja, Herr Oberst.“
„Von woher denne und aus welcherlei Jejend denne, wenn mir Ihnen fragen darf?“
„Nun, ich habe in mehreren Provinzen Besitzungen, ich will aber sagen, aus dem Brandenburgischen.“
„Aus das Brandenburgische? Herjesses, wat das vor eene Überraschelung ist! Wer hätte so etwas jedacht! Und Ihnen wollen hier zu mich?“
„Gewiß, wenn Sie erlauben!“
„Ob ik es erlaube! Na und ob und inwiefern! Ik jebe Sie jetzt meine Hände und heiße Ihnen ein Willkommen mit lauter Pauken und Trompeten! Jetzt ist allens jut, allens, allens!“
Der biedere Oberst schüttelte Steinbach dabei die Hände mit solcher Gewalt, als ob er ihm die Arme aus dem Leib reißen wolle.
„Nun“, fragte dieser lachend, „halten Sie mich auch jetzt noch für einen Pferdedieb?“
„Jetzt noch in das jejenwärtige Augenblick? Wat denken Ihnen! Wenn Ihnen ein Deutscher sind, dann hat es ja gar nicht möglich, Sie ein Pferdediebstahl zuzumuten! Ein Deutscher maust nie nich einen solchen Diebstahl. Wir Deutschen sind ehrliches Leuten!“
Er wandte sich darauf an den Scheik und stellte Steinbach demselben als einen hohen Herrn vor, den er von diesem Augenblick an zu seinen besten Freunden zu zählen habe. Das veränderte augenblicklich die ganze Situation. Die Gesichter der Beduinen wurden freundlicher, und der Scheik streckte dem Deutschen die Hand entgegen und sagte:
„Das konnte ich nicht wissen. Sei mir willkommen! Wenn wir im Lager angelangt sind, wirst du Salz und Brot mit mir essen und den Becher mit mir teilen. Deine Freunde sind auch meine Freunde und deine Feinde auch die meinigen!“
Einer der Beduinen hatte inzwischen den Falken bereits wieder an sich genommen und ihm die lederne Kappe über den Kopf gezogen. Die erlegten Strauße wurden von zwei anderen über den Sattel geworfen, und dann ging es weiter, dem Lager entgegen, die Araber im stürmischen Galopp, auch Steinbachs Führer mit sich fortreißend. Der Deutsche selbst aber ritt mit Krüger Pascha langsam hinterdrein.
„So!“ sagte der letztere.
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