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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Staunen zur starken Verwunderung.
    Lord Eaglenest zwar machte sich nicht das mindeste aus den auf ihn gerichteten Blicken und fragte den Kapitän, der sofort zu ihm getreten war, in seiner gewohnten, ruhigen Weise:
    „Haben Mister Normann oder Wallert bereits Nachricht geschickt, wo sie logieren werden?“
    „Noch nicht, Eure Lordschaft.“
    „Schadet nichts, werde es schon erfahren.“
    „Eure Herrlichkeit gehen an Land?“
    „Ja.“
    „Wann dürfen wir Sie zurückerwarten?“
    „Ist unbestimmt. Will einmal sehen, wie es hier in Tunis mit den Harems steht. Vielleicht hat man hier eher einen Treffer als in dem dummen Konstantinopel, wo sie einem die schönsten Weiber gerade dann wegholen, wenn man schon im Garten kauert, um mit ihnen auf und davon zu gehen. Dummes Volk!“
    Er schritt darauf schnell über die Landungsbrücke nach dem Ufer und mitten in den Menschenschwarm hinein, der respektvoll vor ihm zurückwich, um ihn besser betrachten zu können.
    Da gab es Mauren, Araber, Tuaregs, Tibbus, Neger, Juden, Christen aus allen Ländern, in allen Farbenabstufungen, männlichen und weiblichen Geschlechtes, in den verschiedensten und grellbuntesten Trachten und Kostümen.
    Packträger, Eseljungen, Kutscher, Lohndiener und Ruderer drängten sich an ihn heran, vielleicht in der Meinung, daß dieser außerordentlich gekleidete Mann wohl auch außerordentliche Trinkgelder geben werde. Er schob sie aber alle mit dem riesigen Regenschirm von sich, und als das nicht genügte, nahm er den Schirm in die rechte, das Fernrohr in die linke Hand und schlug damit so lange zu, bis er Platz bekam.
    Da Tunis so nah hinter den Wellen des Sees herüberleuchtete, und er eine Zeitlang nur auf sein Schiff beschränkt gewesen war, so wollte er seinen langen Beinen wieder einmal eine gesunde Bewegung gönnen, das heißt, zu Fuß nach der Stadt gehen.
    Indem er so langsam dahinschlenderte und die Augen überall hatte, wo es etwas zu sehen gab, fiel sein Blick auf eine Frauengestalt, die bereits vorhin am Ufer gestanden hatte und nun, gleich ihm, die Absicht zu haben schien, nach der Stadt zu spazieren.
    Sie war hoch, voll und sehr üppig gebaut, aber dennoch von jugendlich elastischen Bewegungen. Unter den seidenen Hosen blickte ein kleines, in Saffianpantoffeln steckendes Füßchen hervor. Über den runden Hüften hielt ein goldgestickter Gürtel die schlanke Taille zusammen. Die herrliche Büste, vollen Schultern, das alles konnte von dem durchsichtigen, schleierartigen Obergewande kaum verhüllt werden. Dieses Gewand schien vielmehr da zu sein, die Schönheiten mehr zu verraten als zu verbergen. Dicht verhüllt war nur das Gesicht.
    „Donnerwetter!“ brummte der Lord. „Das ist eine, und was für eine! Verteufelt! Verteufelt! Wenn ich deren Harem erfahren könnte! Leider aber bin ich allein und kann nicht türkisch sprechen. Wenn Normann oder Wallert doch da wäre! Doch nein! Die schnappten mir diese Sultana noch vor der Nase weg. Ich werde einmal versuchen, ob sie Französisch versteht. Die Prinzessinnen lernen doch alle Französisch.“
    Er zog im Vorübergehen den Hut.
    „Bon jour, Mademoiselle!“
    „Bon jour. Monsieur!“ antwortete sie.
    „Ah, Sie sprechen Französisch!“
    „Wie Sie hören!“
    „Dürfen Sie denn mit einem Mann reden?“
    Die Gefragte schien ihn durch den Schleier erstaunt zu betrachten. Dann antwortete sie zögernd:
    „Nein.“
    „Warum sprechen Sie dann mit mir?“
    „Weil Sie mir gefallen.“
    „Sapperment! Nicht übel!“
    „O nein! Übel sind Sie nicht.“
    „Richtig!“
    „Aber hier ist es so auffällig wenn ich mit Ihnen spreche!“
    „Das stimmt. Eine Haremsdame – Sie gehören doch in einen Harem?“
    „Natürlich!“ antwortete sie, nachdem sie ihn abermals einige Augenblicke lang betrachtet hatte.
    „Hm! Gibt es nicht einen Ort, an dem wir besser miteinander sprechen können als hier?“
    „Wünschen Sie das denn, Monsieur?“
    „Von ganzem Herzen.“
    „Nun, so will ich Ihnen etwas sagen. Sie warten hier, bis ich ein großes Stück am Ufer hin bin, und winken dann einem dieser Kahnführer zu. Er wird Sie einsteigen lassen, und Sie sagen ihm nur das Wort ‚Karthago‘.“
    „Wozu?“
    „Die Ruinen von Karthago liegen da drüben. Dorthin wollen wir, denn dort sind wir unbeobachtet.“
    „Herrlich! Göttlich!“
    „Dann, wenn der Mann rudert, wo ich am Ufer gehe, zeigen Sie auf mich und sagen zu ihm ‚beraber almak‘.“
    „Was heißt das?“
    „Mitnehmen. Er wird

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