49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
schaudere.
„Halten Sie sich etwa für nicht appetitlich genug?“
„Darüber habe ich selbst kein Urteil.“
„Nun, so habe ich es. Sie sind so appetitlich, so sauber, so allerliebst, daß mein Herz eine einzige große, ungeheure Wunde ist, seit ich Sie gesehen habe.“
„O Allah! Bin ich so gefährlich?“
„Ja, höchst gefährlich. Ich verlasse Sie nicht eher, als bis Sie mir das Versprechen gegeben haben, diese Wunde zu heilen.“
„Das werde ich gern tun, denn Sie dauern mich.“
„Welch ein Glück! Ich habe es Ihnen aber auch sofort angesehen, daß Sie ein gutes, mitleidiges Herz besitzen.“
„Das ist richtig. Nur weiß ich nicht, wie ich es anfangen soll, Sie zu heilen. Vielleicht – ein Pflaster?“
„O weh!“
„Eine Salbe? Die ist gelinder.“
„Auch nicht.“
„Was denn? Etwa ein – Klistier?“
„Donnerwetter! Was fällt Ihnen ein!“
„So nennen Sie mir die Arznei selbst, mit deren Hilfe Ihr wundes Herz geheilt werden kann!“
„Es ist die Liebe.“
„Die Liebe? Ah! Ist das wahr?“
„Ganz gewiß!“
„Nun, so lieben Sie doch!“
„Das tue ich ja bereits, aber meine Liebe kann mir doch keine Linderung bringen. Meine Liebe ist es ja gerade, die mir die Wunde geschlagen oder gebissen hat!“
„Welche Liebe meinen Sie denn?“
„Die Ihrige.“
„O ihr heiligen Propheten und Kalifen! Meine Liebe wollen Sie haben? Die meinige?“
„Ja, gewiß!“
„Und die wird Sie heilen?“
„Natürlich! Ich werde so gesund sein wie ein Vogel in der Luft, wie ein Fisch im Wasser. In Ihrer Liebe würde ich schwimmen und fliegen und gar nicht mehr an die Wunde denken, die Sie mir beigebracht haben.“
„Dann freilich bleiben Sie ungeheilt, Monsieur.“
„Sapperment! Warum? Weshalb?“
„Weil ich Ihnen meine Liebe nicht geben kann!“
„Verteufelt, verteufelt! Ja, ich werde Ihnen wohl nicht jung und hübsch genug sein.“
„Danach frage ich nicht. Sie sind in den besten Jahren. Ich frage nicht nach Schönheit, sondern nach dem Herzen und nach dem Gemüt. Ist das gut, so ist alles andere auch gut.“
„Prächtig, prächtig! Hören Sie, Sie sind nicht nur ein hübsches, sondern auch ein höchst verständiges Kind. Ich gefalle Ihnen also wohl so leidlich?“
„Ja, Sie sind nicht übel.“
„Nun, warum können Sie mir denn da nicht Ihre Liebe schenken, die ich so nötig habe?“
„Das können Sie sich doch denken!“
„Hm! Haben Sie etwa schon einen Mann?“
„Nein.“
„Einen Verlobten oder Geliebten?“
„Auch nicht.“
„Dann verstehe ich Ihre Bedenken nicht.“
„Ist es Ihnen unbekannt, daß uns die Liebe verboten ist?“
„Ich weiß es; aber dieses Verbot ist ein unsinniges. Sagen Sie einmal, ist Ihr Harem groß?“
„Ja.“
„Wie viele sind darin?“
„Zwölf.“
„Wer ist der Besitzer?“
„Mein Vater.“
„Nun, so hat dieser alte Mann der Schönheiten genug, wenn er elf behält. Sie sagen, daß ich nicht ganz übel sei. Da begreife ich nicht, warum Sie sich nicht vollends in mich verlieben sollen.“
„Das würde ich auch tun, aber es gibt da leider ein unüberwindliches Hindernis. Sie sind ein Engländer.“
„Ja, gewiß.“
„Und ich bin eine Türkin.“
„Das ist gerade gut. Wären Sie eine Engländerin, so fiele es mir wahrlich nicht ein, mich in Sie zu verlieben. Ich will eine Türkin haben, partout eine Türkin.“
„Da aber legt sich das große Hindernis dazwischen, nämlich der Glaube.“
„Der? Was hat denn der mit der Liebe zu tun?“
„Sehr viel.“
„Doch nur in dem Sinn, daß man an denjenigen glaubt, den man eben liebt.“
„Nein. Mein Glaube verbietet mir, einen Christen, einen Ungläubigen zu lieben.“
„Hören Sie, das ist Torheit! Dieses Hindernis ist lächerlich klein; es läßt sich sehr leicht umgehen.“
„Wieso?“
„Ganz einfach. Ich liebe Sie christlich, und Sie lieben mich mohammedanisch.“
„Ah, daran habe ich nicht gedacht!“ sagte sie im Ton des Erstaunens, das allerdings nur ein künstliches war.
„Ist das Mittel nicht gut?“
„Ganz übel scheint es allerdings nicht zu sein.“
„Na, sehen Sie. Wenn Sie diesem Rat folgen, so ist alles gut. Wir bleiben beide bei unserem ursprünglichen Glauben und haben uns dabei doch so lieb, daß die Engel im Himmel sich darüber freuen sollen.“
„Das – würde angehen – vielleicht“, sagte sie in nachdenklichem Ton.
„Vielleicht? Warum nur vielleicht?“
„Weil es sehr verschiedene Arten von Liebe gibt, und ich
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