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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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kennenlernen wollen und ist also auf den Gedanken gekommen, Sie auf das speziellste zu untersuchen.“
    „Jawohl! Es ist zu verwundern, daß man nicht gar auf die Idee gekommen ist, mich zu sezieren und anatomisch zu zerstückeln. Da sind sie hin, in alle zweiunddreißig Winde! Ah, dort kommt wenigstens einer gehumpelt, um mir meinen Hut zu bringen! Was tue ich mit dem Kerl?“
    „Geben Sie ihm ein Bakschisch!“
    „Ein Bakschisch? Sie meinen doch eine Ohrfeige, eine Maulschelle so recht aus Herzensgrund?“
    „Bewahre! Das wäre hier höchst gefährlich.“
    „Also wirklich ein Geschenk, ein Trinkgeld? Dafür, daß sie mich in meine sämtlichen Bestandteile zerlegt haben? Verkehrte Welt!“
    Der Lord zog trotzdem den Beutel. Der Schwarze aber näherte sich furchtsam; er traute dem Landfrieden nicht. Erst als der Brite ihm das Geldstück entgegenhielt und dabei das Wort Bakschisch aussprach, war er mit der Schnelligkeit des Blitzes da. Der Lord nahm nun mit der Linken seinen Hut und legte den Sklaven mit der Rechten das Geschenk in die Hand. Dabei ergriff er aber die Gelegenheit, die schwarzen Finger mit einem raschen Griffe zu erfassen und sie mit solcher Gewalt zusammenzupressen, daß der Neger laut aufbrüllte und dreifach schneller verschwand, als er gekommen war.
    Nach und nach kamen auch die andern herbei, die sich mit dem fremden Eigentum in so unsichere Sicherheit gebracht hatten. Sie alle erhielten ein Trinkgeld, das bedeutendste aber der Oberwächter. Diesem reichte auch Steinbach ein Bakschisch, und es mußte wohl sehr zur Zufriedenheit des Empfängers ausgefallen sein, denn dieser zog sein fettes, schwammiges Negergesicht noch einmal so breit, als es schon von Natur war, und begleitete die beiden unter tiefen Bücklingen bis hinaus.
    Während der Lord und Steinbach sich an das Ufer begaben, schimpfte ersterer redlich weiter über die Behandlung, die ihm widerfahren war, doch war es ihm unschwer anzusehen, daß es ihm mit seinem Zorn gar nicht so ernst sei.
    „Konnte man eine solche Behandlung im Harem des Großherrn erwarten?“ rief er. „Nein!“
    „Harem? Da waren wir ja gar nicht!“
    „Nicht? Wo denn?“
    „Im Serail, oder vielmehr im Garten des Serails. Harem heißen die inneren Gemächer, in denen die Frauen wohnen.“
    „Ganz egal! Die Weiber waren da und haben mich weidlich ausgelacht.“
    „Vielleicht nur angelächelt!“
    „Angelächelt? Hm! Das ließe ich mir eher gefallen! So glauben Sie also, daß ich einen guten Eindruck auf sie gemacht habe?“
    „Natürlich!“
    „Schön! Das söhnt mich mit der Behandlung, die ich mir gefallen lassen mußte, vollständig wieder aus. Sapperment! Haben diese Weiber Augen!“
    „Haben Sie diese Augen gesehen?“
    „Nein, aber gefühlt, förmlich gefühlt. Das blitzte nur so durch den Schleier hindurch! Ob man wohl so eine Frau entführen könnte?“
    „Schwerlich!“
    „Ach was, schwerlich! Ich bin Engländer! Verstanden? Ich habe Geld. Was braucht es mehr dazu?“
    „Und wenn es gelänge, was hätten Sie dann erwischt?“
    „Nun, was denn? Eine Tauchergans oder eine Krickente doch nicht etwa, sondern eine Sultansfrau.“
    „Nein. Was Sie gesehen haben, waren keine Sultansfrauen, sondern jedenfalls nur untergeordnete Persönlichkeiten.“
    „Sapperment! Ich glaubte, es mit wirklich angetrauten Weibern zu tun zu haben.“
    „Auch ich hatte zuerst die Ansicht, daß die Verschleierten, die uns begegneten, Haremsgebieterinnen seien; aber als ich sah, wie sie sich mit Ihnen beschäftigten, ließ ich diese Ansicht sogleich fallen. Es waren Dienerinnen. Wie kamen Sie denn dazu, sich Ihrer Garderobe zu entledigen?“
    „Nun, diese Rotte Korah versammelte sich nach und nach um mich. Ich wurde betrachtet und angegafft. Dann nahm mir so ein Wächter plötzlich den Hut vom Kopf und zeigte ihn den Weibern hin. Sie hatten ihn wohl betrachten wollen.“
    „Es ist ein schweres Verbrechen, einem Mohammedaner den Kopf zu entblößen. Bei Ihnen aber haben sie sich keine Bedenken gemacht.“
    „Das bezahle ihnen der Teufel. Als die Weiber den Hut bekamen, riefen sie alle – na, wie war doch nur gleich das Wort?“
    „Schabka.“
    „Nein. Was bedeutet das Wort?“
    „Hut.“
    „Nein. Es klang ganz anders, so ungefähr wie Schule, Stuhle oder ähnlich.“
    „Ah, Sie meinen Lule?“
    „Ja, Lule, so war es. Was heißt das?“
    „Lule heißt Röhre.“
    „Röhre? Dieses Volk! Man sollte sie bei den Haaren nehmen! Dann kam der Regenschirm an die

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