49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
Reihe. Sie rissen ihn immer auf und zu und riefen dabei ein Wort, das klang fast wie Kompagnie.“
„Vielleicht Kapany?“
„Ja, richtig! Was bedeutet das?“
„Mausefalle.“
„Himmelheiliges –! Jetzt hört alles auf! Mein Regenschirm eine Mausefalle! Aber es kam noch viel schlimmer! Sie wollten jedenfalls sehen, wie ich unter dem Oberleder beschaffen sei, und darum zogen sie mir rechts und links so lange an den Ärmeln, bis sie glücklich den Rock herunter hatten. Und dann das Fernrohr! Ich verstand zwar nicht, was sie sagten, aber ich zog das Rohr gehörig aus und hielt es dem Oberwächter an die Nase. Dieser blickte hindurch und schien ganz erfreut zu sein, aber begreifen kann ich nicht, warum er dabei immer nach dem Sultan jammerte.“
„Das hatte er getan?“
„Ja. Er rief nach dem Sultan oder nach einer Sultana.“
„Vielleicht sagte er saltanatly.“
„Ja, ja! Ein ly war noch daran, jetzt besinne ich mich.“
„Dieses Wort bedeutet soviel wie herrlich oder prächtig.“
„Ach so, er ist also zufrieden gewesen! Freut mich sehr. Er gab das Rohr weiter. Diese Kerle und Weiber aber nahmen es verkehrt. Ich wette, daß sie gar nichts gesehen haben. Sie wollten sich einander durch das Rohr anblicken, haben aber nicht das mindeste erkannt, obwohl eine jede, die es an das Auge hielt, behauptete, daß sie ein ganzes Schock Personen sehe.“
„Wirklich?“
„Ja, sie riefen immer nur: Schock, Schock, Schock!“
„Ah so!“ lachte Steinbach. „Sie haben sich jedenfalls verhört. Das Wort heißt nicht schock, sondern tschock.“
„Möglich. Was bedeutet es?“
„Nichts, gar nichts.“
„Sapperment! Dann sind sie also nicht so dumm, wie ich dachte. Eigentlich hat die Geschichte mir bedeutenden Spaß gemacht, obgleich ich es nicht merken ließ. Dennoch war ich froh, als Sie endlich kamen. Aber wie steht es denn? Haben Sie eine gesehen?“
„Ja.“
„Wohl auch mit ihr gesprochen?“
„Gewiß.“
„Es ist aber wohl nur eine Dienerin gewesen?“
„Nein. Es war eine Sultana.“
„Sie Glückspilz! War sie schön?“
„Schöner noch als die Venus.“
„Na, ich danke! Man sagt doch, Venus soll ein bißchen geschielt haben?“
„Das ist wahr. Die griechische Götterlehre berichtet dies, und die Göttin der Liebe wird auch oft als schielend abgebildet; aber dieses Schielen ist so ganz unbedeutend, daß man es nicht nur kaum bemerkt, sondern sogar findet, daß es dem Gesicht einen eigentümlichen, herzgewinnenden Reiz verleiht.“
„Was mich betrifft, so wird wohl keine durch das Schielen mein Herz gewinnen. Ich liebe nur Augen, die in gerader Richtung sehen. Aber hier ist das Wasser. Fahren wir wieder?“
„Ja. Es gibt keinen anderen Weg. Ich muß nach Altstambul hinüber, wieder in das Serail.“
„Wenn ich diesen Kerl doch auch nur kennenlernen könnte! Ist das nicht möglich?“
„Wohl kaum.“
„Das ist unangenehm! Durch diesen Mann kann man ja zu der schönsten Gelegenheit kommen, die Frau eines Pascha oder Ministers zu entführen.“
„Noch viel leichter aber könnten Sie um Ihren Kopf kommen. Was haben Sie jetzt vor?“
„Ich muß nach meiner Jacht, wo die beiden jungen Freunde mich schon längst erwarten.“
Die Herren stiegen ein und ließen sich zurückrudern. Keiner von ihnen sah, daß ein Schwarzer ihnen in einem einruderigen Kaik folgte. Steinbach hätte es vielleicht bemerkt, aber er hatte das Etui herausgenommen und geöffnet, um nach dem Inhalt zu sehen. Er hielt dies für keine Indiskretion, da das Etui ja nicht verschlossen war.
Es enthielt eine höchst kostbare Agraffe jener Art, mit der man die Federzierde eines Turbans zu befestigen pflegt, und welche ein ovales Medaillon bildete. In dem Medaillon befand sich das prächtig getroffene Brustbild der Prinzessin Emineh. – – –
Als Prinzessin Emineh an der Seite ihrer schönen Freundin mit Steinbach gesprochen hatte, war es ihnen völlig entgangen, daß ihnen, hinter den Bosketts versteckt, ein junger, gewandter Neger folgte, der keine ihrer Bewegungen aus dem Auge ließ. Er war nur mit einer roten Hose und der gleichen Weste bekleidet.
Die Art, wie er sich Schritt für Schritt weiterschlich, um den Belauschten zu folgen, hatte etwas katzenähnliches. Und den Augen eines Raubtieres gleich, rollten auch die seinigen in ihren Höhlen. Es war ihm anzusehen, daß er alle Sinne anstrengte, um soviel wie möglich zu erlauschen.
Als dann Steinbach mit dem Engländer das Serail verließ, und der
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