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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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und die große Brille auf die Stirn hinaufgerückt. Sein Aussehen war dasjenige eines Mannes, der aus einer Gesellschaft kommt, wo er sich köstlich amüsiert hat. Er setzte sich zu dem Maler und ließ sich Kaffee geben.
    „Nun, haben Sie die Schönheiten gesehen?“ fragte Normann.
    Der Gefragte brannte sich eine Zigarre an und antwortete:
    „Na, und ob! Das war ja eine Bildergalerie, und zwar eine lebende! Achtzehn Stück! Eine immer schöner als die andere. Ich wollte, ich wäre ein Türke. Da hätte ich mir längst eine Frau genommen oder gekauft. Vielleicht hätte ich gar einige Dutzend oder einige Hundert!“
    „Sie sind also nicht vermählt?“
    „Nein. Ich war allen, aber auch allen zu schön!“
    „Ja, die Engländerinnen haben Geschmack!“ lachte Normann.
    „Hole sie der Teufel! Kann ich für mein Gesicht oder etwa gar für meine Nase? Ich bin häßlich, das weiß ich, aber ich bin steinreich und ein guter Kerl. Das wiegt diese ganze Nase wieder auf. Aber diese Ladies bissen nicht an, und unter den Waschfrauen suchen, das wollte ich nicht. So bin ich also unverheiratet geblieben und brauche keine Putzmacherin zu bezahlen. Aber wäre ich ein Türke, so kaufte ich mir die schönsten Weiber, und sie müßten mir den Bart streicheln nach Noten!“
    „Welche hat Ihnen am meisten gefallen?“
    „Alle haben mir gefallen, alle! Und die Preise waren nicht zu hoch. Da gab es eine Georgierin, die war zum Malen; sie sollte einen halben Beutel in Gold kosten, das sind zweitausendfünfhundert Mark. Eine Lesbierin, die schöner war als selbst Kleopatra, kostete fünfzig Beutel in Silber, das sind 4.000 Mark. Dann gab es eine Schwarze aus dem Sudan, schlank wie eine Tanne und die Gestalt wie aus Ebenholz, zwanzig Beutel in Silber, also 1.800 Mark.“
    „Hat man Ihnen den Namen einer jeden gesagt?“
    „Ja.“
    „War Tschita dabei?“
    „Nein.“
    „So haben Sie die Krone der Schönheiten doch nicht gesehen.“
    „Dieser Schurke! Er sagte mir, daß er mir nun alle gezeigt habe.“
    „Er hat bemerkt, daß Sie keine kaufen, und zwar Tschita am allerwenigsten.“
    „Was heißt Tschita?“
    „Blume.“
    „Nun, wenn diese noch schöner ist als die anderen, so ist es sehr gut, daß er sie mir nicht gezeigt hat; ich würde sonst vielleicht Renegat und träte zum Islam über. Aber das steht fest, daß ich mir eine von denen, die ich gesehen habe, entführe. Vielleicht die Schwarze. Als sie mich erblickte, drehte sie die Augen heraus wie eine Schnecke die Hörner und zeigte mir ein Gebiß, mit dem man Kieselsteine zermalmen könnte. Ich scheine also Eindruck auf sie gemacht zu haben. Sie waren überhaupt alle höchst freundlich mit mir, wurden mir vorgeführt, eine nach der anderen, und jede lachte mich an. Also eine von Ihnen wird entführt, das ist gewiß.“
    „Ich glaube es nicht.“
    „Warum nicht?“
    „Ein Mädchen, das man kaufen kann und das sich nicht im Harem befindet, entführt man nicht. Eine solche Entführung wäre erstens unnötig und zweitens kein Wagstück.“
    „Das ist freilich wahr. Ich werde mich also bis zu einer anderen Gelegenheit gedulden müssen und verlasse mich da ganz auf Sie. Dennoch aber bin ich Ihnen großen Dank schuldig für die Adresse dieses Händlers. Lassen Sie sich die Tasse wieder füllen.“
    „Danke! Ich möchte aufbrechen. Die bestimmte Zeit ist gekommen, und ich muß pünktlich sein.“
    „So darf ich Sie nicht halten und werde nun allein nach Pera zurückkehren müssen. Also Sie kommen morgen vormittags nach meiner Jacht?“
    „Ganz gewiß.“
    „Ich gestehe Ihnen aufrichtig, daß ich mich herzlich auf diese Sitzung freue. Leben Sie also wohl, ich bleibe zunächst noch ein Weilchen hier sitzen, bis die Zigarre alle ist.“
    Das war gar nicht die Art und Weise eines hohen, englischen Aristokraten. Der Maler fühlte sich daher von diesem Manne außerordentlich eingenommen und wäre gern länger bei ihm geblieben, aber er mußte, wie er eben gesagt hatte, pünktlich sein.
    Das Haus des Sklavenhändlers war, wie die meisten Häuser Stambuls, aus Holz gebaut. Es hatte nach der Straße zu keine Fenster, aber nach dem Hof zu lagen Gemächer, die von da aus Licht und auch Luft erhielten. Der Eingang war unverschlossen, der Flur eng und niedrig. Man bemerkte rechts und links eine Tür. Normann klopfte an die erstere. Ein Riegel wurde zurückgeschoben, und eine lange Nase kam zum Vorschein. Nachdem diese sich wieder zurückgezogen hatte, wurde geöffnet.
    Die Nase

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