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49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul

Titel: 49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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malen.“
    „Wie? Was? Etwa eine Türkin?“
    „Eine Tscherkessin.“
    „Das ist ja ganz egal! Donner und Doria! Ist sie schön?“
    „Einzig, sage ich Ihnen, unvergleichlich!“
    „Wenn Sie sie malen sollen, so müssen Sie sie doch auch sehen und sprechen!“
    „Sehen wohl, aber sprechen darf ich sie nicht.“
    „Aber wie kommt es, daß Sie, ein Fremder, ein Ungläubiger, die Frau oder das Mädchen sehen und malen dürfen?“
    „Das ist sehr einfach und dennoch hochinteressant. Sie wissen, daß der Sklavenhandel verboten ist. Dennoch währt er noch heimlich fort. Noch immer kommen die schönsten tscherkessischen Mädchen nach Konstantinopel, um da an die Großen des Reiches verkauft zu werden. Da kenne ich nun drüben im tscherkessischen Viertel einen alten, berühmten Mädchenhändler, der nur Schönheiten ersten Ranges führt. Kürzlich hat er eine junge Tscherkessin erhalten, von einer Schönheit, wie er noch nie eine gehabt hat. Er will sie nur gegen die höchste Summe verkaufen, und darum hat er sie für den Sultan bestimmt. Er hat sich an den Obersten der Eunuchen gewendet und von diesem gehört, daß dies nicht so leicht und schnell zu ermöglichen ist. Der kürzeste und sicherste Weg sei, dem Sultan das Porträt des Mädchens vorzulegen. Da es nun keine mohammedanischen Maler gibt, so ist der Alte gezwungen, sich an einen Europäer zu wenden, und seine Wahl ist auf mich gefallen.“
    Der Lord hatte mit der größten Spannung zugehört. Er zappelte förmlich vor Vergnügen und fragte:
    „Sie hatten also bereits Sitzungen mit ihr?“
    „Bereits fünf.“
    „Und sie ist wirklich so schön?“
    „Wunderbar schön!“
    „Verteufelt, verteufelt! Wollen wir sie entführen?“
    „Sie ist ja in keinem Harem!“
    „Kann man sie sehen?“
    „Ja. Wer ein Mädchen kaufen will, muß es doch sehen.“
    „Und es sind noch mehrere da?“
    „Gegen zwanzig.“
    „Verteufelt, verteufelt! Wo wohnt der alte Kerl? Ich gehe augenblicklich hin. Aber ist man gezwungen, zu kaufen?“
    „Nein. Man muß natürlich sagen, daß man zu kaufen beabsichtigt. Gefällt einem keine, oder ist der Preis zu hoch, so geht man eben wieder fort.“
    „Wollen wir hin? Jetzt gleich?“
    „Miteinander nicht. Ich möchte den Alten nicht wissen lassen, daß ich Ihnen Mitteilungen gemacht habe.“
    „Gut, so gehe ich allein hin, und zwar sofort. Sagen Sie mir nur die Adresse.“
    „Ich führe Sie. Wir nehmen eine Gondel, das ist das bequemste. Während Sie sich dann die Mädchen ansehen, warte ich in einem nahen Kaffeehaus, wohin Sie kommen, um mir zu sagen, wie Sie sich amüsiert haben.“
    „Schön, schön! Verteufelt, verteufelt. Das ist höchst interessant. Sie haben recht gehabt. Man muß sich an einen wenden, welcher die Verhältnisse kennt, dann gehen die Abenteuer auf der Stelle los. Also kommen Sie!“
    Sie bezahlten und gingen fort. Als sie aus dem Hause traten, stand der Derwisch, seine zuckerhutähnliche Kopfbedeckung weit im Nacken, wartend in der Nähe.
    „Hat er es doch gemerkt, wo ich stecke!“ sagte der Lord.
    „Wer?“
    „Jener Derwisch. Er ist mir heute nachgelaufen, weshalb, das weiß ich nicht.“
    „Es ist ein Heulender. Ekelhafte Kaste! Jedenfalls will er Sie anbetteln. Beachten Sie ihn gar nicht.“
    Sie gingen an das Wasser hinab und nahmen sich ein zweirudriges Kaik. Zwischen Tophane und Fonduki stiegen sie aus. Der Maler führte den Engländer, der auch hier wieder allgemeines Aufsehen erregte, durch einige Gassen und sagte dann, auf ein Café deutend:
    „Da drinnen warte ich. Gehen Sie weiter. Sie treten in die Tür linker Hand und sagen, daß Sie eine Sklavin kaufen wollen. Der Alte heißt Barischa und versteht so viel Französisch, daß Sie mit ihm sprechen können.“
    Der Lord folgte dieser Anweisung und verschwand bald hinter der angegebenen Tür. Normann aber setzte sich in das Café, um auf ihn zu warten. Hier öffnete er das Kuvert. Es enthielt hundert Pfund, also zweitausend Mark.
    „Das ist Gottes Schickung“, dachte der glückliche junge Mann. „Unsere Kasse war beinahe gesprengt. Ich hätte dem Eunuchen nichts geben und infolgedessen auch nicht mehr mit Tschita sprechen können. Dieser Lord ist mir trotz seiner Eigenheiten außerordentlich sympathisch. Ich könnte ihn liebhaben. Was wird Hermann sagen, wenn ich ihm von diesem wunderbaren Zusammentreffen erzähle!“
    Es verging über eine halbe Stunde, ehe der Lord wiederkam. Er hatte den grauschwarzen Hut ‚auf dem Pfiff‘ sitzen

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