49 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 01 - Verschwörung in Stambul
gehörte in das Gesicht des Eigentümers dieses Hauses. Er erwiderte den Gruß des Malers mit erzwungener Höflichkeit, der Künstler wurde ja nur geduldet und bezahlt, weil ohne ihn das Porträt nicht fertig geworden wäre.
„Ich habe das Bild wieder angesehen“, sagte der Alte. „Es ist bisher gelungen, doch wie lange hast du daran zu tun?“
„Das weiß ich nicht bestimmt. Die Farben trocknen zu schlecht, weil es in deiner Wohnung zu feucht ist.“
Daß er nur langsam arbeitete, um mit dem Original des Porträts so lange wie möglich beisammen sein zu können, das durfte er natürlich nicht sagen.
„Je schneller du fertig wirst, desto größer wird das Bakschisch, das ich dir außer der Summe gebe, die wir ausgemacht haben. Gehe nun weiter. Der Schwarze wartet schon auf dich. Du kommst heute später als sonst.“
Durch eine Tür gelangte Normann in einen Gang, der an der einen Seite des Hofes hinlief. Dort hockte ein dicker Neger auf einem Teppich. Es war der Eunuch, der den Maler während der Sitzung zu beobachten hatte. Er mußte aufpassen, daß Normann weder ein Wort mit der Tscherkessin sprach, noch sie etwa gar berührte. Und doch war es Normann gelungen, sich das Herz des Schwarzen zu öffnen, und zwar mit dem Schlüssel des Goldes. Er hatte ihm begreiflich gemacht, daß er Tschita sprechen müsse, damit er ihr Gesicht in den verschiedenen Bewegungen studieren könne. Der Eunuch hatte sich anfangs geweigert, dann aber endlich seine Zustimmung unter mehreren Bedingungen gegeben. Er verlangte nämlich für jede Sitzung fünfzig Piaster, also zehn Mark Trinkgeld; sodann durfte sein Herr nichts erfahren, und endlich durften die gesprochenen Worte nichts Verfängliches an sich haben. Normann war auf diese Bedingungen eingegangen, indem er hoffte, daß der Schwarze nach und nach sich weniger streng zeigen werde.
Als er jetzt in den Gang trat, erhob sich der Wächter langsam unter schmerzlichem Stöhnen von seinem Sitz und erwiderte den Gruß des jungen Mannes mit einem freundlichen Zähnefletschen.
„Was ist dir? Hast du Schmerz?“ fragte Normann.
„Frage nicht hier, sondern komme herein“, antwortete der Eunuch. „Der Herr könnte lauschen.“
Dann öffnete er eine Tür, und sie traten in einen hellen, freundlichen Raum, dessen blau bemalte Wände mit goldenen Sprüchen aus dem Koran verziert waren. An der einen Wand stand eine rote Ottomane, und ihr gegenüber die Staffelei mit dem Bild, das von einem ganz feinen Schal verhüllt war.
„Jetzt können wir sprechen“, sagte der Schwarze. „Was würdest du tun mit einem Mann, der dich schlägt?“
„Ich würde ihn zum Zweikampf fordern und töten.“
„Das kann ich nicht. Ich bin sein Sklave, er hat mich gekauft; ich darf nicht mit ihm kämpfen und ihn auch nicht töten.“
„So bist du geschlagen worden?“
„Ja.“
„Von Barischa, deinem Herrn?“
„Von ihm. Von einem anderen würde ich mich doch nicht schlagen lassen.“
„Weshalb hat er das getan?“
„Weil ich einen Mann eingelassen habe, den ich nicht hätte einlassen sollen. Er war ein Engländer, trug fränkische Kleider mit lauter Vierecken, hatte einen Regenschirm und ein Buch in der Hand und ein ledernes Flintenrohr auf dem Rücken.“
„Warum solltest du ihn nicht einlassen?“
„Ich soll überhaupt keinem Franken öffnen, weil ein Franke sich keine Frau kauft. Aber da noch niemand Einlaß begehrt hat, seit ich hier bin, so wußte ich es nicht. Vorhin war der viereckig Gefleckte hier. Mein Herr war freundlich mit ihm, weil die Engländer mächtig sind, aber zornig auf mich. Als der Fremde fort war, ergriff er die Peitsche, und ich mußte mich auf den Bauch legen und erhielt so viele Hiebe, daß mir das Fleisch aufgesprungen ist.“
„Das bedaure ich sehr. Ich werde dir morgen eine Salbe mitbringen, welche deine Wunden heilt und deine Schmerzen lindert.“
„Tue das! Ich werde es dir danken. Ich darf den Herrn nicht wieder schlagen, aber ich werde mich an ihm rächen.“
„Nimm dich nur in acht. Du könntest dir abermalige Schläge zuziehen.“
„Ich werde es sehr klug anfangen, und du sollst mir helfen bei dieser Rache.“
„Ich? Wieso?“
Der Schwarze war wirklich zornig. Seine quiekende Stimme, die ja alle Eunuchen haben, war zu einem halblauten, zornigen Knirschen herabgesunken. Er antwortete:
„Du hast mir immer fünfzig Piaster gegeben, um mit Tschita sprechen zu dürfen. Ich habe dir bisher erlaubt, nur Worte zu reden, die keine Gefahr haben.
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