5 1/2 Wochen
Unterkunft, schließe wie von ihm gewünscht die Tür ab und freue ich mich nun mit einem Zimmerschlüssel in der Tasche auf mein wohlverdientes Pilgermenü.
Ich genieße alleine das traumhafte Essen. Bei einem Glas Wein läuft der Tag noch einmal wie ein Film ab. Der hatte ja mal ganz extreme Höhen und Tiefen. Ich hoffe die ganze Zeit, dass ich meinen Retter, den holländischen Herbergsvater irgendwo entdecke, um ihm für seine aufopfernde erfolgreiche Hilfe danken zu können. Das ging ebenso schnell. Auf einmal war er weg. Zum Abschluss des Tages schlendere ich noch ein bisschen durch den Ort, aber er ist nirgends zu sehen. Wahrscheinlich liegt er schon in den tiefsten Träumen, denn der Herbergsbetrieb geht schon mit dem Sonnenaufgang los.
Gegen halb elf betreten Ruddi und ich mucksmäuschenleise „unser“ Zimmer. Manel liegt noch genauso da, wie vor anderthalb Stunden, als ich ihn verließ. Das ist so göttlich: allgemein wird ja behauptet, dass Männer, vor allem im Alter, alle laut schnarchen. Manel, holt noch nicht einmal tief Luft, macht keine Schmatz-Geräusche, brummt und pfeift auch nicht im Schlaf. Wenn sich die Bettdecke vom Atmen nicht leicht heben und senken würde, müsste ich mir Sorgen machen. Leise lege ich mich in mein Bett, das durch ein Nachttischchen von seinem getrennt steht, singe in Gedanken ein Loblied auf diesen Señor, der mich so unkompliziert aufgenommen hat und falle in einen tiefen Schlaf. Ruddi’s Tasche steht ausnahmsweise mal am Fußende, damit Manel morgenfrüh nicht darüber stolpert.
Samstag, 3. Mai 2008
Villalcázar de Sirga (229 Einwohner), 809 m üdM, Palencia
19. Etappe bis Calzadilla de la Cueza, 23,2 km
Das Sandmännchen war gestern Abend nicht gesprächsbereit. Wieder hat es mich hinterrücks überfallen und seine Arbeit gemacht. Naja, dann gebe ich mich ihm eben hin.
Ich schätze, dass ich so um die vier Stunden ungestörten Schlaf hinter mir hatte, als ich durch Hundegebell geweckt wurde. Nein, nicht Ruddi! Der schlief selig in seiner Tasche am Fußende auf meinem Bett. Der Übeltäter ist ein großer Hund in der direkten Nachbarschaft. Er gab bis zum Morgengrauen keine Ruhe mehr. Im Drei-Minuten-Takt bellte er mit einem Wahnsinns-Stimmvolumen eine halbe Minute lang wieder und wieder und wieder. Zum Glück stimmten da nicht noch andere Kumpane mit ein. Schade, dass der diese Nacht keine Ruhe gefunden hat. Sie hätte außergewöhnlich erholsam sein können, denn außer seinem „Geschrei“ herrschte absolute göttliche Stille. Ich wundere mich ein bisschen, dass ich es nicht hinbekommen habe, mich mit diesem „Geräusch“ anzufreunden und einfach weiterzuschlafen. Wahrscheinlich habe ich mir Sorgen gemacht, dass Ruddi auf die Idee kommen könnte, dem anderen mal so richtig die Leviten zu lesen, dadurch Manel zu wecken und für den Rest des Pilgerwegs als der „kleine Kläffer“ verrufen zu sein, der er bei Gott nicht ist. Zum Glück sind das nur meine Hirngespinste, denn meine beiden „Männer“ interessieren sich nicht die Bohne für den mitteilungsbedürftigen Nachbarshund.
Endlich klingelt um acht Uhr der Wecker meines Pilgerfreundes. Am liebsten wäre ich schon vor zwei Stunden aufgestanden, anstatt mich von einer auf die andere Seite zu wälzen. Aber das Kommando hat in diesem Zimmer Manel. Ich bin lediglich Untermieterin und wollte seinen Schlafens-Zeitplan nicht durch mein Gewusel, das durch eine verfrühte „Abreise“ entstanden wäre, durchkreuzen.
Bereits mit dem ersten Weckruf schwingt der Señor seinen Körper aus dem Bett. Ich drehe mich mit dem Gesicht zum Fenster und stelle mich noch schlafend, damit mein Zimmergenosse sich unbeobachtet fühlen kann. Wie gestern Abend geht auch am frühen Morgen alles blitzschnell: Manel springt im wahrsten Sinne des Wortes in seine Hose, geht für ganz kurze Zeit ins Bad, nimmt seinen Rucksack, wirft den Wecker hinein und schon ist er weg. Mit so einem Tempo habe ich nicht gerechnet. Als er eben die Eingangstür aufschloss, dachte ich, er würde seine Wäsche von der Leine holen und nochmal reinschauen. Aber ich höre das große Tor, das aufs Grundstück führt, ins Schloss fallen. Ich setze mich auf, schau mich im Zimmer um und es gibt keinen Zweifel mehr, Rucksack und Manel sind spurlos verschwunden. In Gedanken erhält er mein „Gracias por todo y buen camino, hasta luego“.
Ich lasse mir Zeit, denn es gibt erst ab neun Uhr Frühstück. Ganz in Ruhe hole ich meine Wäsche rein, packe meinen
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