Angelika Mann - Was treibt mich nur?: Autobiografie (German Edition)
■ Vorwort
Schreiben kann sie also auch noch! Dieses Buch ist ein Beweis für die verschwenderische Art, in der Angelika Mann mit Talenten überschüttet wurde. Während andere ehrlicherweise jedes Mal erröten müssten, wenn sie in ein Formular Sängerin, Schauspielerin oder Buchautorin schreiben, weil es mit ihren Fähigkeiten nicht mal auf einem Gebiet besonders weit her ist, reicht bei der Nachwuchsautorin, die diese Lebenserinnerungen verfasst hat, auch völlig ohne jede Hochstapelei die Breite der Formularspalte für den Beruf nicht aus.
Und genieren muss sie sich für die Aufzählung ihrer Professionen auch nicht. Was sie anpackt, das macht sie nämlich richtig, also mit Hingabe, Herz und Willen zur Perfektion. Ich durfte Kostproben davon immer wieder erleben, wenn sie in Comedy-Shows mit Dr. Eckart von Hirschhausen, Mario Barth und Kurt Krömer kleine Spielszenen, die ich geschrieben hatte, mit dem unverkennbaren Gespür einer Komödiantin für Timing und Pointen vor dem Publikum in einem Berliner Autohaus zum Leben erweckte. Ob die Bühne – wie in diesem Fall – sehr klein oder wie bei ihren Auftritten im Friedrichstadtpalast riesig war, nur selten wurde sie vom Lampenfieber gepackt. Während andere sich vor der Konfrontation mit dem Publikum fürchten, zieht es Angelika Mann immer mit aller Macht vor den Vorhang, wo sie sich einfach am wohlsten fühlt. Sie spielte in den DEFA-Filmen „Die Leiden des jungen Werthers“ und „Bürgschaft für ein Jahr“. Alle Jahre wieder tritt sie als MärchenhexeRatesumbria im rbb-Adventsprogramm auf. Auf Musical- und Theatertourneen wird sie umjubelt.
Wer dieses Buch liest, wird die Autorin für ihr gutes Gedächtnis bewundern. Sie erinnert sich und uns an ihren Musiklehrer, der an der späteren Berufslaufbahn seiner Schülerin nicht ganz unschuldig war. Wir lesen vom Vorsingen bei der Konzert- und Gastspieldirektion der DDR, das die 16-Jährige ganz ohne Streichinstrument vergeigt hat. Später brachte sie es dann aber doch noch zur Sängerin und Pianistin der behördlich bestätigten „Sonderklasse“ und konnte in der DDR auf Tournee gehen.
Die Autorin dieses Buchs ist eine Person voller Widersprüche: Frau Mann, eine große Sängerin mit 1,49 Meter, deren beliebtestes Lied „Versuch es doch mal mit Champagner“ hieß, obwohl es den französischen Schaumwein in der DDR gar nicht gab. Sie bricht in Tränen aus, wenn sie von einem Lied, Gemälde oder Film besonders berührt wird.
Die Lütte, wie sie wegen ihrer kompakten Größe genannt wird, erzählt uns hier, warum sie einem gewissen Mister Paul McCartney ihren Durchbruch als Sängerin verdankt, wie das damals mit Udo Jürgens (im Hotel!) war und warum sie an der ersten von einigen Ehen des Sängers Achim Mentzel schuldig ist.
Ein Buch, das bei keinem gepflegten Kaffeeklatsch fehlen sollte.
Andreas Kurtz
Berlin im Februar 2013
■ Ich fang mal mit dem Anfang an
Wie heißt es immer so schön, wenn einer etwas erzählen will und keinen ersten Satz findet? Fang einfach mit dem Anfang an. Bei einer Biografie bietet sich das natürlich an. Aber wo ist mein Anfang? Ist es das schreiende Neugeborene in der Berliner Universitätsklinik an einem frühen Sommertag im Jahr 1949? War da vorher nicht schon Einiges passiert, das bis dahin führte? Kurz: Fing nicht alles viel früher an?
Mein Vater hat mir auf meine Bitte seinen familiären „Rückblick“ aufgeschrieben. Dafür bin ich ihm sehr dankbar, denn so genau könnte ich das nicht wiedergeben. Seine Aufzeichnungen reichen bis zu den Urgroßeltern. Obwohl man heutzutage selten noch so weit zurückdenkt, fand ich das beim Lesen reichlich interessant. Deswegen will ich die Informationen, wenn auch in Kurzfassung, hier wiedergeben.
Heißer Tipp: Wer an älterer Familiengeschichte nicht so sehr interessiert ist, kann das überblättern. Aber auch das gehört zu meinem Leben, und deswegen steht es hier.
Unsere Familie Mann – eine Handwerkerfamilie – stammt aus Ostpreußen, genauer aus der Region Insterburg. Mein Urgroßvater Johann Benjamin – ein Kunstdrechsler und Fotograf wurde 1829 geboren. Er wurde über 80 Jahre alt. Aus seiner zweiten Ehe mit Johanna Woischwill, die aus dem Memelgebiet kam, stammt mein Opa Arthur Mann.
Er kam nach dem zu dieser Zeit dort gültigen julianischen Kalender am 11. November 1884 in dem kleinen Städtchen Rossieny auf die Welt. Obwohl der Ort damals zu Russland gehörte, besaß die Familie Mann die deutsche
Weitere Kostenlose Bücher