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5 1/2 Wochen

5 1/2 Wochen

Titel: 5 1/2 Wochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Kürten
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Duft.
    Zwischen Santibáñez de Valdeiglesias und San Justo de la Vega komme ich an einem Pilger-Denkmal vorbei. Wie viele haben hier schon ihr ganz persönliches Zeichen hinterlassen? Ich sehe mir das aus der Nähe an und entdecke auf einem Tisch aus Beton, wie ich ihn von unseren Autobahnrastplätzen kenne, hunderte, meist flache, Steine auf denen etwas geschrieben steht. Die Bank vor dem Tisch lädt zum gemütlichen Stöbern ein. Die Inschriften sind ganz unterschiedlich. Mal haben sie mit Liebe zu tun, mal mit Erkenntnissen. Auf anderen werden Erinnerungen oder Erlebnisse mit Buchstaben, Zahlen oder Zeichnungen zum Ausdruck gebracht.
    Ich weiß nicht wie viele dieser „in Stein gemeisselten” Nachrichten vorsichtig und respektvoll durch meine Hände gegangen sind, als ich plötzlich eine Gänsehaut bekomme. „ Ich grüße alle, die mich kennen. Susanne aus Leipzig, 9.5.2008”, lese ich und fühle mich angesprochen. Das ist ja ein Ding: Susanne war schon an diesem Platz und hat es sich nicht nehmen lassen, sich zu verewigen. Es ist, als wäre sie auch jetzt noch persönlich anwesend und ich erwische mich dabei, Ausschau nach ihr zu halten. Ich bin echt gerührt, dass sie an dieser Stelle saß und an mich gedacht hat. Ja, ich weiß! Nicht nur an mich! Aber ich fühle mich persönlich gegrüßt.
    Ich habe keine Ahnung, warum ich das nicht auch mal mache. Irgendetwas hält mich davon ab. Ich kam schon an so vielen Stellen vorbei, wo zig-tausende Pilger Steine übereinander geschichtet haben. Jedes Mal sah ich mir diese Gebilde tief berührt an, aber ich selbst habe das noch kein einziges Mal getan. Ich habe auch - im Gegensatz zu so vielen anderen - nichts von zuhause dabei, dass ich an einem bestimmten Ort auf dem Camino ablegen will. Vor Antritt dieser Reise, war ich noch der Meinung: „Das ist nur unnötiger Ballast.” So langsam bereue ich das. Das wird es sein: Wenn ich was ablege, dann muss es etwas Mitgebrachtes, Persönliches sein. Tja, da muss ich wohl demnächst noch einmal losziehen, um das nachzuholen.

    Ein paar hundert Meter später öffnet der Himmel seine Schleusen und macht uns nass. Der Wind bläst aus Leibeskräften und kühlt die Luft empfindlich ab. Wenn ich nach oben gucke, habe ich nicht viel Hoffnung auf Wetterbesserung. Ruddi’s, noch jungfräuliches, Regencape fällt mir ein. Soll ich es ihm anziehen? Er läuft fröhlich und unbeschwert vor mir her und tut so, als bemerke er den Regen gar nicht. Ich bringe es noch nicht fertig, ihn mit meiner Idee vertraut zu machen. Ich krame aber meinen roten Poncho aus dem unteren Fach des Rucksacks und werfe ihn mir über.
    Der Regen wird immer stärker, der Wind artet so langsam in Sturm aus und die Wolken am Himmel sind bedrohlich schwarz, groß und zum Greifen nah. Es wird immer kälter. Perrito findet das allmählich ziemlich doof und versucht, wo es auch eben geht, im Unterholz vor dem Wasser zu flüchten. Ich kann mir das nicht mehr länger mit ansehen und fasse den für ihn unglaublichen Entschluss. Von mir persönlich, liebevoll abgetrocknet, zwänge ich ihn mit guten und entschuldigenden Worten in das so gehasste Regencape. Er bleibt wie angewurzelt stehen. Ich setze entschlossen meinen Weg fort - kenne ihn doch! Wenn ich einen gewissen Abstand zu ihm habe, dann kommt er von ganz alleine hinterher.
    Nach ungefähr 100 Metern drehe ich mich um. Ich traue meinen Augen nicht. Wie ein vergessenes Stofftier, sitzt er noch immer in derselben Position auf dem Weg. Grinsend und siegessicher mache ich mir mal eine Zigarette an, bereite mich darauf vor, mich nur ein wenig in Geduld üben zu müssen, bis der Herr sich bequemt. Ab und zu rufe ich ihn, tue so, als ob nichts wäre. Seine einzige Reaktion ist ein klägliches und sehr lautes Heulen. Ein Radpilger kommt näher, passiert erst das heulende Steiff-Tier und macht mich dann entrüstet an: „Der Kleine ist bestimmt zu müde, siehst Du denn nicht, dass er nicht mehr kann?“ Ich habe keine Chance, eine Antwort zu geben. Er ist bereits kopfschüttelnd weitergeradelt. Ich weiß, dass ich bei meinem Hund verloren habe, wenn ich jetzt zu ihm zurückgehe. Nach sage und schreibe fast einer Viertelstunde schaffe ich es, Ruddi mit verlockenden Zauberworten und Rascheln der Leckerchen-Tüte aus seiner Starre zu holen: „Koooomm... Ruddi... kooooomm... hiiiier... Leckercheeeen... hmmm... lecker... Ruuuddiii... was hab ich denn hier?... ooooh, schau mal...!“
    Und dann, zuerst gaaaaanz langsam, aber

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