5 1/2 Wochen
ersten Blick. Wenn es so wäre, würde er sich andauernd kratzen. Du kannst mich doch nicht draußen lassen, nur weil ich einen Hund habe!“ Er kontert: „Ich lasse Dich nicht draußen! Du darfst doch bleiben! Ich gebe Dir eine Matratze, es ist warm und trocken hier drin. Du kannst zum Essen kommen. Was ist denn noch?“ „Ich kämpfe um ein Bett!“
Unsere Verhandlungen werden von weiteren Gästen unterbrochen. Sabrina trudelt jetzt ein und meldet sich als Gast an. Sie wird gefragt, ob sie auch Abendessen und Frühstücken möchte. Sie sagt, ohne zu jammern: „Nein, danke, ich koche mir selbst was. Ich habe nicht so viel Geld.“ „Du kannst trotzdem mit uns essen, wenn Du in der Küche hilfst“, lautet das Angebot des Herbergsvaters. Begeistert stimmt sie zu. Ich finde erstaunlich, was ich gerade gehört habe. Im Grunde hat er also ein weiches Herz und lässt mich am Ende doch noch in eins der Zimmer. Zwei oder drei mir fremde Pilger haben vorhin gesagt, dass es sie nicht stören würde, wenn ich mit Ruddi bei ihnen schliefe.
Als er auch die anderen Neuankömmlinge abgefertigt hat, fragt er wie ich mich entschieden hätte. Ich antworte: „Ich bleibe. Ich kann nicht mehr laufen. Ich habe allerdings nur einen sehr dünnen Schlafsack. Wenn ich im Eingangsbereich schlafe, friere ich bestimmt die ganze Nacht. Es sind drei oder vier Pilger hier, die mich und meinen Hund gut kennen, darf ich mit ihnen vielleicht doch ein Zimmer teilen? Sie wären damit einverstanden.“ Er erwidert: „Nein, es tut mir leid, das geht auf keinen Fall. Dein Schlafsack ist auch kein Problem, wir geben Dir eine dicke Decke.“ Tja, kein weiches Hunde- Herz! Dann muss ich mich wohl beugen. Ich lasse mich einschreiben, meinen Pilgerpass stempeln und zum Abendessen und Frühstück vormerken.
Der Eingangsbereich hat zwar einen Kamin, aber der brennt ja nicht bis morgen durch. Die uralte dicke Holz-Eingangstür ist fünf Zentimeter zu kurz geraten. Da kommt bestimmt nicht nur die Kälte durch! Wer weiß, welches Getier sich so in mein „Zimmer“ schleicht wenn es dunkel ist. Ich kriege hysterische Anfalle, wenn eine Spinne oder ähnliches hier rumkrabbeln. Zu allem Überfluss ziehen sämtliche Pilger ihre nassgeschwitzten Wanderschuhe aus, bevor sie die heiligen Räume betreten und stellen sie in das Regal neben dem Kamin. Die Luft ist also auch nicht die allerbeste.
Bereits ein paar Minuten später liegen sogar zwei Matratzen übereinander unter dem Fenster neben dem Kamin für mich auf dem Boden des Eingangsbereichs. Sie sind sehr verdreckt. Hoffentlich krabbelt da nichts drin oder drauf rum. Flöhe können es immerhin nicht sein, da kein Hund je eine Pfote in diese heilige Herberge gesetzt hat. Fein! Ich könnte heulen, aber was nützt es. Ich habe keine andere Möglichkeit und tröste mich damit, dass der Schlafsack mich von dem Schmutz fernhält. Muss ich wirklich dankbar sein für dieses Nachtlager? Ich bezahle genauso viel, wie alle anderen. Mir wird noch nicht einmal das Bad gezeigt.
Wo ist eigentlich Hermann? Wenn ich ihn brauche, ist er nicht da? Er könnte mich mit Sicherheit aufmuntern oder würde den Laden hier aufmischen. Ich muss zugeben, dass ich ihn wirklich vermisse - das habe ich nicht vermutet. Wir sind uns den ganzen Tag nicht begegnet.
Ich begebe mich nach draußen und treffe dort mein Pilgertrio. Sie sind wie immer gut drauf, aber als sie mich ansehen, wechseln sie die Farbe und fragen mich was passiert ist, warum ich so verzweifelt drein schaue. Ich liefere meine Geschichte ab und sie sind entsetzt, dass der kleine Ruddi, der keiner Fliege was zu leide tut, die Räume nicht betreten darf. Sie versuchen mich zu beruhigen. Lachend und scherzend raten sie mir, ich sollte das mal positiv sehen, ich hätte immerhin ein Zimmer für mich ganz alleine. Außerdem müsse ich das Schnarchen, Pupsen und Rumoren der anderen nicht ertragen. Achim ist es, der mir zeigt, wo das Badezimmer und die Toiletten sind. Er ist erstaunt, dass das die Herbergsleute nicht gemacht haben. Es gibt zwei Duschen, eine Toilette und ein Waschbecken in dem winzigen Raum. Die meisten Leute haben bereits geduscht. Die Luft hier drin nimmt mir den Atem. Es ist feucht und unangenehm warm. Ich komme mir vor, wie in einer Sauna. Die abgetrennte Toilette ist so eng, dass man einen Plan braucht, wenn man sie - ohne sich zu stoßen - benutzen möchte. In diesem Kabuff gibt es noch nicht einmal Licht, auch kein Fenster. Es geht hier zu, wie in der City
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