5 1/2 Wochen
Kilometer, aber es gilt, auf diesem kurzen Stück 100 Höhenmeter zu bewältigen. Unterwegs treffe ich nochmal Achim, Oliver und Sabrina. Ich beobachte Sabrina beim Rückwärtslaufen. Mir fällt auf, dass sie Gummiclogs trägt. Was ist mit ihren Wanderschuhen passiert? Ich frage natürlich nach. Sie antwortet fröhlich (man beachte die Feinheiten): „Ich gehe immer rückwärts wenn es zu steil wird. Ich komme so besser vorwärts! In den Clogs kann ich im Moment besser laufen, als in meinen Wanderschuhen. Ich habe doch so böse Blasen. Die haben sich sogar entzündet.“ Ich bewundere ihr Durchhaltevermögen, drücke mein Bedauern aus. Aber sie will davon überhaupt nichts wissen und lacht: „Mir geht es richtig gut! Ich laufe auf diesen Schlappen unheimlich gerne. Mach Dir keine Sorgen.“ Ein kleines Stück gehen wir gemeinsam und ich muss sagen, dass sie tatsächlich trotz ihrer Blessuren einen sehr lockeren Gang drauf hat. Sabrina hat eben die richtige Einstellung.
Der Aufstieg nach Villamayor de Monjardín gibt mir den Rest. Vollkommen fertig komme ich oben an. Ruddi könnte immer noch Bäume ausreißen. Er ist vor mir auf der Dorfstraße und schaut zu mir zurück, als wenn er sagen wollte: „Was ist Schatz? Kommst Du dann?“ Ich muss lachen, als mir meine Bedenken zu Anfang dieser Expedition einfallen. Hätte mir klar sein müssen, dass mein Hund mehr Kondition hat als ich. Er läuft den ganzen Tag ohne irgendwelche Probleme über Schotter-, Feld-, Wald- und Matschwege, große wie kleine Steine und asphaltierte Straßen. Selbst Bachläufe sind ihm mittlerweile egal, wobei er doch zuhause am liebsten auf drei Beinen läuft, wenn es ein paar Tropfen geregnet hat. Er hasst Wasser.
gleicher Tag (insgesamt 123 km gelaufen)
Viliamayor de Monjardín (132 Einwohner), 645 m üdM, Navarra
Herberge, 15 Euro inklusive Abendessen und Frühstück
Los Arcos muss warten! Weitere 13 Kilometer schaffe ich nicht! Ich werde jetzt das Handtuch schmeißen und versuchen, hier irgendwo zu übernachten. Ein Hotel oder eine Pension gibt es laut Wanderführer nicht. Schon nach 50 Metern finde ich auf der rechten Straßenseite eine Herberge. Ich werfe einen Blick hinein und mach mich schnell vom Acker bevor mich jemand sieht. Das scheint mir ein Drecksloch zu sein und zudem besonders klein. Die Küche ist gleichzeitig auch der Eingangsbereich. Ich kann schon von der Haustür aus auf den „Schlafstall“ blicken.
Ich schicke ein Stoßgebet nach oben, dass es noch eine andere Herberge gibt und mich vor allem mit Ruddi auch aufnimmt. Hundert Meter weiter entdecke ich - ebenfalls auf der rechten Straßenseite - einige Pilger ohne ihre Rucksäcke. Sie sitzen auf einem Mauervorsprung vor einem sehr großen, alten Haus. Da es sich nicht um eine Bar handelt, muss das auch eine Unterkunftsmöglichkeit sein. Ich krieche die Einfahrt hoch und setze mich auf einen Hocker im Eingangsbereich. Hier erfolgt auch die Anmeldung. Es wird sofort bezahlt und ein Stempel in den Pilgerausweis gesetzt. Es ist eine christliche Herberge. Ich habe Ruddi an der Leine vor meinen Füßen sitzen. Der Pilgerstrom scheint kein Ende zu nehmen. Ich warte einfach mal ab, stelle mich also nicht in die Warteschlange.
Nach ungefähr einer halben Stunde hat der unglaublich geduldige und ruhige Herbergsvater allen ein Bett zugewiesen. Achim und Oliver haben sich auch hier eingeschrieben und mir gesagt, dass ich doch zusehen soll, mit Ruddi in ihr Zimmer zu kommen. Die Frau des Hospitaleros führt die Leute durch das Haus. Beide sind sehr christlich. Alle werden von ihnen zu einer Gebetsstunde nach dem Essen eingeladen. Jetzt spreche ich ihn an: „Darf ich mit meinem Hund bei Euch übernachten? Ich kann nicht mehr weiterlaufen.“ Er antwortet mit holländischem Akzent: „Du kannst hier im Eingangsbereich übernachten. Ich lege Dir eine Matratze hin. Dein Hund darf nur hier vorne bleiben, keinesfalls in die Zimmer!“
Ich packe Ruddi’s Tasche aus und zeige ihm, dass ich sie verschließen kann, damit er nicht durch die ganze Herberge läuft. Er bleibt dabei, dass ich ausschließlich an Ort und Stelle mit ihm bleiben darf. Auch zum Essen und Frühstück ist es ihm verboten, eine Pfote in die angrenzenden Räume zu setzen. Er könnte ja Flöhe haben, die dann das ganze Haus verpesten. Ich bin zwar dankbar, aber gleichzeitig ebenso entsetzt. Ich versuche das zu unterdrücken und sage mit einem Lächeln: „Mein Hund hat keine Parasiten, das sieht man ja wohl auf den
Weitere Kostenlose Bücher