5 1/2 Wochen
treffe. Aber das ist was anderes. Ich habe seit langer Zeit keine neuen Menschen kennengelernt, keine Ahnung mehr davon, ob sie mich um sich haben wollen würden. Das ist ein schönes Gefühl und tolles Geschenk. Es hat mich gestärkt. Ina freut sich mit mir.
Nach ungefähr einer Stunde beschließen Ina und ich, schlafen zu gehen. Wir werden morgen zusammen starten. Mal sehen ob wir vielleicht doch das gleiche Tempo haben. Auf dem Nach-Hause-Weg begegnen uns Sören, Pia, Edit, Sabrina, Oliver, Achim und Phil, der Praktikant der Herberge. „Wo geht Ihr hin?“ fragen sie. „Schlafen!“ antworten wir. „Nein, ihr kommt mit in die Bar!“ Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und drehen uns auf dem Absatz um. Nun kommen wir das dritte Mal zur Tür herein. Die Wirtin muss lachen. Wir setzen uns alle zusammen an den größten Tisch. Oliver nimmt sich Ruddi auf den Schoß und krault ihn ein bisschen hinter den Ohren. Das lässt er sich gerne gefallen und verdreht die Augen. Übrigens ist hier drinnen jeder - ohne Ausnahme! - von meinem Schnurzel angetan. Er kann sich frei bewegen. An jedem Tisch und sogar an der Bar gibt es für ihn kleine Leckereien. Wir haben einen richtig tollen Abend. Es wird getrunken und rumgealbert. Wir finden kein Ende. Meine Verzweiflung von heute Nachmittag ist wie weggeblasen. Das ist also das nächste Geschenk für mich.
Um 22 Uhr wird die Herberge abgeschlossen. Dann müssen wir wohl bald gehen, sonst schlafen wir doch noch auf der Straße, denke ich. Falsch gedacht! Wir haben den Praktikanten - und der hat einen Schlüssel. Also bleiben wir und machen zusammen mit den Wirtsleuten um Mitternacht das Licht aus. Wir sind sehr ausgelassen. Hoffentlich haben wir keinen geweckt. Der ein oder andere Hund hat bereits Alarm ausgelöst. Wir versuchen, uns gegenseitig zur Ordnung zu rufen. Aber es bleibt bei dem Versuch. Phil spaziert mit uns im Mondlicht noch ein bisschen durch das Dorf und rund um das riesige Anwesen der Herberge. Er kommt auf die Idee, in einer Scheune noch eine Flasche Wein zu trinken. Es ist Vollmond - eine schöne Nacht, aber eiskalt. Edit und ich ziehen es vor, uns ins „warme Bett“ zu „kuscheln“.
Edit kann aber nicht ins Bett, weil der Treppenaufgang abgeschlossen ist. Wir machen es uns gezwungener Maßen in „meinem Kaminzimmer“ gemütlich. Die Glut gibt noch ein bisschen Wärme ab. „Solange werden die anderen nicht draußen bleiben. Es ist viel zu kalt“, überlegen wir. Nach einer halben Stunde ist der „Ofen aus“ und Edit sitzt immer noch bei mir. Sie war zwischenzeitlich vergeblich auf der Suche nach den Weintrinkern. Ich biete ihr wiederholt eine meiner Matratzen an, aber sie lehnt - verständlicherweise - dankend ab. Immer wieder versucht sie, die Tür zur Treppe zu öffnen. „Die kann doch nicht abgeschlossen sein. Was, wenn es mal brennt? Und wenn ich nachts mal muss?“ Wir malen uns amüsiert die tollsten Situationen aus, die so eine verschlossene Tür hergibt. Soviel Fantasie gemischt mit Alkohol und Müdigkeit ist wohl für Außenstehende unerträglich. Wir beide haben jedenfalls unseren Spaß.
Nach einer ganzen Stunde kommen die anderen endlich „nach Hause“, Edit darf in ihr Bett und Achim, Sabrina und Oliver gesellen sich noch ein bisschen zu mir. Sie setzen sich auf die Hocker, die vor dem Kamin stehen und unterhalten sich ganz leise. Ich habe mich mittlerweile auf meinem Lager niedergelassen und halte die Klappe. Das leise Reden lässt mich zur Ruhe kommen. Ich sehe es als die große Chance, überhaupt einschlafen zu können.
Sabrina sieht zu mir rüber. Sie denkt, dass ich bereits schlafe und sagt zu den Jungs: „Ich glaube, wir müssen ins Bett gehen. Birgit wird sonst wieder wach.“ Ich murmele aus dem Schlafsack: „Nein, bitte bleibt noch und erzählt weiter. Das beruhigt mich. Ich genieße es, wie ein kleines Kind ein Märchen.“ Sie schmunzeln. Sabrina erkundigt sich noch bei mir, ob jetzt alles in Ordnung sei. Ich antworte nur knapp: „Ja, geht schon. Siehst Du irgendwo eine Spinne oder so?“ Sie kommt zu mir, schenkt mir eine Umarmung, wie ich sie in diesem Moment von meiner Tochter bekommen hätte, drückt mir ein Küsschen auf die Wange und sagt schlicht und ergreifend: „Alles ist gut. Schlaf schön.“ Ich weiß jetzt wieder, wie sich ein ängstliches Baby fühlt, wenn die Mutter es beruhigt. Das war das schönste Geschenk heute.
Ruddi liegt am Fußende leise schnarchend in seinem Hunde-Bett, das mit Sicherheit
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