5 1/2 Wochen
auch jetzt, wo er mich entdeckt hat, immer schneller. Er fällt mir um den Hals, begrüßt Ruddi in seiner Tasche und nimmt mir unverzüglich mein gesamtes Gepäck ab. Ich will mich dagegen wehren, denn der Rucksack gehört zu mir. Aber er lässt es nicht zu. Ich muss schmunzeln, als er den für ihn viel zu klein eingestellten Rucksack auf dem Rücken hat.
Aufgeregt läuft er los. Es ist noch ziemlich weit, bis wir den Stadtkern erreichen - und ich habe ihn eben insgeheim des Trödelns bezichtigt. Wir kommen nun an den ersten Bars, Herbergen und Pensionen vorbei. Da ruft jemand meinen Namen: „Birgit, Du hier? Schön, Dich zu sehen. Wo ist Ruddi?“ Es sind Sabrina, Achim, Oliver und Edit, die mich so freudig begrüßen.
Mich hält nichts mehr auf dem Weg zur begehrten Wohnung und ich stürze zu ihnen. Die Freude über das Wiedersehen ist so wunderbar ehrlich und intensiv. Nach ein oder zwei Minuten merke ich, dass Hermann sich ausschließt. Er steht mitten auf der Straße mit meinem Hund im Gepäck und guckt böse aus seiner schwarzen Jacke, die eigentlich viel zu warm sein muss. „Kommst Du jetzt endlich? Wir müssen los, zur Wohnung! Es ist jetzt schon gleich neun. Ich habe Hunger.“ Ich bin überrascht, dass er sich uns nicht anschließt. Wie war das noch gleich mit dem „Rumalbern“? Ich würde mich jetzt gerne auf ein Bier zu meinen Freunden setzen. Aber er denkt gar nicht daran, sondern macht mir weiter Druck. Edit fragt ihn noch, wo wir denn essen gingen, sie wolle mit uns gehen. Er sagt ihr kurz und knapp, welches Restaurant er ausgesucht hat und drängelt wieder, diesmal sehr resolut. „Hat der eigentlich nen Knall?“ geht es mir durch den Kopf. Ich bin richtig sauer, enttäuscht und versuche ihn aus diesem Krampf mit ein paar Scherzen rauszuholen, aber da ist nichts zu machen. „Na, dem werde ich später die Hölle heiß machen. Was soll denn der Stress?“ geht es mir durch den Kopf. Schweren Herzens verlasse ich die lieb gewonnene Truppe. Aber Hermann ist der, der sich um eine Unterkunft gekümmert hat und mein Gepäck trägt.
Als ich mich verabschiedet habe und vom Tisch entferne, sagt noch jemand „Tschüss, Birgit“. Das ist doch Ina?! Sie sitzt ein wenig abseits. Ich habe sie gar nicht wahrgenommen. „Hast Du eine Unterkunft gefunden?“ frage ich im Weggehen. „Ja, hier nebenan in der Herberge.“ Ich wünsche ihr eine gute Nacht und sage: „Bis bald.“ Wir verabreden uns also nicht für morgen. Ich lasse den Dingen ihren Lauf. Wenn es sein soll, dass wir zusammen weiterlaufen, dann treffen wir von alleine aufeinander. Mal sehen, was passiert.
Im Laufschritt, mit Wut im Bauch und schweigend erreichen wir die Herberge, die auch einzelne Zimmer in Wohnungen vermietet. Das Haus ist wunderschön und sieht neu aus. Das Treppenhaus ist richtig feudal und blitzblank. Heute müssen wir nur auf die erste Etage. Als wir die Wohnung betreten, bleibt mir der Mund offen stehen. Mein erster Eindruck ist: Vornehm und großzügig. Wenn ich nicht wüsste, dass wir hier für 15 Euro pro Person bleiben können, hätte ich mich schwerstens verschätzt. Die Diele sieht aus, wie das Foyer eines vornehmen Hotels. Der Boden ist wunderschön und aufwendig gefliest. Es gibt eine Spiegelwand und gegenüberliegend steht ein sehr geschmackvoll dekoriertes, antikes Sideboard. In einer Ecke befindet sich eine große Vase mit Weidenzweigen.
Ich glaube, ich träume und mein Ärger von vorhin ist vergessen. Die Küche ist flammneu, sehr modern und riesengroß. Es befindet sich ein Tisch darin, der Platz für ungefähr zehn Personen bietet. Hier entdecke ich auch die Waschmaschine, die nachher noch ran muss. Das Badezimmer ist ebenfalls ein Traum. Es ist sehr geräumig, hat Einbauschränke um das Waschbecken herum. Es gibt ein Bidet, WC und eine Badewanne. Es ist sehr einladend. Die Wanne bekommt später noch Besuch von mir - wahrscheinlich während die Waschmaschine läuft. Das Schlafzimmer befindet sich am anderen Ende der Fünf-Zimmer-Wohnung. An zwei sich gegenüberliegenden Wänden stehen jeweils ein Bett und dazwischen ein Nachtschränkchen. Es gibt zwei Stühle und einen großen Kleiderschrank. Auch dieses Zimmer ist sehr geschmackvoll eingerichtet. Ich bin begeistert und kann es fast nicht glauben. Mein Wohltäter fragt mit erwartungsvollem Blick: „Na, was sagst Du? Habe ich Dir zu viel versprochen? Vor allen Dingen kannst Du Ruddi hier laufen lassen, denn wir sind alleine in dieser Wohnung. Und?“ Ich
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