5 1/2 Wochen
trocknen. Er will gegen sechs Uhr losgehen.
Flugs hole ich meinen Rucksack aus dem Schlafzimmer, damit ich meinen Kumpel nicht mehr stören muss. So schnell wie Hermann im Bett ist, kann ich kaum die Tür hinter mir zu machen. Einige Minuten später, fällt mir ein, dass ich Ruddi noch frisches Wasser bereitstellen sollte und schleiche mich doch nochmal ins Zimmer. Der Raum ist dunkel. Es fällt lediglich ein Lichtstrahl aus der Diele ein. Ruddi ist nicht in seiner Tasche. Ich glaube, ich spinne! Der wird sich doch wohl nicht in mein Bett gelegt haben. Das darf er nicht, machen wir zuhause auch nicht. Ich suche mein Schlaflager murmelnd nach ihm ab, finde ihn aber nicht. Langsam werde ich unruhig. Wo ist der denn? Meine Augen haben sich an die Dunkelheit gewöhnt, ich schau mich im Zimmer um und entdecke ihn zufrieden blinzelnd in Hermanns Armen. Männer! Ich lass ihn, wo er ist - denn das hat mein Hund mit Sicherheit nicht alleine entschieden. Soll er es doch genießen, im Bett zu schlafen.
Nachdem ich die Waschmaschine auf Trab gebracht habe, begebe ich mich ins Badezimmer. Als ich in die Wanne steige wird mir klar, wie sehr ich mich heute in der Sonne verbrannt habe. Ich muss das liebevoll eingelassene heiße Badewasser, das meine Muskeln entspannen soll, auf ungefähr 32 Grad abkühlen, damit ich es ohne Schmerzen genießen kann. Ich lasse mir mindestens eine Stunde Zeit, mache mich ganz in Ruhe fertig. Niemand stört mich. Es ist wundervoll.
Nach dem erholsamen Bad könnte ich einfach nur noch ins Bett fallen. Ich beneide die beiden „Jungs“, die schon lange selig schlummern. Aber die Waschmaschine wäscht, wie auch in Lorca, sehr gründlich und findet kein Ende. Ich versuche, das Waschprogramm umzustellen. Das geht aber nicht. Mir bleibt nichts anderes übrig, als geduldig abzuwarten, bis dieses Ding beschließt, meine Wäsche freizugeben. Ich versuche die Ruhe zu bewahren, die ich mir in der Wanne beigebracht habe und massiere ausgiebig meine Füße. Als die genug davon haben, nehme ich meinen Wanderführer und lese und lese und lese... Gott sei Dank habe ich vor dem Baden mein ganzes Hab und Gut aus dem Schlafzimmer geholt, sonst säße ich ohne Ablenkung in dieser großen, in der Nacht sehr kalten Küche. Es ist fast zwei Uhr, als die Trommel endlich stillsteht. Ich packe meine Sachen wieder ein und hänge die Wäsche auf - nicht ohne die Fürbitte, sie möge morgenfrüh trocken sein.
Ich schleppe mich mehr schlafend als wach ins kuschelige, warme Bett. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen gilt Edit, der ich von Herzen in dieser Wohnung eine Nacht gegönnt hätte - wenn es drei Betten gäbe. Fast wäre sie hier gelandet. Mit einem Schmunzeln schlafe ich ein.
Donnerstag, 24. April 2008
Navarrete (2211 Einwohner), 512 m üdM, La Rioja
10. Etappe bis Azofra 23,8 km
Ich stehe frohen Mutes gegen halb acht auf. Hermann ist seit einer guten Stunde weg. Die Wäsche ist natürlich noch ziemlich nass. In jeder Hand ein Kleidungsstück tanze ich verzweifelt durch die Küche. Es sind wilde Tänze, die ich aufführe. Die Hose und das T-Shirt wirbeln durch die Luft. Mein Lied heißt „ich kriege euch schon trocken - ihr werdet sehn“. Nach einer Viertelstunde höre ich mit dem Wahnsinn auf und setze mich zum Luftholen auf einen Stuhl. Der Wäscheständer ist voll mit meinen frisch gewaschenen Sachen, gibt mir Applaus und schreit nach Zugabe. Ich hoffe nur, dass mich niemand durch die offene Balkontür beobachtet hat. Es würde Stunden dauern, alles zu trocknen. So geht das nicht! Ein Blick aus dem Fenster verspricht mir das schönste Sommerwetter. Das ist doch die Lösung: Das Zeug muss in „Etappen“ am Rucksack weitertrocknen!
So schön dekoriert verlasse ich um halb neun mit Ruddi an der Leine das Haus. Ich muss den Wohnungsschlüssel noch in den Postkasten der Herberge werfen und hoffe, dass mich die Hospitaleros nicht sehen. Mit einem flauen Gefühl gehe ich auf die Eingangstür zu, öffne ganz leise den Briefkastendeckel, stecke meine Hand soweit es geht hinein und lasse dann den Schlüssel erst los. Mit einem lauten Scheppern fällt er auf den Grund des Blechkastens und über mir öffnet sich prompt ein Fenster. Ich tue mal so, als bemerkte ich das nicht - vielleicht sind wir ja unsichtbar, wenn wir jetzt Weggehen?! Nee, leider klappt das nicht. Die Frau spricht mich mit einem fröhlichen „buenos días“ an. Ich drehe mich zu ihr um, erwidere „total locker“ den Gruß und bin gespannt wie
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