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5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition)

Titel: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen: Einsichten, die Ihr Leben verändern werden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bronnie Ware
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Erfahrung war meine Stelle bei Agnes gewesen. Ich hatte mich noch nie um Kranke gekümmert und gab das auch ehrlich zu, als ich bei der Agentur vorsprach, die mich einstellte. Aber das war kein Hinderungsgrund. Pfleger, die bereit waren, bei ihrem Schützling einzuziehen, waren wertvoll, und das wollte man sich nicht entgehen lassen. » Tun Sie einfach so, als wüssten Sie, was Sie tun, und wenn Sie Hilfe brauchen, rufen Sie uns an. « Du liebe Zeit. Willkommen in der Pflegeindustrie, Bronnie.
    Meine natürliche Fähigkeit zur Empathie half mir, meine Arbeit einigermaßen zufriedenstellend zu erledigen, obwohl ich ganz neu war. Ich behandelte Ruth einfach so, wie ich meine eigene Großmutter behandelt hätte, die ich sehr gern gehabt hatte. Ich versorgte sie, indem ich auf ihre jeweiligen Bedürfnisse einging, und lernte Schritt für Schritt, was zu tun war. Die Gemeindeschwester kam alle paar Tage vorbei und fragte mich Dinge, von denen ich nicht die geringste Ahnung hatte. Aber da ich ihr gegenüber ganz ehrlich war, brachte sie mir alles Mögliche über Medikamente, Pflege und Fachausdrücke bei und half mir letztlich enorm.
    Auch die Leute von der Agentur kamen ab und zu mal vorbei. Sie waren glücklich, dass die Kundin glücklich war, und das war’s auch schon, auf Wiedersehen. Sie ahnten nicht, dass ich innerhalb kürzester Zeit emotional und körperlich restlos erschöpft war. Ich bin nicht mal sicher, ob mir das selbst überhaupt schon klar war.
    Ruths Familie war froh, weil ich die alte Dame so verwöhnte. Fußmassagen, Maniküre, Gesichtsmasken und jede Menge netter Gespräche an ihrem Bett bei einer Tasse Tee. Wie gesagt, ich behandelte sie, wie ich meine eigene Großmutter behandelt hätte. Eine andere Art kam mir gar nicht in den Sinn.
    Auch in der Nacht klingelte Ruth mit ihrer Glocke, und sofort kam ich die Treppe heruntergelaufen, um ihr auf den Toilettenstuhl zu helfen. » Oh, Sie sehen einfach glamourös aus « , sagte sie dann immer, wenn ich zur Tür hereinkam. Ihre Auffassung von Glamour bestand darin, dass ich meine Haare nachts manchmal zu einem Knoten zusammensteckte, weil ich vorm Schlafengehen einfach zu müde war, um die Kletten rauszubürsten. Und mein » glamouröses « Nachthemd trug ich nur deswegen, weil meine Mutter es mir aufgedrängt hatte.
    » Du kannst doch nicht im Haus von so einer Dame wohnen und nackt oder in einem alten Fetzen schlafen « , bat meine Mutter. » Bitte, nimm das hier, und versprich mir, dass du es auch wirklich anziehst. « Ich respektierte den Wunsch meiner lieben Mutter und zog das Satinnachthemd an. So glamourös kam ich also vier- bis fünfmal pro Nacht halb schlafwandelnd in ihr Schlafzimmer, versuchte die Augen offenzuhalten und sehnte mich danach, der Erschöpfung zu entkommen. Doch auch am nächsten Tag brauchte Ruth mich von morgens bis abends, und ich hatte kaum Gelegenheit, mal ein paar Stündchen Schlaf nachzuholen. Obendrein nutzte ich die Zeit, in der Ruth ein Nickerchen machte, um die Hausarbeit zu erledigen.
    Sogar wenn sie auf ihrem Toilettenstuhl saß, wollte sie sich unterhalten. Nachdem sie jahrelang ganz allein gewesen war, genoss sie diese hundertprozentige Aufmerksamkeit. Im Grunde war ich ja auch froh über unsere Freundschaft, aber ich hatte wenig Lust, mir um drei Uhr morgens anzuhören, welche Tassen und Untertassen sie vor dreißig Jahren zu dieser oder jener Dinnerparty benutzt hatte, während sie in ihren Toilettenstuhl pinkelte und mein ganzer Körper nach Schlaf schrie.
    Im Laufe der Wochen erzählte mir Ruth von den Jahren an der Bucht, von den Kindern, die unten am Hafen spielten. Milch und Brot wurde von Pferdefuhrwerken geliefert, die durch die stillen Straßen zockelten. Und am Sonntag zogen alle Leute ihre besten Kleider für den Kirchgang an. Ruth erzählte von ihren Kindern und von ihrem lange verstorbenen Mann. Ihre Tochter Heather, die ich ganz reizend fand, kam jeden oder jeden zweiten Tag vorbei und war wie eine frische Brise. Ruths Sohn und seine Familie lebten auf dem Land, und hätte Heather ihren Bruder nicht erwähnt, hätte man seine Existenz nur zu leicht vergessen können. Im Leben seiner Mutter spielte er keine aktive Rolle.
    Heather war für Ruth in den Jahrzehnten ihrer Witwenschaft der Fels in der Brandung. Ruths älterer Bruder James half ebenfalls aus. Er kam jeden Tag zu Fuß von seinem Haus, das ungefähr eine Meile entfernt war. Nach ihm konnte man die Uhr stellen. Und tagein, tagaus trug er

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