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5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

Titel: 5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: e-book LYX
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rauen Wand, an der ich mich abgestützt habe, und drehe mich um. »Geht schon wieder.«
    Keenans vertraute braune Augen sehen mich an. Seine Haare stehen wild vom Kopf ab. Er sieht müde und angespannt aus – und unwiderstehlich wie immer. Bei seinem Anblick muss ich an einen Tag im Bett denken. Mit ihm zusammen, nackt und eng umschlungen.
    »Du hättest das nicht sehen sollen.«
    »Doch. Ich musste.«
    Ein Nicken ist seine Antwort. »Wenigstens wissen wir jetzt, dass es nicht die blauen Eulen waren.«
    »Doch wer war es dann?«
    »Das lass unsere Sorge sein. Wir finden diese Dreckskerle. Du hast uns schon sehr damit geholfen, den richtigen Ritualmord und damit ihre Vorgehensweise herauszufinden.«
    »Die Morde müssen in einem abgeschiedenen, dunklen Gebäude stattfinden. In dem Buch steht, die Frauen wurden in abgedunkelten Häusern verprügelt und bei Kerzenschein, Weihrauch und Gebeten mehrere Tage lang gefoltert und schließlich getötet.«
    »Wir finden sie. Keine Angst. Ich lasse nicht zu, dass dir etwas passiert. Und jetzt beschäftige dich nicht mehr damit. Das ist nicht gut für dich.«
    »Hier geht es nicht nur um mich, verdammt noch mal. Es geht um Anna und Sabrina und um unser ganzes Rudel!«
    Wieder fange ich an zu zittern. Und es dauert nicht lange, bis mir Tränen über die Wangen laufen. Ihre Leichen zu sehen hat mich innerlich zerrissen. Einfach aufgelöst. Doch bevor ich ganz zergehe, nimmt Keenan mich in den Arm. Seine Wärme holt mich zurück in die Wirklichkeit. Ich schnappe nach Luft.
    Ich kann den Anblick von Sabrinas kalten Lippen, auf denen sonst immer ein zartes Lächeln war, nicht vergessen. Die Übelkeit regt sich erneut. Die Schnitte stimmen mit der Beschreibung überein. Doch es ist etwas ganz anderes, darüber zu lesen oder es im Fernsehen zu sehen, als es in echt zu erleben.
    Als ich Anna fand, war es anders gewesen. Es kam so plötzlich: ein kurzer Albtraum, aus dem ich wieder aufgewacht bin. Das werden die beiden nie wieder. Genauso wenig wie ihre Eltern und ihre Familie.
    Ich halte inne. Ich habe kein Recht zu weinen. Kein Recht auszuflippen. Ich lebe. Keenan lebt. Amanda und Maria leben. Meine Familie ist noch am Leben. Ich habe kein Recht, mich so aufzuführen. Ich sollte helfen, meine Rudelgefährtinnen zu rächen, und nicht heulen wie ein kleines Kind.
    Entschlossen wische ich mir die Tränen von den Wangen. Keenan löst sich von mir und sieht mich an: »Hast du dich beruhigt?«
    »Ja.« Ich kann kaum glauben, wie sicher ich klinge.
    »Wirklich?«
    »Ja, alles in Ordnung. »
    Misstrauisch mustert er mich. Doch bevor er etwas sagen kann, öffnet sich die Tür hinter uns. Nach dem Streit im Wald sind Keenan und ich zu mir nach Hause gelaufen, um uns zurückzuwandeln und anzuziehen. Danach sind wir mit Elias, Gabriel, Simon und Katharina nach München in die Klinik gefahren, damit ich mir die Leichen ansehen und meinen Verdacht bestätigen konnte.
    »Ich fahre jetzt zurück. Soll ich euch mitnehmen?« Gabriel lächelt nicht. Niemand tut das.
    »Ich bleibe noch und helfe Elias. Aber bring bitte Lana nach Hause«, sagte Keenan. Und dann an mich gewandt: »Ich komme morgen und schau nach dir.«
    Ich nicke nur, zu schwach, um noch Widerstand leisten zu können. Zu müde, um noch weiter zu streiten.
    »Doch. Doch daran erinnere ich mich noch genau. Du hast nur Kleider getragen. Und Blümchenunterhosen, wie man sehen konnte, wenn es windig war.«
    »Ich war acht Jahre alt, verdammt noch mal!« Ich kann mich vor Lachen kaum noch halten. Auch Gabriel und Simon lachen aus voller Kehle.
    »Achteinhalb.« Simon hört einfach nicht auf, sich auf meine Kosten lustig zu machen.
    Peinlich berührt laufe ich rot an und schlage ihm von hinten auf den Oberarm: »Hör auf mich zu verarschen!«
    »Ich? Dich? Verarschen? Nein, niemals«, entgegnet er. Seine Stimme trieft vor Sarkasmus.
    »Nein, natürlich nicht. Du niemals«, setze ich nach und ziehe einen Schmollmund. Dann lehne ich mich zurück.
    Ich bin mit Simon und Gabriel zurückgefahren. Zuerst war es still gewesen, doch wie immer hat Simon die Situation mit seinem einnehmenden Wesen aufgelockert.
    Seit zwei Jahren habe ich ihn nun schon nicht mehr gesehen. Äußerlich hat er sich sehr verändert. Er ist sogar noch attraktiver geworden, wenn das überhaupt möglich ist. Doch sein Inneres ist gleich geblieben. Es ist, als wäre er nie weg gewesen. Als hätte ich ihn gestern erst gesehen. Als wäre er immer noch mein bester Freund, so wie er es

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