5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)
in meiner Kindheit war.
Doch nun ist er kein Junge mehr. Er ist ein netter, gut aussehender Mann mit einem warmen Lächeln und einem Charme, dem alle zu erliegen scheinen. Ich konzentriere mich wieder auf das Gespräch.
»Wie lief es in Hamburg?« Gabriel klingt nun wieder ernst. Sachlich, so wie ein Krieger es sein sollte.
»Scheiße. Der Idiot hat einfach abgelehnt. Und als ich seiner Spur folgte, um ihm eine zweite Chance zu geben und ihn vielleicht doch noch zu überreden, fand ich ihn aufgeschlitzt in einer Gasse.«
»Wieso das?«, frage ich schockiert.
»Er kam zu nah an das Revier der roten Luchse, die gerade zwei Junge bekommen hatten und einen herumstreunenden Leoparden nicht gebrauchen konnten.«
»Der arme Hund.«
»Selbst schuld. Er wollte sich ja nicht helfen lassen.«
Gespannt höre ich zu, als Simon noch von ein paar weiteren seiner Fälle in Hamburg berichtet. Leider ging keiner gut aus.
»Ist es okay, wenn ich euch da vorne rauslasse und ihr den Rest nach Hause lauft? Ich muss noch mal zum Hauptquartier und ein paar Sachen regeln.«
»Ja, klar«, sagen Simon und ich gleichzeitig.
Wir steigen aus. Während Simon die Autotür zuschlägt, ruhen seine Augen auf mir. »Ich bringe dich nach Hause.«
Ich ziehe eine Augenbraue hoch. »Ich finde schon allein nach Hause. Außerdem kann ich selbst auf mich aufpassen. Das kannst du auch gerne Keenan und seinem Busenfreund Gabriel sagen.«
»Weiß ich doch. Aber ich nicht. Außerdem habe ich deine Hütte noch nie gesehen.«
»Na, dann los.« Wir lachen beide.
»Und was war bei dir so los die letzten zwei Jahre? Ich habe gehört, du hast dein Abitur gut bestanden.«
»Was heißt gut? Aber ja, ich habe bestanden. Woher weißt du das?«
»Maria.«
»Die alte Tratschtante.« Wieder lachen wir.
»Wie ist deine Ausbildung so?«
»Ganz gut. Aber reden wir nicht nur von mir. Ich meine, du bist jetzt offizieller Vermittler der schwarzen Leoparden.«
Simon nickt nur bescheiden. »Ich habe dich vermisst.«
Seine Antwort bringt mich ins Straucheln. In Verlegenheit. Weiß er denn nicht, dass ich Keenans Gefährtin bin? »Das kommt davon, wenn man nie zu Hause ist. Macht dir das denn nichts aus?«
»Was soll mir etwas ausmachen?«
»Immer auf Reisen zu sein. Kein richtiges Zuhause zu haben.«
»Es ist schön, immer unterwegs zu sein. Für meine Katze bedeutet es Freiheit. Außerdem habe ich ja ein Zuhause hier. Bei meinem Rudel. Bei dir.«
Wieder so eine Bemerkung. Eigentlich sollte ich ihn darauf hinweisen, dass ich für immer vergeben bin, doch stattdessen sage ich: »Ja, du hast uns auch gefehlt«, und fühle mich schlecht. Meine Gepardin faucht. Im Stillen rechtfertige ich mich damit, dass ich so etwas noch nie von einem Mann gesagt bekommen habe. Ein strahlendes Lächeln mit blendend weißen Zähnen ist meine Belohnung für die Schmeichelei.
»Wir sind da«, sage ich und zeige auf mein Heim. Ich schließe die Tür auf und bitte Simon herein. Es fühlt sich seltsam an, einen anderen Mann in mein Haus zu lassen. Irgendwie bereitet es mir Bauchschmerzen. Es ist doch nur Simon, rede ich mir gut zu. Ein alter Freund. Ein ehemaliger Schulkamerad.
»Genauso habe ich mir dein Zuhause vorgestellt.« Er reißt mich aus meinen Gedanken.
»Wieso? Wie hast du es dir denn vorgestellt?«
»Heimelig. Kreativ und modern.«
»Ich nehme das mal als Kompliment.«
»Das solltest du auch.«
Nun sieht Simon mich an. »Ich habe gehört, dass du dich mit Keenan verbunden hast. Doch du riechst nicht nach ihm. Obwohl sein Geruch hier überall zu finden ist.«
Ich halte kurz die Luft an, dann atme ich aus und antworte: »Er ist mein Gefährte, ja, aber wir haben uns noch nicht verbunden. Deshalb rieche ich nicht nach ihm und er nicht nach mir.«
»Wieso nicht?«
»Ich weiß es nicht. Das musst du Keenan fragen.«
Simon runzelt die Stirn und kommt auf mich zu. Ich trete einen Schritt zurück.
»Du solltest jetzt gehen.«
Er zögert kurz, doch dann … »Gute Nacht, Lana.«
»Gute Nacht, Simon.«
7
Am nächsten Tag wache ich früh auf. Zu früh. Doch ich bin nicht die Einzige. Um kurz nach acht höre ich Schritte, die sich meinem Haus nähern, und nur zwei Minuten später steht eine nackte Maria in meinem Wohnzimmer. »Gib mir bitte etwas zum Anziehen, Liebes.«
Ich reiche ihr eine alte Jogginghose und ein graues T-Shirt. »Hier.«
»Danke.« Schnell schlüpft sie hinein und schließt mich dann fest in die Arme. »Du Dummerchen. Amanda hat mir alles
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