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5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition)

Titel: 5 Jahre - 5 Geschichten: Die besten Storys aus dem LYX-Schreibwettbewerb (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: e-book LYX
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wenn Axt auf Holz trifft und es spaltet.
    Toms Hütte liegt zwischen meiner und Amandas. Ich fahre also oft hier vorbei, und eigentlich ist es nichts Ungewöhnliches, ihn draußen beim Holzhacken zu sehen. Doch heute ist es anders. Seine Bewegungen gleichen nicht denen eines alten, zufriedenen Mannes. Verzweiflung und unstillbarer Zorn liegen in der Luft. Aggressiv schlägt er immer wieder zu. Vielleicht sollte ich einfach weiterfahren und ihn in Ruhe lassen. Doch irgendetwas sagt mir, es nicht zu tun.
    Tom sieht auf, als mein Wagen anhält. Langsam lässt er die Axt sinken und wendet mir den Kopf zu. Schweiß glänzt auf seinen Schultern, und sein Körper zittert leicht von der Anstrengung. Ich atme tief aus. Eigentlich habe ich keine Zeit, doch Tom sieht nicht so aus, als könnte man ihn in diesem Zustand alleine lassen. Vorsichtig steige ich aus und gehe auf ihn und seine Hütte zu. »Hallo Tom.«
    »Hallo Lana. Kann ich dir irgendwie helfen?«
    »Das wollte ich dich auch gerade fragen«, entgegne ich selbstsicher, obwohl ich mich überhaupt nicht so fühle.
    Tom ist ein netter fünfzigjähriger Mann, eines der stärksten Männchen im Rudel. Und eines der größten. Doch ich kenne ihn nicht wirklich, weswegen ich mich ein bisschen eingeschüchtert fühle.
    Tom sieht mich prüfend an. »Keenan ist vor ein paar Minuten hier vorbeigefahren. Er wartet bestimmt schon auf dich.«
    »Ich bin nicht sein Hündchen, das ihm hinterherläuft, wenn er pfeift.«
    »Aber du bist seine Gefährtin … auch wenn er dich nicht so behandelt.« Breitbeinig steht Tom da und mustert mich mit zusammengekniffenen Augen. Angriffslustig. Er möchte mir Angst machen, mich verscheuchen, denke ich und sage: »Ich weiß nicht, was du meinst.«
    Ein gehässiges Lachen. Dann dreht er sich um, legt ein neues Scheit auf und hackt darauf ein. Als das Metall das Holz spaltet, zucke ich zusammen.
    »Ihr könnt den anderen vielleicht etwas vormachen, aber nicht mir. Der Schmerz, den seine Ablehnung verursacht, steht in deinen Augen.«
    »Genauso wie in deinen.« Offenbar habe ich ins Schwarze getroffen, denn Tom hält inne und dreht sich wieder zu mir um. Stützt sich mit einem Arm an der Axt ab, die aufrecht im Holz steckt. Dann fängt er an zu lachen. Nicht gehässig, sondern echt. Ein echtes, erfrischendes Lachen.
    »Feuer unterm Hintern hast du, das muss man dir lassen.«
    »Ich habe mein Feuer noch, und an wen hast du deins verloren?«
    Er dreht sich wieder um und schlägt ein weiteres Mal auf ein Holzscheit ein. »Ella.«
    »Unsere Ella?«, frage ich erstaunt.
    Ich gehe um Tom herum und lehne mich an eine Tanne, die ihm gegenüber steht. Eine kleine Distanz liegt zwischen uns, doch sie gibt ihm den Raum, den er braucht, um von alleine sprechen zu wollen. »Ja. Unsere Ella.« Ella ist eine sehr bekannte Malerin in Deutschland und ein dominantes Weibchen in unserem Rudel.
    »Aber sie ist doch Lukas’ Gefährtin.« Lukasist auch ein Wächter, genau wie Tom es vor zwei Jahren noch war.
    »Das war sie aber nicht immer.«
    Ich erinnere mich an ein Ereignis, als vor ein paar Wochen Jugendliche unseres Rudels einen Streich auf eine Clique von jungen Menschen plante. Zu ihrem Unglück wurden sie erwischt. Ellas älterer Sohn war auch darunter gewesen. Keenan und ein paar andere Wächter brachten die Schlitzohren nach Hause, während eines Rudeltreffens. Sie bekamen vor allen von ihren Müttern ihre gerechte Strafe und schämten sich zu Tode. Ich erinnere mich genau an den vierzehnjährigen Jungen mit den großen Sommersprossen auf der Nase, der von seiner ebenfalls sommersprossigen Mutter an den Ohren aus dem Hauptquartier gezogen wurde. Ella hat schwarze Haare, einen super Körper für eine zweifache Mutter und ist immer schick angezogen. Sie besitzt eine große, berühmte Galerie in München.
    Tom reißt mich aus meinen Gedanken, als er weitererzählt: »Wir waren beide siebzehn, als wir uns kennenlernten. Ihr damaliges Rudel hat sich unserem angeschlossen, und ich habe mich sofort in sie verliebt.« Eine kleine Pause, in der er ein neues Holzscheit bereitlegt. »Bei ihr hat es etwas gedauert, doch schließlich konnte ich sie überreden, mit mir auszugehen. Sie war die Liebe meines Lebens. Hättest du mich damals gefragt, hätte ich gesagt, dass sie meine Gefährtin ist. Ich war mir so sicher.« Verbitterung liegt in jedem Wort.
    »Und dann?«
    »Und dann kam Lukas. Er war ein Einzelgänger gewesen und vom damaligen Vermittler, Simons Vater, zu unserem

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