50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
kann.“
„Ah, du fürchtest dich!“
Hiluja hatte die Arme über der Brust gekreuzt und stand hoch aufgerichtet vor ihm. Das Sternenlicht fiel wie flüssiges Silber auf sie herab. Sie hatte das Aussehen einer Venusstatue, in die Allah plötzlich menschliches Leben gehaucht hat. Er wandte den Blick von ihr ab, sonst hätte er sich nicht länger zu beherrschen vermocht, und sagte in bitterem Ton:
„Fürchten? Das glaubst du doch selbst nicht.“
„Ich glaube es nicht nur, sondern ich bin sogar davon überzeugt. Du fürchtest dich, mir den Namen derjenigen zu sagen, die du liebst. Gestehst du das?“
„Nein. Du irrst. Damit du aber siehst, daß ich nicht feige und mutlos bin, will ich dir alles sagen.“
Jetzt hatte Hiluja sich wieder voll ihm zugewandt.
„Ja, sage es“, nickte sie. „Es ist besser, wenn du Vertrauen zu mir hast.“
„Ich werde mich aber um das deinige bringen.“
„O nein; das wirst du stets besitzen, obgleich – ich dir eigentlich zürnen und nicht mit dir sprechen sollte.“
„Ah! Warum?“
„Weil du dich seit jenem ersten Tag in Kairo gar nicht mehr um mich gekümmert hast. Du hast ganz so getan, als ob ich nicht mehr vorhanden sei.“
„Du hast dich getäuscht. Ich hatte noch nie ein Mädchen gesehen, welches ich mit dir vergleichen konnte. Du warst in mein Leben eingetreten wie ein Stern, der einzig und allein am dunklen Himmel steht. Kann der arme Sterbliche die Hand nach einem Stern ausstrecken? Nein, das wäre Wahnsinn. Er würde ihn ja niemals erreichen und ergreifen können. Darum blieb ich in Demut fern von dir; aber ich betete zu meinem Stern und ich weiß, daß er das einzige Licht meines Lebens ist. Wenn es mir verschwindet, so wird es finstere Nacht um mich sein bis zum letzten Augenblick meines einsamen Daseins. Ich habe dich so unaussprechlich lieb. Der Gedanke an dich ist die einzige Nahrung, von der jetzt meine Seele lebt. Ja, du bist es, von der ich vorhin sprach, als ich von meiner Liebe redete. Das will ich dir gestehen, damit du mich nicht länger für einen Feigling hältst. Aber indem ich es dir sage, weiß ich auch, daß mein Stern nun untergeht. Wäre ich von Allah mit Macht und Reichtum gesegnet, so legte ich dir alle meine Macht und alle meine Schätze zu Füßen. Du solltest auf Diamanten und Rubinen wandeln, und alle meine Untertanen müßten im Staub vor dir liegen. Für dich wäre mir nichts zu hoch und nichts zu tief. Du bist so schön, so herrlich, daß – o Allah, Allah!“
Von der Größe seines Gefühles übermannt, wandte Hilal sich schnell ab.
Hiluja konnte es nicht sehen, aber sie hörte es seiner Stimme an, daß ihm die Bangigkeit des Schmerzes aus der erregten Seele in die Augen getreten war. Da schritt sie zu ihm heran, umschlang ihn mit den Armen und sagte in mildem Ton:
„Nun, denkst du noch, ich zürne dir?“
„Ja, du mußt es ja. Bestrafe mich; bestrafe meine Verwegenheit! Dennoch aber werde ich dich ewig, ewig lieben.“
„Ja, ich werde diese Verwegenheit bestrafen. Du hast mich beleidigt. Du hast mir Namen gegeben, die ich nicht dulden darf. Du hast mich sogar deinen Stern genannt!“
„Meinen einzigen.“
„Gibt es wirklich keinen anderen?“
„Nein. Der Himmel des Menschenherzens braucht nur einen Stern; erlischt dieser, dann wird es ewig Nacht.“
„Und dennoch wendest du dich von mir ab? Kann dir ein Stern leuchten, wenn du nicht nach ihm blickst?“
„Du sprachst von Strafe?“
„Nein, du! Aber da du einmal Strafe haben willst, so sollst du sie auch sofort erhalten. Horch!“
Sie legte ihm plötzlich die Arme um den Nacken, näherte ihren Mund seinem Ohr und flüstere ihm zu:
„O Hilal, wie habe ich dich so un – un – unaussprechlich lieb!“
Das klang wie Sphärenmusik erlösend an sein Ohr. Von den warmen Armen, die ihn umschlangen, und dem vollen Busen, den er an seinem Herzen fühlte, drang eine Wärme zu ihm über, die ihn wie ein magnetischer Strom durchflutete. Es durchrauschte ihn wie ein Fieber; es brauste ihm durch das Hirn; sein Herz schien zerspringen zu wollen. Er ließ die Arme herabhängen und stand ohne Bewegung, als ob der Schlag ihn getroffen habe.
„Hast du es gehört?“ flüsterte sie fragend und sich noch inniger an ihn schmiegend.
Oh, er hatte es allerdings gehört; sein ganzes Gehör war ja nur auf ihre Worte gerichtet gewesen, so daß es ihm entgangen war, daß gerade jetzt der Hufschlag eines nahenden Reiters sich von unten herauf vernehmen ließ. Sein Bruder
Weitere Kostenlose Bücher