50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Sand?“
„Spuren gibt es allerdings nicht, weil der Wind jeden Tapfen wieder verweht; aber dennoch sind durch die Unwegsamkeit der See und der Wüste strenge Linien gezogen, auf denen sich dort die Schiffe und die Karawanen bewegen. Was wir hier sehen, ist jedenfalls eine Karawane. Anders kann es gar nicht sein.“
„Doch nicht etwa eine feindliche!“
„Schwerlich. Dennoch aber ist Vorsicht in allen Lagen gut. Steigen wir wieder in den Sattel. Wir wollen uns die Karawane doch einmal ansehen.“
Sie galoppierten der angegebenen Richtung entgegen. Die Punkte, aus denen die erwähnte Linie bestand, wuchsen; sie wurden größer und immer größer, bis die beiden Reiter deutlich unterscheiden konnten, daß es Kamele seien, eins hinter dem anderen, das Halfter des nachfolgenden immer an den Schwanz des vorhergehenden gebunden. Voran schritt der Scheik el Kaffilah, der Führer der Karawane. Dieser reitet fast nie; er geht stets zu Fuß, mit dem scharfen Auge immer am Horizont vorn und am Sand zu seinen Füßen hängend. Bei einer Eilkarawane reitet natürlich auch er.
Die beiden Deutschen zählten nicht weniger als hundertundzwanzig Kamele. Die größte Zahl derselben waren Pack- und nur etwa zwanzig waren Reitkamele. Ein Pferd gab es nicht dabei. Das war ein sicheres Zeichen, daß diese Leute von sehr weit her kamen.
Die zwei Freunde waren natürlich auch bemerkt worden. Der Führer hielt an. Einige Reiter zweigten sich ab und kamen den Deutschen entgegen. Es waren dies lange, hagere, sonnenverbrannte Gesellen mit scharfgezeichneten, dünnbärtigen Gesichtern, echte Söhne des Sonnenbrandes. Als sie näher gekommen waren, hielt der vorderste an und stieß einen Ruf der Überraschung aus, der wie der Raubschrei eines Geiers klang. Die anderen stimmten ein.
„Salam aaleïkum!“ grüßte er.
„Aaleïkum salam!“ erwiderten die beiden.
„Ihr seid Beni Sallah?“
„Nein.“
Der Mann stutzte, sagte seinen Begleitern einige kurze, halblaute Worte, und im nächsten Augenblick waren Steinbach und Normann von ihnen umringt. Das war eine offenbar feindselige Bewegung. Als man dies bei der Karawane bemerkte, eilten sofort noch mehr als ein Dutzend andere Reiter herbei.
Das sah sehr gefährlich aus. Die beiden Deutschen hatten ihre Büchsen nicht mit, während die Fremden bis an die Zähne bewaffnet waren. Dennoch bewahrten die ersteren ihren Gleichmut. Steinfach fragte:
„Was wollt ihr von uns?“
„Ihr seid Räuber“, antwortete der Anführer.
„Warum vermutet ihr das?“
„Willst du etwa leugnen? Hier meine Kamelpeitsche wird dich leicht zum Geständnis bringen.“
„Laß die Peitsche fort und sag lieber, aus welchem Grund ihr uns für Räuber haltet.“
„Ihr reitet geraubte Pferde.“
„Das klingt seltsam. Es pflegt unmöglich zu sein, eine echte Kohelistute zu rauben.“
„Aber diese sind geraubt. Ihr habt sie den Beni Sallah entführt. Wir werden sie ihnen wiederbringen.“
„Dagegen haben wir nichts.“
„Wie? Ihr wollt euch nicht verteidigen?“
„Nein.“
„Euch gutwillig gefangengeben?“
„Ja.“
„Das wird eine Heimtücke sein. Wir aber werden uns nicht von euch betrügen lassen.“
„Es fällt uns gar nicht ein, euch zu betrügen. Wollt ihr zu den Beni Sallah?“
„Ja.“
„Wir sind deren Gäste und werden euch begleiten.“
Da flog ein Zug von Ärger über das Gesicht des Anführers. Er sah ein, daß er einen bedeutenden Fehler begangen hatte. Als ehrlicher Beduine zögerte er aber keinen Augenblick, ihn einzugestehen:
„Verzeihung! Ihr sagtet, daß ihr keine Beni Sallah seit, und rittet doch die besten Pferde derselben; es war also leicht, euch für Pferdediebe zu halten.“
„Kennt ihr denn diese Pferde so genau?“
„Ja; sie wurden bei uns geboren und erzogen.“
„Das ist wohl ein Irrtum.“
„Nein, ich sage die Wahrheit.“
„Dann gehörtet ihr ja zu dem Stamm der Beni Abbas, der in weiter Ferne von hier wohnt!“
„Wir sind Beni Abbas und kommen, die Beni Sallah zu besuchen. Dort in der Sänfte sitzt unser Scheik.“
Der Anführer deutete nach einem Kamel, das eine kostbare Sänfte trug. Zwischen den auseinandergezogenen seidenen Vorhängen der letzteren blickte ein ehrwürdiges, graubärtiges Gesicht herüber.
„Wie? Ist's wahr? Der Vater von Badija und Hiluja?“ rief Steinbach erfreut.
„Ja. Der Vater von Badija ist er; der Vater von Hiluja aber war er.“
„Wieso?“
„Hiluja ist tot, ermordet von den Tuaregs. Wir aber haben sie
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