50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
lebte! Wenn es nicht ermordet, sondern gerettet worden wäre! Besinne dich, besinne dich, o Fremdling! Sage mir, ob du weiter nichts erfahren hast!“
„Ich würde es verschweigen, selbst wenn ich mich besinnen könnte.“
„Verschweigen? Warum?“
„Ich sehe, in welcher Aufregung du dich befindest. Deine Augen glühen, und deine Knie zittern. Deine Stimme bebt, und deine Stirn färbt sich dunkler. Das Blut steigt dir in den Kopf. Wenn ich mehr wüßte, wenn ich weitersprechen könnte, so müßte ich befürchten, daß meine Worte dich überwältigen möchten.“
„Nein, nein! Ich lasse mich nicht überwältigen. Ich bin stark; ich kann alles ertragen, alles! Sprich weiter!“
Der Scheik streckte Steinbach beide Arme bittend entgegen. Dieser aber antwortete zurückhaltend:
„Ich kann dir wirklich weiter nichts sagen, gar nichts, als – ah, da fällt mir noch etwas ein!“
„Was? Was? So rede doch!“
„Ja, man hat von dem Stamm gesprochen, nach welchem du mich fragst. Es wurde von ihm erzählt. Unter den Kriegern dieses Stammes soll sich einer befinden, ein Riese wie Simson stark, aber auch hinterlistig.“
„Ein Riese, ein Riese! Hört ihr es, ihr Männer? Oh, sage mir, ob man seinen Namen genannt hat!“
„Ja; er lautete Fa – Fa – Fa –, ich kann mich doch nicht so genau besinnen.“
„Falehd etwa?“ sagte, nein rief, nein schrie der alte Scheik förmlich.
„Falehd. Ja, so lautete der Name.“
„Allah illa Allah! Wie wird mir denn! Es ist mir, als ob sich der Himmel öffne, als ob die Seligen herniederstiegen, um mir die Botschaft zu verkündigen, daß Allah mir meine Tochter wiedergeschenkt habe! Weißt du von diesem Falehd nichts Genaueres?“
„Er soll der Bruder des Scheiks sein.“
„O Gott! O Beherrscher, o Gnädiger und Allbarmherziger! Welche Worte höre ich!“
„Kennst du denn vielleicht einen Riesen, der Falehd genannt wird?“
„Ob ich einen kenne? Das fragst du? Natürlich kenne ich einen. Er war es ja, der zu uns kam, um meine Tochter für seinen Bruder zu begehren. Es stimmt, es stimmt alles! Hiluja ist gerettet worden! O Allah, Allah! Aber wo ist sie? Wo finde ich sie? Wenn Gott mir das Glück verleiht, mein Kind lebend wiederzusehen, so gelobe ich, die Hälfte meiner Herden unter die Armen unseres Stammes zu verteilen! Sage mir, o Fremdling, ob ihr nicht vielleicht doch noch ein Unglück begegnet ist!“
„Wenn dieses Mädchen wirklich Hiluja, deine Tochter, war, so kann ich dich trösten. Der Retter ist mit ihr auf ein Schiff gegangen, um nach Ägypten zu fahren. Von Kairo aus wollte er sie dann zu dem Stamm ihrer Schwester bringen. Das Schiff war ein Dampfschiff, so daß die Reise wohl sehr schnell und auch glücklich gegangen ist.“
„Aber von Ägypten dann in die Wüste, das ist gefährlich, sehr gefährlich!“
„Der Retter war ein Freund des Vizekönigs, der wohl dafür gesorgt hat, daß auch dieser Teil der Reise ohne Unfall beendet werden konnte.“
„Das ist Balsam für mein Herz und Tau für meine vertrocknete Seele. Sagt, ihr Männer, was meint ihr, was denkt ihr? Ist Hiluja die Gerettete?“
„Sie ist es, sie ist es!“ ertönte es rund im Kreis.
„Ja“, sagte Normann jetzt, zum ersten Male das Wort ergreifend, „es ist wahrscheinlich, daß sie es ist.“
„Warum? Warum? Hast auch du davon gehört?“
„Auch ich war dabei, als davon erzählt wurde. Jetzt besinne ich mich ganz genau, daß das gerettete Mädchen Hiluja geheißen hat und eine Tochter der Beni Abbas war. Ich weiß es ganz genau.“
Da stieß der alte Scheik einen lauten Jubelruf aus.
„O Allah, Allah! O Kadidscha, du Freundin und Versorgerin des Propheten! Du bist die Heilige unter den Weibern und die Beschützerin der Frauen. Du hast deine Hände gehalten über meine Tochter, daß sie errettet worden ist vom Tod und von der Sklaverei! Ihr Männer, ihr Freunde und Verwandten, beugt eure Knie mit mir, um Allah zu danken für die Kunde, die er mir aus dem Munde dieser Fremdlinge gesandt hat!“
Er kniete nieder, und augenblicklich folgten die anderen seinem Beispiel.
Die Ansicht der meisten Christen über die Moslems ist eine durchaus irrige. Der Anhänger des Islams ist fromm. Seine Frömmigkeit hat etwas von der Glut der Wüste; sie ist eine fanatische. Er läßt keine Gelegenheit vorübergehen, mit Allah zu sprechen. Er überwindet dabei alle Schwierigkeiten. So zum Beispiel sind ihm tägliche Waschungen vorgeschrieben. Er hält sie genau und pünktlich
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