50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
gesagt, daß sie heute abend herauf zu ihrer Tochter geschafft werden soll, um in die Pflege derselben zu kommen. Vorher will er mit Tschita und Zykyma einen Spazierritt unternehmen.“
„Wohin?“
„Zufälligerweise weiß ich das, da ich sie begleiten muß. Es soll hinaus nach dem Bade l'Enf gehen.“
„Das ist ein Seebad. Was will er da mit ihnen?“
„Ich weiß es nicht. Er verfolgt den einzigen Zweck eines Spazierrittes; er will ihnen eine Freude machen, so daß sie gute Laune bekommen und freundlicher gegen ihn sind als bisher. Denn er hat noch nicht ein einziges Lächeln auf ihren Lippen zu sehen oder ein freundliches Wort aus ihrem Mund zu hören bekommen.“
„Das mag sein. Hat er vielleicht gesagt, wann er zurückkehren würde?“
„Nein. Aber es läßt sich denken, daß er bereits vor der Nacht wieder da sein wird.“
Diese Voraussetzung war allerdings sehr falsch.
Daß Said das nicht wußte, lag daran, daß er nicht der Vertraute des Paschas war. Der Derwisch war da viel besser unterrichtet als der kleine, brave Arabadschi. – – –
Als der Derwisch Normann und Wallert gesehen hatte und nach dem Haus gegangen war, um zunächst zu erfahren, ob etwas Besonderes geschehen sei, hatte er zunächst den Wächter des Gartens befragt. Die Antwort desselben hatte ihm zu denken gegeben, und er ließ daher eine Papierlaterne anbrennen und, unter Vermeidung allen Aufsehens, den Garten untersuchen.
Dabei wurden denn auch die Spuren der beiden Freunde entdeckt.
Jetzt begab er sich schleunigst zu dem Pascha, der noch nicht zur Ruhe gegangen war, da er soeben erst den Bericht Saids entgegengenommen und diesen dann verabschiedet hatte. Derselbe wunderte sich nicht wenig, den Derwisch noch so spät bei sich zu sehen. Seine Verwunderung aber wurde zur Bestürzung, als er hörte, wen dieser gesehen habe.
„Wallert! Der Bruder Tschitas!“ stieß er hervor. „Das ist nicht möglich!“
„Soll ich etwa meinen Augen nicht trauen?“
„Dennoch irrst du dich!“
„Oder auch meinen Ohren nicht? Ich hörte sie sprechen.“
„So müssen sie gleich nach uns Konstantinopel verlassen haben. Sollten sie etwa gar auf der Jacht ihres Freundes, des Engländers, hier angekommen sein?“
„Das ist möglich.“
„Man muß sich davon überzeugen. Ich werde sogleich ein Pferd nehmen und nach dem Hafen reiten, um zu forschen, ob diese Jacht etwa vor Anker liegt.“
„Du wirst sehr vorsichtig sein müssen.“
„Ich berühre die Stadt gar nicht, sondern ich reite um sie herum.“
„Wäre es nicht besser, vorher die Rückkehr meines Gefährten abzuwarten, damit wir erfahren, wo diese beiden Menschen ihre Wohnung aufgeschlagen haben?“
„Ja, das wollen wir.“
„Die Wächter werden dann während unserer Abwesenheit doppelt aufpassen müssen.“
„Das ist nicht nötig. Der Tag ist nahe, die Halunken werden jetzt nicht zurückkehren, und wir dürfen den Mädchen auch nicht durch eine so verschärfte Wachsamkeit verraten, daß wir alles wissen. Also du meinst, daß einer von ihnen oben gewesen ist?“
„Ganz gewiß. Ich erkannte seine Stapfen im Sand. Und oben stand der eine Laden offen.“
„Tausend Teufel! So ist wohl gar die Flucht verabredet worden! Was meinst du?“
„Was sonst? Vielleicht wissen sie jetzt sogar, daß sie Geschwister sind. Ein Glück, daß die Stumme nicht auch mit oben war. Da wäre wohl die Flucht schon bewerkstelligt worden.“
„Nun möchte ich auch glauben, daß diese Schurken in Konstantinopel bei mir im Garten gewesen sind.“
„Das läßt sich mit Bestimmtheit vermuten.“
„Vielleicht haben die Mädchen schon dort entführt werden sollen; wir aber sind noch im letzten Augenblick dazwischengekommen. Wie aber war es ihnen nur möglich, über das Wasser und die hohen Mauern in den Garten zu gelangen?“
„Wer weiß es! Vielleicht haben sie einen Helfershelfer.“
„Hölle und Tod! Wohl etwa hier auch!“
„Ich möchte es glauben. Wie wäre es ihnen sonst so schnell gelungen, unseren Aufenthalt zu entdecken?“
„Wer sollte es sein?“
„Ich nicht!“
„Ich natürlich auch nicht. Von den beiden Wächtern ist es auch keiner, denn ihnen sind sie ganz unbekannt. So bliebe also nur Said, der Arabadschi, übrig.“
„Ich wüßte keinen andern.“
„Aber gerade ihm möchte ich nicht mißtrauen. Sollten hinter seinem offenen, ehrlichen Gesicht die Lüge und der Verrat stecken? Das ist unmöglich.“
„So begreife ich dich nicht. Gerade solchen
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