50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
befürchten hatte, und stieg dann in den Sattel.
Nun hätte er im Galopp fortreiten können oder sollen, er tat es aber nicht. Der Grimm, den er gegen seine früheren Stammesangehörigen im Herzen trug, ließ ihn nicht so schnell weiter. Er wollte und mußte sehen, daß sie vernichtet wurden.
Darum ritt er nur eine Strecke fort, dem Lager entgegen, aber seitwärts, so daß er mit niemand zusammentreffen konnte. Dann stieg er wieder aus dem Sattel und blieb, an das Pferd gelehnt, halten.
Minute auf Minute verging. Im Osten begann das Blau des Himmels sich zu entfärben, es wurde matter und matter, endlich gelblich weiß, und nun konnte man bereits auf eine ziemliche Entfernung hin einen nicht gar zu kleinen Gegenstand erkennen.
Das war die Zeit, in der Hilal mit seinen Kundschaftern zurückgekehrt war. Er hatte in der Nähe Steinbachs Platz genommen und lag, ganz wie dieser, auf der Erde. Die Leute hielten die Blicke scharf nach vorwärts gerichtet. Es wurde sehr schnell heller. Bereits konnte man auf hundert, dann auf tausend Schritt weit sehen. Da endlich ließ sich weit draußen eine wirre Masse von Gestalten erkennen.
„Aufgepaßt!“ flüsterte es von Mann zu Mann.
Die Beni Suef nahten, aber nicht etwa in einer geordneten Kolonne, sondern ganz ordnungslos in einem Haufen. Sie kamen gerade auf die Mitte der Verteidigungslinie zu. Ahnungslos, welchem Schicksal sie entgegengingen, marschierten sie durch den Sand. Das Lager war noch nicht zu erblicken. Aber jetzt sahen sie etwas, nämlich eine hohe, breitgebaute Männergestalt, die stolz aufgerichtet auf einer Düne stand und ihnen entgegenschaute.
Sie blieben halten und berieten sich.
„Verdammnis über diesen Hund!“ sagte Omram zu dem Scheik. „Was will der Kerl außerhalb des Lagers? Er verdirbt uns alles.“
„Schießen wir ihn nieder!“
„Das macht Lärm. Der Schuß würde das ganze Lager alarmieren. Versuchen wir es nicht lieber mit List?“
„Meinetwegen. Ich glaube aber, es wird vergeblich sein.“
„Vielleicht ist es gar kein Beni Sallah.“
„Das ist möglich. Der Riese ist doch bei uns, und außer diesem gibt es keinen so großen, starken Mann unter ihnen. Rufen wir ihn also einmal an!“
Omram legte die Hand an den Mund:
„Sabakha bilcheer – guten Morgen!“
„Mihi sabah – Gott gebe dir hundert Morgen!“ antwortete Steinbach.
„Mehn hua – wer bist du?“
„Ana hua – ich bin es.“
„Wie ist dein Name?“
„Masr-Effendi.“
„Daß ihn die Hölle hole!“ meinte Omram erschrocken zu dem Scheik. „Es ist jener Deutsche. Habe ich es dir nicht gesagt, daß er zu fürchten sei?“
„Rufe ihn her! Vielleicht kommt er, und dann machen wir ihn im stillen kalt.“
„Komm einmal her!“ rief jetzt Omram.
„Warum?“
„Wir möchten mit dir sprechen.“
„So kommt ihr her zu mir! Wer seid ihr?“
„Wir sind ein Ferkah des Stammes Beni Sallah.“
„Was wollt ihr hier?“
„Unsere Brüder besuchen.“
„So seid ihr auf dem richtigen Weg. Aber wie kommt es, daß ihr sechshundert Mann stark auf Besuch kommt?“
„Wir wollen eine große Fantasia aufführen.“
„So kommt! Seid ihr aber keine Beni Sallah, so nehmt euch in acht.“
„Warum?“
„Ihr würdet nicht weit kommen.“
„Warum sprichst du so aus der Ferne zu uns? Hast du keine Beine oder keinen Mut?“
„Ich habe beides, dir aber fehlt der Mut, sonst würdest du nicht stehenbleiben. Und noch ein anderes fehlt dir, nämlich die Vorsicht. Warum hast du vorgestern abend dein Messer verloren?“
„Mein Messer?“
„Ja, als du mit Falehd, dem Riesen, sprachst!“
„Ich weiß nichts davon.“
„Lüge nicht! Omram, der Beni Suef, sollte sich schämen, eine Unwahrheit zu sagen.“
„Allah 'l Allah! Hältst du mich für Omram?“
„Ja.“
„So ist dir dein Verstand abhanden gekommen.“
„Er ist noch vollständig vorhanden. Der andere, der neben dir steht, ist der Scheik der Beni Suef.“
„In die Hölle mit ihm! Er kennt uns!“ sagte Omram zum Scheik. Und lauter fuhr er fort: „Deine Augen täuschen sich.“
„Sollten sie sich jetzt täuschen, da es hell wird, und ich euch gestern gesehen habe, da es dunkel war?“
„Wo?“
„Im Ferß el Hadschar, als ihr beide nach den Töchtern des Windes gingt und den Plan des Überfalls bespracht.“
„Hörst du es, Scheik? Er weiß alles!“ knirschte Omram. „Er ist als Spion dagewesen und hat uns belauscht. Ich hatte recht, als ich meinte, daß er zu fürchten sei. Nun
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