50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Fäustchen nach der Gurgel und sprang nach der Zimmerecke. Mit einem jubelnden Schrei bückte sie sich dort auf den Teppich nieder, hob blitzschnell den kleinen Revolver auf, der ihr bereits einmal als Schutz gegen den Riesen gedient hatte, und streckte ihn dem Angreifer entgegen.
Der Riese, der soeben schnell nach ihr fassen wollte, fuhr beim Anblick der Waffe zurück.
„Hündin! Willst du beißen?“ rief er.
„Ja, ich beiße! Fort mit dir!“
Ihr ganzer, gewöhnlicher Mut war wieder über Badija gekommen, und sie trat sogar einen Schritt auf ihn zu. Da grinste er ihr verächtlich entgegen, verschränkte die Arme über der Brust und sagte:
„Mit diesem Ding willst du mich töten?“
„Ja, wenn du nicht augenblicklich gehst.“
„Du bist verrückt! Dieses winzige Ding und der Riese Falehd!“
„Eine einzige Kugel tötet dich!“
„Meinetwegen! Aber wenn du mich wirklich triffst, so habe ich, ehe ich umfalle, noch Zeit, dich zwischen meinen Fäusten zu zermalmen. Sage mir, wie ihr von dem Überfall erfahren habt!“
„Masr-Effendi hat es entdeckt und ist in voriger Nacht im Ferß el Hadschar gewesen, um euch zu belauschen.“
„Dieser Hund! Aber wie seid ihr plötzlich zu so vielen Kriegern gekommen?“
Badija bemerkte in ihrer Unbefangenheit gar nicht, daß Falehd mit diesen Fragen nur den Zweck verfolgte, ihre Aufmerksamkeit einzuschläfern, damit er ihr den Revolver entreißen und sie entwaffnen könne.
„Wir haben zwei Ferkah rufen lassen“, antwortete sie.
„Wie klug! Dieser Masr-Effendi ist in der Tat ein kluger Mann! Aber bin ich etwa dümmer? Nein! Schau!“
Badija stieß einen Schreckensruf aus. Der Riese hatte ihr mit einem raschen Griff den Revolver aus der Hand gerissen und sie zugleich mit der anderen Hand wieder ergriffen. Sie wand sich unter seinem Druck, vermochte aber nicht loszukommen.
„Laß mich!“ stöhnte sie.
„Ich dich lassen? O nein!“
„Was willst du von mir? Du haßt mich ja!“
„Ja, ich hasse dich! Ich liebe dich nicht etwa. Aber gerade aus Haß will ich dich küssen und aus Rache dich besitzen!“
„Scheusal!“
„So ist's recht! Desto entsetzlicher muß dir ein Kuß von mir sein. Komm her, meine Huri, mein Engel, mein Diamant!“
Badija wehrte sich aus Leibeskräften. Man glaubt nicht, wie stark ein tugendhaftes Weib in der Stunde solcher Gefahr sein kann. Selbst der Riese hatte zu tun, ihr Köpfchen zwischen seinen beiden Tatzen festzuhalten. Dann aber konnte sie nicht mehr widerstehen. Es gab nur noch ein Mittel. Schon berührten seine Lippen beinahe ihren Mund, da spie sie ihm ins Gesicht. Das half, wenigstens für den Augenblick. Er fuhr zurück.
„Spinne! Speist du Gift?“ lachte er. „Tue es immerhin!“
Dann zog er sie mit aller Kraft an sich, um ihren Mund an die getroffene Stelle seines Gesichtes zu bringen. Der Augenblick war schrecklich für Badija. Aber jetzt kam Hilfe, eine weibliche Stimme schrie vom Eingang her:
„Zurück, Falehd!“
Falehd wandte sich um und erkannte die alte Araberin, die Bediente Hilujas, die mit ihr durch Steinbach gerettet worden war.
„Was willst du, Alte? Pack dich zum Teufel!“
„Da bin ich bereits. Der Teufel bist du!“
„Und du bist seine oberste Tante und Urgroßmutter! Willst du etwa auch geküßt sein? Ich habe keinen Appetit, dich um deine jungfräuliche Ehre zu bringen. Verschwinde!“
Aber die Alte sah ihm furchtlos und mit funkelnden Augen ins Gesicht und antwortete:
„Laß die Herrin los!“
Das gab ihm Spaß.
„Willst du mir etwa gebieten?“ fragte er höhnisch.
„Ja. Und du wirst gehorchen.“
„Du bist von Sinnen, altes Laster!“
„Ich werde es dir beweisen. Laß los!“
Da wollte er in ein schallendes Gelächter ausbrechen, aber er stieß anstatt dessen einen Schmerzensschrei hervor. Die treue Dienerin Hilujas hatte sich nämlich eine lange, spitze Nadel aus dem Haar gezogen und ihm diese in den nackten Arm gestochen.
„Schlange!“ brüllte er jetzt. „Ich werde dir den Giftzahn nehmen!“ Er griff mit beiden Händen nach ihr, hatte aber in seiner Wut gar nicht bedacht, daß er dadurch die Königin freigab, die, nachdem ihr kaum die Alte zugerufen: „Flieh!“ sofort in dem dunklen Gang verschwand, der nach der geheimen Treppe führte.
„Alte Hexe! Das werde ich dir heimzahlen!“ drohte nun der Riese und drehte sich um, der Königin zu folgen.
„Bezahle es doch gleich!“ höhnte da die Alte tapfer, in der Absicht, ihn länger aufzuhalten und so der
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