50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Kameraden einen Spaß zu machen.
„Nein“, antwortete der Gefragte ruhig.
„Oder etwa deine Geliebte?“
„Ja; sie ist meine Braut.“
„Deine Braut?“ höhnte der Sergeant. „Wie willst du uns das beweisen?“
„So!“
Mit diesen Worten trat der junge Beduine auf Hiluja zu, schob die beiden, die sie noch gefaßt hatten, von ihr weg, legte den Arm um ihren Leib und küßte sie auf den Mund. Er kannte die Art und Weise der Arnauten; er wußte, daß sie die Gesetze der Wüste nicht achteten; aber er wußte auch, daß er nun durch diesen Kuß in ihren Augen ein Anrecht auf das schöne Mädchen erworben habe. Ob sie es anerkennen würden oder nicht, das war freilich erst noch abzuwarten.
Hiluja hatte den Kuß geduldet. Ihr Gesicht überzog sich zwar mit purpurner Glut, aber sie hatte keine Bewegung des Widerstrebens gemacht. War das etwa Berechnung von ihr? Nein. Aber es war ihr in diesem Augenblick so eigentümlich zumute, wie noch nie in ihrem ganzen Leben. Dieser junge und jedenfalls sehr arme Beduine erschien ihr wie ein Rettungsengel in höchster Not. Es war ihr, als ob sie sich seinem Arm und seinem Schutz anvertrauen könne für jetzt und für das ganze Leben. Alle ihre Angst war verschwunden. Sie wurde jetzt nicht mehr von den Arnauten festgehalten. Sie hätte diese Gelegenheit also erfassen und entfliehen können, und es wäre ihr wohl keiner nachgefolgt, da der Araber ja jetzt das ganze Interesse der rohen Menschen fesselte und ein Streit mit ihm ihnen ja zehnmal willkommener war als das schönste Mädchen der Welt. Aber dieser Gedanke an die Flucht kam ihr gar nicht einmal, denn als er den Arm um sie geschlungen hatte, da hielt sie sich für sicher und wohlgeborgen in demselben, und es war ihr, als habe dieser Arm sie stets beschützt von Jugend auf und als werde er sie weiter und ferner beschützen für das übrige Leben.
„Er küßt sie! Er küßt die Dirne!“ ertönte es jetzt ringsum. „Der stolze Sohn der Wüste!“
„Wolltet ihr sie nicht auch küssen? Oder meint ihr vielleicht, daß ihr das tun könnt und ich nicht? Lebt wohl!“
Ohne den Arm von Hiluja zu nehmen, wandte er sich nunmehr zum Gehen, aber der Sergeant trat ihm in den Weg und sagte, noch immer höhnisch lachend:
„Halt, Knabe! So treibt man es nicht mit uns! Das Mädchen bleibt hier!“
„Nein, sie geht mit mir! Ich habe euch bewiesen, daß sie meine Braut ist. Sie ist nicht das, was ihr denkt! Sie gehört zu mir und wird mit mir gehen.“
„Oho! Ich habe sie gefunden, ich habe sie eingeladen, und so ist sie mein Eigentum.“
„Besinne dich! Eine freigeborene Tochter der Sahara kann nie das Eigentum irgendeines Menschen sein. Sie gehört nur demjenigen, dem sie sich selbst und freiwillig ergibt und schenkt. Also laßt uns friedlich gehen. Allah behüte euch!“
Damit wollte er fort, der Sergeant aber ergriff ihn am Arm und sagte in drohendem Ton:
„Du bemerkst wohl gar nicht, daß wir bisher nur mit dir scherzten?“
„Und du bemerkst wohl noch weniger, daß ich bisher mit euch im Ernst sprach?“
Die Männer standen sich drohend gegenüber. Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Dann aber brach der Arnaut in ein schallendes Gelächter aus und rief:
„Nein, wahrscheinlich, das ist kein Ernst, sondern das ist der größte Spaß, der mir in meinem ganzen Leben widerfahren ist. Dieser Knabe will mir ein Mädchen entführen, das mir gehört! Höre, mein Sohn, willst du mit mir um ihren Besitz kämpfen?“
Der Arnaut richtet dabei seine mächtige Gestalt stolz in die Höhe.
Er war nicht jung, sondern ein guter Vierziger. Die Narben seines Gesichtes bezeugten, daß er kein mutloser Mensch sei. Der stolze, höhnische Ausdruck seines verwetterten Gesichts ließ die Vermutung erraten, daß er meinte, der Beduine werde sich auf die Frage schleunigst in Sicherheit bringen. Aber darin irrte er sich daher, denn der Jüngling zuckte ebenso überlegen wie bereits vorher die Achseln und antwortete:
„Ja, das werde ich, wenn ihr sie auf eine andere Weise nicht freigebt.“
„Mensch, bist du toll?“
„Ich verteidige, was mir gehört. Willst du das toll nennen, so habe ich nichts dagegen.“
„Ich hacke dich in Stücke!“
„Dasselbe haben bereits mehrere gesagt. Du siehst aber, daß ich dennoch am Leben bin!“
„Nun gut, ganz wie du willst! Ich will auf diesen seltenen und überaus lustigen Spaß eingehen. Es wäre doch jammerschade, wenn wir uns einen solchen Scherz entgehen lassen wollten. Also wir
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