50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
es mir beliebt. Diese neue Sitte, den Ältesten des Stammes zu empfangen, soll nicht lange mehr geduldet werden. Das verspreche ich dir!“
Tarik antwortete wiederum nicht; er zuckte nur gleichmütig mit der Achsel und horchte dann in den Eingang zurück, wo sich soeben die betreffende Stimme abermals hören ließ:
„Er soll kommen!“
„Du darfst eintreten“, sagte jetzt der jugendliche Wächter, indem er die Tür freigab.
„Ich darf? So? Darf ich wirklich?“ höhnte der Riese.
„Ja“, lachte der andere.
Und dieses Lachen hatte etwas so Selbstbewußtes und zugleich Ironisches, daß Falehd die beiden Fäuste erhob und wütend ausrief:
„Nun, die Zeit, in der ich darf, wird bald vorüber sein. Dann wird die Zeit kommen, in der ich zu bestimmen habe, was ich und andere dürfen. Und da wirst du derjenige sein, der gar nichts darf!“
Nach dieser Drohung trat er ein, und er mußte sich bücken, um nicht oben an das Mauerwerk zu stoßen, denn auf ihn hätte das Bibelwort gepaßt: „Er ist allein übriggeblieben von den Kindern der Riesen.“ Das enge Tor führte durch eine mehrere Meter starke Mauer, dann gelangte man in einen kleinen, viereckigen Hof, der gerade gegenüber eine ähnliche Tür offenließ. Diese führte in einen ziemlich langen, finsteren Gang, der in einem kleinen Gemach endete, dessen ganze Ausstattung in einer brennenden Palmöllampe und zwei auf dem Boden liegenden Kokosfaserdecken bestand.
Der Riese wurde hier von einer alten Frau erwartet, derselben, die auf Tariks Pfiff geantwortet hatte.
„Bleibe hier!“ sagte sie. „Badija wird gleich kommen.“
Falehd starrte sie mit blitzenden Augen an.
„Was? Hier bleiben?“ fragte er.
„Ja.“
„Warten soll ich?“ lachte er laut auf. „Falehd soll warten! Bei allen Teufeln der untersten Hölle, das ist lustig! Willst du etwa auch hier bleiben?“
„Ich habe bei dir zu warten, bis sie kommt.“
„Wie herrlich! Wie entzückend! Du, die Liebliche, die Bezaubernde, sollst bei mir bleiben, bis es deiner Herrin beliebt, zu Falehd zu kommen!“ Und mit ausgestreckten Fäusten auf die Frau zutretend, fuhr er fort:
„Pack dich, Hexe! Wenn du nicht augenblicklich verschwindest, werfe ich dich an die Wand, daß du mit Leib und Seele daran kleben bleibst, als ewiges Beispiel, welch ein Wagnis es ist, Falehd zu erzürnen!“
Sie kreischte vor Angst laut auf und entfloh durch die dem Eingang gegenüberliegende Tür.
„Allah inhal el bakk!“ knurrte er ihr zornig nach.
Das heißt zu deutsch: Gott verdamme die Wanze! Das Wort Wanze ist aber der verächtlichste Ausdruck, den der Araber einer weiblichen Person zu geben vermag.
Falehd hatte nicht lange zu warten, denn kaum war das Weib verschwunden, so trat die Königin der Wüste ein. Bei ihrem Anblick leuchteten seine Augen verlangend auf. Und er hatte wohl Veranlassung dazu.
Badija war vollständig in feines weißes Linnen gekleidet. Ihr Gewand bestand nur aus Hose, Hemd und einem kleinen Jäckchen, so daß ihre herrlichen Formen mehr hervorgehoben als verborgen wurden. Eine schönere Rundung als die Linien ihres Körpers zeigten, konnte es gar nicht geben. Das nackte Füßchen schien einem Kind anzugehören und war von blendender Weiße. Das allerliebste und doch sehr fleischige Händchen harmonierte vollständig mit demselben. Da, wo die Hose sich um die Taille legte, glitt sie über Hüften, von denen der Blick nur schwer zu trennen war. Die Jacke, die oben eng um den wie aus Marmor gemeißelten Hals befestigt war, lief über der Brust auseinander und ließ den von dem Hemd bedeckten jungfräulichen Busen sehen. Das Gesicht zeigte eine große Ähnlichkeit mit demjenigen ihrer Schwester Hiluja. Es war ebenso weich, aber in den Zügen ernster, tiefer und nachdenklicher. Die nicht zu hohe Stirn erhob sich über dunklen Brauen von wunderbarer Zeichnung. In den ebenso dunklen Augen schienen die sämtlichen Geheimnisse des Morgenlandes zu schlafen, um bei dem ersten Wort einer erwiderten Liebe zu voller Seligkeit zu erwachen, und das leicht gebogene Näschen ließ in seinen feinen, rosig angehauchten Flügeln, die leise zu zittern schienen, vermuten, daß Badijas Seele rasch in Erregung zu bringen sei. Die vollen roten, zum Küssen geformten Lippen waren in ihren Winkeln aber ein wenig nach oben gezogen, ein sicheres Zeichen, daß dieser schöne Mund in letzter Zeit wohl oft Gelegenheit und Veranlassung zum Zürnen gehabt. Das rabenschwarze Haar hing in zwei langen Zöpfen fast bis
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