50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Mauer lehnte.
Dies war ganz dieselbe Bewaffnung, die auch Hilal in Kairo getragen hatte, und wer in das Gesicht des Beduinen sah, mußte sich über die Ähnlichkeit wundern, die er mit dem Genannten hatte. Und er war auch in Wirklichkeit kein anderer als Tarik, Hilals Bruder.
Als er den Riesen die Treppe besteigen sah, zogen seine Brauen sich unwillkürlich zusammen, doch hatte er Selbstbeherrschung genug, sein Gesicht schnell wieder zu glätten, er trat einen Schritt zur Seite, so daß er nun gerade vor dem Eingang stand. Falehd bemerkte dies wohl, und sein Gesicht nahm einen drohenden Ausdruck an. Trotzig blieb er auf der obersten Stufe stehen und richtete den Blick zur Seite, über das Zeltlager hinweg, als ob er da draußen, wo die Herden weideten, nach irgend etwas suche. Er erwartete offenbar, daß Tarik, ohne aufgefordert zu sein, zur Seite treten werde. Als dies aber nicht geschah, wandte er sein stechendes Auge dem Jüngling zu und sagte:
„Siehst du nicht, daß ich hier bin?“
In dem Ton seiner Worte lag eine nur mühsam unterdrückte Feindseligkeit. Tarik aber tat, als ob er dies gar nicht bemerke, und zwang sich, in verwundertem Ton zu antworten:
„Ja, ich sehe es.“
„Nun, ich bin auch groß genug, um bemerkt zu werden. Doch sage mir jetzt noch, ob du klug genug bist, zu erraten, was ich hier will!“
„Ich stehe hier als Anführer der Leibwache der Königin und habe nicht die Pflicht, deine Gedanken zu erraten. Meine Pflicht ist nur, der Königin zu dienen.“
„So will ich mich herablassen, dir zu sagen, daß ich zu ihr will. Mache also Platz!“
Wenn der Riese der Ansicht gewesen war, daß Tarik ihm nun den Eingang freigeben werde, so hatte er sich geirrt. Der Genannte behielt vielmehr seine Stellung bei und meinte:
„Ist es etwas Notwendiges, was du ihr zu sagen hast?“
„Hast du mich etwa danach zu fragen?“
„Ja.“
„Ha! Weißt du nicht mehr, wer ich bin?“
„Ich weiß es.“
„Nun, ich bin der Bruder des Scheiks, der Oberste in der Versammlung der Ältesten, infolgedessen auch der Oberste des ganzen Stammes.“
„Ich weiß bis jetzt nur, daß die Witwe des Scheiks die Anführerin des Stammes ist, und ich als Anführer ihrer Wache habe also zu tun, was sie mir befohlen hat.“
„Befohlen?“ lachte Falehd höhnisch. „Läßt ein freigeborener Beduine sich einen Befehl geben?“
„Ja, von dem, dem er sich freiwillig unterordnet. Die Königin ist in ihrem Gemach. Sie will sich nur dann stören lassen, wenn dies durchaus notwendig ist.“
„Es ist notwendig. Mach also Platz.“
„Verzeih! Ich werde sie erst fragen, ob sie bereit ist, dich zu empfangen.“
Da ballte der Riese drohend die Faust, stieß einen Fluch aus und rief in verächtlichem Ton:
„Du? Du willst mir den Eingang verbieten. Was fällt dir ein! Ich lasse mich von keinem Hund anbellen, und –“
„Halt!“ antwortete da Tarik, ihm schnell in die Rede fallend. „Bedenke deine Worte wohl, ehe du sie sprichst! Du stehst keineswegs über mir. Ich bin ebenso wie du ein freier Sohn meines Stammes und würde jede Beleidigung augenblicklich mit einer Kugel beantworten.“
So sprechend, hatte er blitzschnell seine Flinte ergriffen und den Finger an den Drücker gelegt. Falehd hatte keine Schußwaffe bei sich und mußte trotz seiner Körperstärke erkennen, daß Tarik ihm in diesem Augenblick überlegen sei. Ebenso wußte er auch, daß dieser das Recht habe, jede Beleidigung augenblicklich mit einer Kugel zu beantworten. Darum hielt er an sich und sagte in einem scheinbar ruhigeren Ton:
„Soll ich etwa nicht zur Königin?“
„Wenn sie es nicht erlaubt, nein.“
„Sie ist aber doch meine Schwägerin!“
„Ein Weib braucht keinen anderen Mann als den seinigen bei sich zu empfangen. Keiner kann es zwingen. Und das Recht, das es als Weib hat, hat es als Königin doppelt.“
„Bei Allah, deine Ansicht ist sonderbar!“
Tarik antwortete nicht, drehte sich um und stieß einen scharfen Pfiff aus. Schon nach wenigen Augenblicken ließ sich von innen eine fragende weibliche Stimme hören.
„Falehd ist hier und hat notwendig mit der Herrin zu sprechen“, rief ihr Tarik zu.
„Ich werde sie fragen“, antwortete dieselbe.
Der Riese, der inzwischen einen Schritt zurückgetreten war, stampfte mit dem Fuß.
„Auf diese Weise werden, wie ich gehört habe, die Diener der abendländischen Herrscher empfangen“, knirschte er. „Ich aber bin kein Sklave. Ich komme, wann ich will, und gehe, wenn
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