50 - Deutsche Helden, Deutsche Herzen 02 - Die Königin der Wüste
Graf Polikeff genannt hatte.
„Allah verdamme dich! Warum belügst du mich?“
„Mein Name ist nicht für jedermann“, antwortete der Pascha.
„Ibrahim Pascha! Ich kenne keinen!“
„Du sollst ihn kennenlernen“, sagte der Graf. „Er ist mein Freund. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, ihn hier in der Wüste zu treffen. Nun, da er aber hier ist, bin ich überzeugt, daß er ganz dasselbe will, was auch ich will, nämlich dein Wohl, Falehd.“
„Falehd?“ rief der Pascha.
„Nun ja!“
„Dieser Mann hier ist Falehd?“
„Weißt du das noch nicht?“
„Nein. Er hat es mir nicht gesagt, trotzdem ich ihm mitteilte, daß ich zum Bruder des toten Scheik will.“
„Du würdest es noch zur rechten Zeit erfahren haben, wer ich bin“, knurrte der Riese. „Kommst du aus Stambul vom Sultan?“
„Ja. Vorher aber war ich in Tunis.“
„Bei Mohammed es Sadak Bei? Warst du auch in Kairo beim Vizekönig?“
„Nein. Mit ihm habe ich nichts zu schaffen. Er will dir nicht wohl; ich aber komme als dein Freund.“
„Hast du Vorschläge für mich?“
„Sogar höchst vorteilhafte.“
„So bist du mir willkommen. Du sollst zwei Zelte haben, eins für dich und eins für dein Weib. Jetzt aber laßt uns eilen. Es kommt die Zeit des Nachmittaggebets, zu der wir im Lager sein müssen.“
Bereits nach kurzer Zeit verdoppelten die Kamele freiwillig ihr Tempo, denn sie witterten das Wasser der Oase. Der Sand verschwand allmählich und machte einer immer dichter werdenden Grasfläche Platz. Palmen wuchsen hoch empor, Zelte lagen im Schatten derselben, Herden weideten ringsum. Der Riese ritt stolz hindurch, keinen Menschen beachtend, von allen aber mit scheuen, wohl auch finsteren Blicken betrachtet. Dann ließ er auf einem freien, von den Zelten gebildeten Platz halten, dessen Umwohner zu den wohlhabenden Leuten des Stammes zu gehören schienen, denn diese Zelte waren aus teureren Stoffen gefertigt als die anderen.
Was aber am meisten auffiel, das war ein auf mächtigen Steinquadern fundiertes umfangreiches Gemäuer, das sich seitlich hoch über das Zeltlager erhob. Wie kamen diese großen, schweren Steine hierher, wo es im Umkreise von vielen Meilen keinen Felsen gab? Jedenfalls war das Bauwerk in jener Zeit errichtet worden, als die Römer Ägypten erobert hatten und sich mit ihrer Kultur auch in die Wüste wagten. Wie man denn auch tief in der Sahara noch Überreste riesiger Wasserleitungen und massiver Schlösser findet, die heute freilich halb von Flugsand überschüttet sind, die aber dennoch Zeugnis von dem Unternehmungsgeist eines Volkes geben, das mit riesiger Anstrengung Leben mitten in den Tod der Wüste zu bringen verstand.
Das erwähnte Gemäuer schien mitten in der Oase errichtet worden zu sein. Ob es bewohnt war, konnte man von außen nicht sehen.
In jedem größeren Beduinenlager pflegt ein Gastzelt, oft auch mehrere, vorhanden zu sein. So war es auch hier. Ibrahim Pascha erhielt daher ein leeres Zelt angewiesen, Zykyma aber, die er für seine Frau ausgegeben hatte, ein zweites. Beide Zelte waren mit den nötigen Matten und Decken versehen, und bald wurden die beiden Genannten auch mit allem anderen versorgt, was ihnen notwendig war.
Dann, als man dem Pascha Zeit gelassen hatte, sich von dem anstrengenden Ritt auszuruhen, wurde er von Falehd und dem Grafen Polikeff besucht, die eine so lange Unterredung mit ihm hatten, daß die Sonne bereits tief stand, ehe die beiden wieder aus dem Zelt traten.
Der Graf begab sich nunmehr nach dem Zelt, das ihm bei seiner Ankunft angewiesen worden war. Der Riese aber schritt zwischen den Zelten hindurch nach der Ruine hin. Sein verbranntes Gesicht hatte einen harten, entschlossenen Ausdruck, und es lag wie Hohn und Schadenfreude in den Zügen, die auf jeden Beschauer einen abstoßenden Eindruck hervorbringen mußten.
Das Gemäuer lag auf einer Bodenerhöhung, die steil aus der Ebene emporstieg. Eine breite, wie für ein Riesengeschlecht gebaute Treppe führte zu ihm empor, zu deren beiden Seiten bewaffnete Araber saßen. Sie erhoben sich ehrfurchtsvoll, als er zwischen ihnen emporschritt. Am Eingang zur Ruine lehnte ein junger Beduine an der Wand. Derselbe war nur mit Hose und Jacke bekleidet, und ein dünnes weißes Tuch wand sich als Schutz vor der Sonnenglut um seinen Kopf. In dem kamelhärenen Strick, der ihm als Gürtel diente, stak ein langes, zweischneidiges Messer, die einzige Waffe, die er außer der langen Flinte trug, die neben ihm an der
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