50 Rituale für das Leben
dein Name von der Etymologie her bedeutet. Und dann lies entweder die Legenden oder etwas aus der Geschichte oder etwas aus den Schriften des Heiligen, dessen Namen du trägst. Du sollst deinen Heiligen natürlich nicht kopieren, aber du kannst im Spiegel seines Lebens dein eigenes Leben betrachten. Dann wirst du das Geheimnis deiner eigenen Person entdecken.
Ein Ritual ist, sich langsam und laut vorsagen: «Ich bin Anselm. Ich bin Maria. Ich bin Doris. Ich bin Joseph.» Und sich dabei zu
vergegenwärtigen: Ich heiße nicht nur so, ich bin dieser Name.
Spüre, was der Klang deines Namens in dir hervorruft. Und dann stell dir vor, dass
Gott dich bei diesem Namen ruft.
Lass die Worte Gottes in dein Herz fallen: «Fürchte dich nicht, denn ich habe dich ausgelöst, ich habe dich beim Namen
gerufen, du gehörst mir. Wenn du durchs Wasser schreitest, bin ich bei dir, wenn durch Ströme, dann reißensie dich nicht fort. Wenn du
durchs Feuer gehst, wirst du nicht versengt, keine Flamme wird dich verbrennen.» (Jes 43,1f)
Wenn du einem anderen zum Namenstag gratulierst, so
beschäftige dich zuerst mit seinem Namen, mit der Wortbedeutung dieses Namens, mit den Legenden und der Geschichte des Heiligen, dessen Namen er
trägt. Und dann schau den anderen im Licht dieses Namens, dieses Heiligen an. Dann sprich das an, was du im anderen siehst – etwa die Liebe und die
Freiheit einer hl. Elisabeth, die Gerechtigkeit eines hl. Josef – und wünsche ihm, dass er immer mehr hineinwächst in seine eigene Gestalt und in sich
den Reichtum entfaltet, den Gott in ihn hineingelegt hat.
DRITTER TEIL 39–50
Das Leben vertiefen
R ituale eignen sich nur dazu, den Tag zu gestalten oder den Jahreskreis tiefer zu erleben. Sie können auch helfen, wichtige innere Haltungen einzuüben. Sie können dazu beitragen, therapeutische Prozesse abzuschließen. Und sie eignen sich dazu, sich zu befreien von alten Lasten, um sich auszusöhnen mit sich selbst und um innerlich zu wachsen. In jüngster Zeit hat sich vor allem die Paartherapie mit Ritualen beschäftigt. Sie hat für Paare Versöhnungs- und Abschiedsrituale entwickelt. Und sie hat die heilende Wirkung der Rituale auf das Zusammenleben von Partnern erforscht. Die Pädagogin Anke Birnbaum meint, dass Rituale die Identifikation mit dem gemeinsamen Leben als Paar und den Zusammenhalt verstärken. Sie schreibt: «Rituale ermöglichen den Partnern eine Zeit lang die Abgrenzung von der Außenwelt und den mit ihr verbundenen Anforderungen. Paare können sich mit ihnen Zeit und Raum für Zweisamkeit schaffen und damit die Voraussetzungen für ungestörte Kommunikation und Aktivitäten.» Im Ritual drücken die Paare ihre Gefühle aus, etwa im Gute-Nacht-Kuss.
In den Ritualen vergewissern sich die Paare auch ihrer gemeinsamen Geschichte. Sie feiern zum Beispiel gemeinsam ihren Hochzeitstag oder den Tag ihres Kennenlernens. Solche Rituale intensivieren die Verbundenheit in der Beziehung. Und Rituale sind schließlich auch gute Stresspuffer. Denn es ist vor allem Stress, der viele Paarbeziehungen belastet. In den Ritualen schaffen sich die Paare bewusst einen Freiraum, in dem sie die Zeit miteinander verbringen. Sie unterbrechen den Stress, der von außen auf sie einstürmt.
Rituale können helfen, familiäre Konflikte zu beenden. Doch wir dürfen die Rituale auch nicht überfordern. Eine Mutter fragte mich: «Ich habe Probleme mit meiner Tochter.Welches Ritual kann ich vollziehen?» Ich fragte, was denn das Problem sei. Sie solle erst einmal mit ihrer Tochter ins Gespräch kommen. Vielleicht kann am Ende des Gespräches dann ein Ritual stehen, das etwas abschließt, was als Dauerkonflikt immer wieder die Beziehung belastet hat. Aber man darf im Ritual nicht ein Zaubermittel sehen, das alle Probleme löst. Rituale stehen oft am Ende eines gemeinsamen Prozesses, auf den man sich eingelassen hat. Sie schließen die Tür der Vergangenheit, so dass die vergangenen Verletzungen nicht ständig als Vorwurf verwendet werden. Nur so kann sich die Tür in die Zukunft öffnen.
Rituale können aber auch für den Einzelnen ein guter Abschluss eines inneren Weges sein. Wenn man in der Therapie vieles angeschaut hat, dann ist es gut, die Therapie mit einem Ritual abzuschließen. Oder ich kann vergangene Verletzungen durch ein Ritual begraben und mich von ihnen verabschieden. Die Rituale ersetzen nicht die Therapie oder die geistliche Begleitung. Aber sie sind Hilfen für den therapeutischen und
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