50 Rituale für das Leben
während des vergangenen Jahres kantig und hart geworden ist. Der Kranz verbindet auch den Kreis der Menschen, die sich um ihn herumsetzen. So drückt er den Wunsch aus, dass die Familie zusammenhält und niemand herausfällt aus dem Kreis ihrer Gemeinschaft.
Zünden Sie achtsam die erste Kerze an. Sprechen Sie dazu die Worte: «Das Licht Jesu Christi möge in dieser Adventszeit immer tiefer in uns eindringen und alle Bereiche unseres Lebens erleuchten. Es möge alle Dunkelheit aus unseren Herzen und aus unserem Haus vertreiben und unser Haus mit Liebe erfüllen.»
Es ist gut, vor jedem Adventssonntag ein kleines Ritual vor dem Adventskranz zu feiern, entweder allein oder am besten im Kreis der Familie. Dabei können wir eine Lesung aus der Sonntagsliturgie vorlesen und die Worte in uns eindringen lassen. Die Verheißungen der Propheten, die in der Adventszeitgelesen werden, wollen uns zeigen, dass Gott auch unser Leben verwandeln und erneuern wird. Wenn es geht, sollten wir gemeinsam ein Adventslied singen.
Wenn ich allein bin, höre ich mir eine der Adventskantaten von Johann Sebastian Bach an oder den adventlichen Teil aus dem Messias von Händel. Wenn die Familie musikalisch ist, kann sie gemeinsam eine Kantate anhören oder selber adventliche Musik spielen. Die Vorfreude auf Weihnachten wird dadurch nur noch tiefer.
34. NEU ERBLÜHENDES LEBEN (BARBARAZWEIGE)
Schon in vorchristlicher Zeit gab es den Brauch, vor der Sonnenwende Kirschzweige in eine Vase zu stellen, damit sie am 24. Dezember, dem dunkelsten Tag des Jahres, aufblühen. Die Kirschzweige galten als Liebeszweige. Wenn die Sonne sich verdunkelt und es draußen kalt wird, soll die Liebe die Herzen erleuchten und erwärmen. Die Christen haben diesen Brauch übernommen und mit dem Fest der hl. Barbara verbunden. Die hl. Barbara gehört zu den vierzehn Nothelfern. Ihr Name bedeutet ungefähr so viel wie «Ausländerin». Wir können sie also verstehen als die, die aus einer anderen Welt, aus der göttlichen Welt, zu uns kommt. Sie wird mit dem Turm dargestellt, einem Bild für Ganzheit. Und sie wird mit einem grünen priesterlichen Gewand dargestellt: Sie ist die priesterliche Frau, die das Abendmahl ins Gefängnis bringt. Die Legende berichtet, dass sie mit Ruten geschlagen wurde. Doch die Engel heilten ihre Wunden, und am nächsten Tag erstrahlte sie in größerer Schönheit als zuvor. So steht Barbara für die Hoffnung, dass unsere Wunden in Perlen verwandelt werden.
Nehmen Sie Zweige aus Ihrem Garten, entweder Kirschzweige oder Forsythienzweige, und stellen Sie sie in Ihr warmes Zimmer. Tun Sie es bewusst und achtsam. Stellen Sie sich vor, dass Sie mit diesen nackten Zweigen eine große Hoffnung für sich selber ausdrücken: dass das Neue, das Gott Ihnen an Weihnachten schenkt, das Sie aber in sich selbst noch nichtsehen, in Ihnen wirklich zur Blüte kommen wird. Nehmen Sie die Zweige als Bild dafür, dass auch Ihre Wunden in Perlen verwandelt werden und dass das Licht Jesu Christi, das Barbara ins Gefängnis gebracht hat, auch das Gefängnis Ihrer Angst und Ihrer Enge aufbricht und mit Liebe erfüllt. Die Liebe Christi, auf die diese Zweige hinweisen, möge stärker werden als alles, was uns von außen oder von innen verfolgt.
Christen drücken mit diesem Ritual ihren Glauben aus, dass Christus auch ihr Haus erleuchtet und Abgestorbenes und Erstarrtes zu neuem Leben weckt. Wir brauchen solche sinnenfälligen Rituale, um uns täglich an unsere Hoffnung zu erinnern. Der Anblick der Barbarazweige ist eine solche Erinnerung: dass auch in uns die Liebe stärker ist als die Kälte und dass das Licht heller sein wird als die Dunkelheit.
35. UNTER DEM CHRISTBAUM (HEILIGABEND)
In unserer Familie war es immer ein berührendes Ritual, wenn wir alle vor dem Christbaum standen, dessen brennende Kerzen das
Wohnzimmer in ein warmes Licht tauchten. Der Vater las die Weihnachtsgeschichte aus dem Lukasevangelium vor. Dann sangen wir gemeinsam «Stille
Nacht». Es ist ein einfaches Ritual. Aber es gibt dem Heiligen Abend ein besonderes Gepräge. Wer diesen Abend ohne Rituale feiert, der wird bald spüren,
dass das bloße Zusammensitzen und Miteinander-Essen leer wird. Es braucht gerade an diesem Abend Rituale, damit wir wirklich Weihnachten feiern
können. Eine adlige Frau erzählte mir, dass in ihrer Familie nach Ritualen gefeiert werde, die seit Jahrhunderten üblich seien. Das ist keine
Nostalgie. Die Familie drückt damit aus, dass sie teilhat an der
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