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50 - Schatten über Kregen

50 - Schatten über Kregen

Titel: 50 - Schatten über Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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aus Seegras die Feuerkugel vom Wasser in die Luft befördert. Das grüne Licht züngelte über die muschelbedeckte Tür. In der Höhle herrschte völlige Stille.
    Ich öffnete den Mund, um etwas hinauszubrüllen. Irgendein tapferer, gedankenlos hervorgebrachter Unsinn würde schon ausreichen. Mein Mund klappte wieder zu.
    Die Stimme war wie Seide, die durch Stahl schnitt.
    »Worauf wartest du, Dray Prescot, Herrscher der Herrscher, Herrscher von ganz Paz? Tritt durch die Tür!«
    »Sarkastischer Hundsfott!« murmelte ich leise.
    Ich stieß die Tür auf und trat über die Schwelle.

4
     
     
    Die muschelbedeckte Tür drehte sich in den Angeln und prallte keuchend gegen die Wand, so fest hatte ich sie aufgestoßen. Einige Muscheln lösten sich und fielen zu Boden. Dabei klangen sie wie fallende Glöckchen, die das Echo der Tür angenehm ergänzten. Der stinkende Fischgeruch nahm ab. Nach zwei Schritten in das blasse grüne Licht hinein verschwand er völlig und wurde durch Blumenduft ersetzt.
    Ein schneller Blick in die Runde enthüllte einen achteckigen Raum; vier seiner Wände waren mit Muscheln geschmückt, die vier anderen zeigten geschnitzte Holzblumen auf einem hübsch angemalten Hintergrund. Daß ich unter diesen unheimlichen Umständen überhaupt einen Blick für die Blumenornamente hatte, machte mir Mut. Bei Vox, ja!
    Seltsame körperlose Stimmen, die aus dem Nichts kommen, sind für einen kregischen Abenteurer nichts Neues. Dies war eine bevorzugte Methode der Herren der Sterne, sich mit mir zu unterhalten. Falls diese ganzen Geschehnisse tatsächlich das Werk der Everoinye waren, dann konnte ich mir denken, wer von ihnen hier das Sagen hatte. Mich beschlich ein ungutes Gefühl.
    Meine Gedanken wollten sich gerade wieder Makki-Grodno zuwenden, als die Stimme erneut ertönte.
    »Schließ die Tür, Onker!«
    Nun glaubte ich nicht ernsthaft, daß die Everoinye meine innersten Gedanken lesen konnten. Ihre Fähigkeiten beschränkten sich meiner Einschätzung nach auf das Lesen der Körpersprache. Es war auch durchaus vorstellbar, daß sie in die Aura einer Person eindringen und mit Hilfe einer übermenschlichen Empathie oberflächliche Gedanken verstehen konnten. Was nun auch immer zutraf, sie kamen mir oft zuvor, wenn ich das Wort ergreifen wollte. Das sollte mich in unseren Gesprächen wohl aus dem Gleichgewicht bringen.
    Also ging ich zurück und trat die Tür zu.
    Noch mehr Muscheln lösten sich.
    In dem Augenblick, als die Tür ins Schloß fiel, durchfuhr den ganzen Raum ein Ruck, als befänden wir uns auf See in einem Sturm. Der Boden drückte sich mir gegen die Füße.
    Ich glich dies aus, indem ich leicht die Knie beugte und schluckte. Sogar auf Kregen gibt es gelegentlich Aufzüge. Doch hier handelte es sich um keinen Eimer oder Weidenkorb, die mit Seil und Winde betrieben würden. Das Ding benötigte vermutlich Zauberei. Die Zauberer von Kregen sähen dies ohnehin als vernünftige Lösung an.
    Es gab ein ganz besonderes Problem, das ich einfach beiseite geschoben hatte, da ich nicht darüber nachdenken wollte. Doch es hatte sich von selbst erledigt.
    Als der Aufzug in die Höhe raste, blieb der Luftdruck konstant.
    Auf der Erde hatte ich beim Preßlufttauchen die Regeln des Druckausgleichs gelernt. Vermutlich hatte der Tunnel aus Seegras wie eine Art Luftschleuse gewirkt, eine Membran an der Grenze zwischen Wasser und Luft. Es gab keinen Anlaß zur Besorgnis, daß ich einem zu starken Druck ausgesetzt worden war und diese schnelle Auffahrt bei mir die Caissonkrankheit auslösen würde. Ich dankte Opaz! Dann formulierte ich das grimmig um. Nein, o nein! Den Herren der Sterne sei Dank!
    Die Fahrt kam mir sehr schnell vor, obwohl ich natürlich nicht wußte, wie schnell wir wirklich waren. Sie dauerte lange genug, um daraus zu schließen, daß wir eine lange Strecke hinter uns gebracht hatten. Mein Atem beschleunigte sich nicht. Es galt, den ordentlichen kregischen Hunger und Durst nicht zu beachten.
    Der achteckige Aufzug kam zum Stehen. Die Muscheltür öffnete sich.
    Mit Absicht rührte ich mich nicht vom Fleck. Ich wollte diese verfluchte schrille Stimme hören – nur um sicherzugehen.
    »Komm heraus, Dray Prescot, Onker aller Onker!«
    Ja. Verdammt! Es gab keinen Zweifel. Der Besitzer dieser schneidenden Stimme war Ahrinye, der Herr der Sterne, der vermutlich etwa eine Million Jahre jünger als die anderen war. Er wollte mich benutzen, wie er es einmal wenig elegant in Worte gefaßt hatte. Er wollte

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