51 - Mord auf Kregen
Luftdienstes bekleidet und mit vielen Quasten auf der Brust, strahlte er Selbstbewußtsein und unbekümmerten Charme aus. Sein Haar war einen oder zwei Ton heller als das gewöhnliche vallianische Braun, was ihm ein löwenhaftes Aussehen verlieh.
Ein schmächtiges Mädchen an seiner Seite labte sich förmlich am Charme des Fliegers. Es rührte sich nicht, während es ihm zuhörte, doch es vermittelte den Eindruck, als würde es auf Wolken tanzen. Das muntere Gesicht glühte, als sie zu ihm aufsah.
Nath der Clis stellte sie vor. »Die Dame Ahilya Vorona. Jiktar Yavnin Purvun.«
Nach den üblichen Lahals wechselten wir ein paar Worte. Die beiden würden ein hübsches Paar abgeben, davon war ich überzeugt. Ich leerte meinen Pokal und wandte mich höflich ab, als der alte und hinkende Ornol die Bücher mir zunickte. Mein Blick fiel auf Nazabni Ulana Farlan. Sie stand in verkrampfter Haltung da, eine Hand flach auf den Tisch gestützt, die andere vor die Brust gepreßt. Ihr Gesicht war wie in Wachs getaucht. Sie starrte den tapferen Kampeon Jiktar Yavnin Purvun mit weitaufgerissenen braunen Augen an.
Er bemerkte es nicht, denn er war damit beschäftigt, den Pokal der Dame Ahilya wieder aufzufüllen. Dann fing Ornol die Bücher an, mir von seinen Plänen zum Bau einer neuen Bibliothek zu erzählen, denn er wollte, daß ich Didi um die Erlaubnis bat, sie nach ihr zu benennen. Ich versicherte ihm, daß sie begeistert sei, und beglückwünschte ihn zu seiner vorbildlichen Arbeit, Gafarden aufgeklärte und fortschrittliche Kultur zu bringen.
Ulana wandte sich brüsk um. Sie verließ das Frühstücksgemach mit kurzen, abgehackten Schritten. Nun, das ging mich nichts an. Dennoch fühlte ich kurz so etwas wie Sympathie für die Nazabni. Zweifellos war der galante Flieger Jiktar Yavnin Purvun ein prächtiges Exemplar vallianischer Männlichkeit. Die Dame Ahilya mußte höchst zufrieden sein, daß ihr ein solcher Fang geglückt war.
Die Frühstücksgäste brachen auf, um den Geschäften des Tages nachzugehen. Ein Wächter trat ein, blickte sich um, fand Nath den Clis und trat zu ihm. Sie steckten die Köpfe zusammen und flüsterten. Dann verließen sie eilig das Gemach.
Ich brauchte keine Einladung, um ihnen zu folgen. Sie hasteten den Korridor entlang. Nach ein paar Abzweigungen zeigte der Wächter auf eine Tür. Nath Swantram klopfte. Er klopfte hochmütig. Unbemerkt beobachtete ich sie. Er klopfte erneut. Die Tür blieb verschlossen.
Der Wächter sagte: »Ich habe ihn hineingehen sehen, Jen. Er wird auf dem Exerzierplatz erwartet.«
»Nun, bei Vox, warum antwortet er dann nicht und öffnet die Tür?«
Nach weiterem fruchtlosen Klopfen befahl der Erste Pallan: »Brecht die Tür auf.«
Die Tür war aus widerstandsfähigem Lenkenholz. Der Wächter verschwand und kehrte mit drei Kameraden zurück, die mit Äxten bewaffnet waren. Meine Neugier gewann die Oberhand, also schloß ich mich der Gruppe an.
Als der Clis mich erblickte, wurde er sofort demütiger. »Ah, Majister.«
Ich nickte, und die Wächter gingen die Tür an. Nach einigen kräftigen Axtschwüngen und durch die Luft fliegenden Holzsplittern gab die Tür nach.
Wir traten ein und erstarrten, als wir sahen, was uns erwartete.
Der Rapa-Cadade, der zusammengesunken in der Ecke kauerte, war nicht mehr als ein blutiges Bündel. Seine Hände, die abwehrend über den Kopf erhoben waren, schimmerten an den Stellen, an denen die Knochen durch das zerfetzte Fleisch hervorschauten, gelblich-weiß. Vorhänge und Möbel waren blutbespritzt. Noch während wir fassungslos dastanden, kippte er langsam seitwärts und lag dann in seinem eigenen Blut. Der Ausdruck unaussprechlichen Grauens auf seinem Gesicht verriet, daß er in Angst gestorben war.
Eine Untersuchung des Raums ergab, daß die Fenster verriegelt und die Tür von innen verschlossen waren.
»Wie kann das sein?« Nath der Clis legte eine Hand an die Narbe.
Einer der Wächter sagte: »Niemand hätte hier hereinkommen können, Jen.«
»Und doch ist er tot«, stieß ich schroff hervor. Und fügte leise für mich hinzu: »Das klassische Geheimnis des Mordes im verschlossenen Zimmer.«
12
Es herrschte Verwirrung. Im Handumdrehen ging die Neuigkeit im Palast um und verbreitete sich wie ein Buschfeuer in der ganzen Stadt. Das Rätsel des Mordes im verschlossenen Zimmer regte die Phantasie an. In aller Öffentlichkeit brachten die Leute die Morde miteinander in Verbindung, ein Gerücht führte zum nächsten.
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