51 - Mord auf Kregen
der Nase ein. Er spreizte die Finger. Er war höflich. Tralgans Notlage hatte sein ganzes Mitgefühl. Das Spreizen der Finger überzeugte Tralgan, daß der Mann versuchte, ehrlich zu sein, immerhin mußte er deswegen das parfümierte Taschentuch von der Nase nehmen. »Ich habe keine guten Neuigkeiten, Kyr Tralgan.«
»Sag es mir.«
»Prinzessin Didi weigert sich, zu deinen Gunsten in den Fall einzugreifen.«
Eine niederschmetternde Welle der Verzweiflung überwältigte Tralgan. Er sackte auf die Pritsche, schlug die Hände vors Gesicht und wiegte sich vor und zurück. Sämtliche Hoffnungen – zunichte gemacht!
»Nein!« Er sah auf. Die Verzweiflung mußte überwunden werden. »Der Herrscher!«
»Mein lieber Kyr, ich habe natürlich sofort an seine wohlwollende Eminenz, den Herrscher Drak, appelliert.«
In Tralgan wallte neue Hoffnung auf. »Der Herrscher muß erkennen, daß ich eine gerechte Sache vertrete! Er muß!«
»Ja. Dir gehört meine ganze Sympathie. Ich habe ...« Die Stimme Nath des Clis nahm einen vertraulichen Tonfall an. »Ich persönlich habe eine beträchtliche Summe ausgegeben, um deine Sache weiter voranzutreiben. In solchen Angelegenheiten zum Herrscher vorzudringen, ist selten einfach.«
Tralgans Erfahrungen in Übersee hatten ihm einen Einblick in das Wesen der Korruption verschafft. Er wußte, daß die Höhergestellten Kregens ihren Tribut verlangten, um Unglücklichen zu helfen. Zwar hatte er gehört, daß seit dem Vater des Herrschers Bestechung in Vallia aus der Mode gekommen war. Aber dieser Pallan verstand offensichtlich die Wege der Politik.
»Vielen Dank, Pallan.«
Nath Swantram sah sich in der Zelle um, das Taschentuch erneut vor der narbigen Nase. »Mein lieber Kyr, ich hatte ja keine Ahnung, daß man dich unter so mißlichen Umständen untergebracht hat. Ich werde dafür sorgen, daß man das sofort ändert. Eine Person deines Standes sollte hier nicht eingesperrt sein.«
»Du bist sehr zuvorkommend.« Tralgan hustete. »Was die Sache mit den ... äh ... Kosten in Zusammenhang mit dem Herrscher betrifft ...«
Swantram hob die Hand. »Über die Kosten können wir sprechen, wenn du deine Ländereien hast.« Nach ein paar weiteren höflichen Worten ging der Pallan. Am nächsten Tag verlegte man Tralgan in eine höhergelegte Zelle, durch deren vergittertes Fenster die Sonnen von Scorpio den größten Teil des Nachmittags in ihrer ganzen Pracht hereinschienen. Die Qualität des Essens verbesserte sich beträchtlich. Das Bett war weich und die Waschgelegenheit äußerst zufriedenstellend.
Jemanden in der Stellung und mit der Macht des Pallans auf seiner Seite zu wissen, hob Tralgans Stimmung beträchtlich. Swantram glaubte ihm! Also würde doch noch alles gut.
Eine Sennacht verging, in deren Verlauf der Pallan jeden zweiten Tag zu Besuch kam. Er war fast schon übertrieben fürsorglich. Seine Diener brachten einen großartigen Palinebusch in einem Keramiktopf. Allein schon die prallen gelben Beeren munterten den Gefangenen beträchtlich auf. Es gab noch keine Nachricht vom Herrscher. Swantram riet zur Geduld und verbreitete Zuversicht.
Er berichtete Tralgan, daß Nalgre Lodermair in Culvensax als Elten umherstolziere. »Mein lieber Kyr, ich kann beweisen, daß das Testament gefälscht wurde. Du wirst auf jeden Fall dein Erbe antreten.«
»Ich will diesen Cramph für seinen Verrat bestraft sehen.«
»Das wirst du auch, mein lieber Kyr, das wirst du.«
»Der Gedanke an ihn, daß er jetzt da ist, wo mein Vater ...« Tralgans Gesicht verfärbte sich, als das vorbelastete Blut der Vorner in Wallung geriet. »Ich werde dafür sorgen, daß man ihn bestraft, und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Leben erreiche.«
Der Pallan hüstelte unbehaglich. »Äh ... hm ... sollten die Morde bewiesen werden, so betrifft das nicht notwendigerweise die Angelegenheit mit der Erbschaft.«
Tralgan wollte wissen, was der Pallan damit meine, bei Vox!
»Nur, mein lieber Kyr, daß du entschlossen sein solltest, Lodermair um die Früchte seines Verrats zu bringen, gleichgültig, was immer geschehen wird.«
Tralgan Vorner schwor bei Kurins Klinge, daß er, selbst wenn man ihn in die tiefste Hölle verdammen sollte, Lodermair aufhalten, ihn ruinieren und an den Bettelstab bringen werde.
»Selbst wenn ich in den Eisgletschern von Sicce durch die Nebel wandern muß, werde ich Lodermair aus Culvensax vertreiben! Bei Opaz, ich werde ihn erwischen!«
Nachdem der Pallan seinen großen Respekt vor
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