52 - Aufruhr auf Kregen
und vergaß sie dann praktischerweise einfach.
Nun hatte man mich in dieses elende, verschwiegene Loch gesperrt, und paradoxerweise gestaltete gerade diese Tatsache das, was dann geschah, viel einfacher.
Die Zellentür öffnete sich mit einem kaum wahrnehmbaren Quietschen. Belkran der Kerkerwärter trat ein, einen bemerkenswerten Ausdruck im haarigen Brokelshgesicht. Die Schlüssel an dem Ring in seiner Hand klirrten leise, da diese haarige Hand ebenfalls zitterte.
Drei Männer betraten leise die Zelle. Sie trugen einfache schwarze Gewänder, waren schwerbewaffnet, und jedes der drei Gesichter wurde von einem ebenfalls schwarzen Tuch verhüllt. In ihren Augen spiegelte sich das Licht des Kerzenstumpfs und brachte sie zum Funkeln.
Ich erhob mich.
Es fiel kein Wort. Man nahm dem armen, völlig verwirrten Belkran die Schlüssel ab. Die drei Maskierten drängten mich aus der Zelle und schlossen die Tür hinter dem Kerkerwärter. Das Schloß wurde herumgedreht, die Riegel vorgeschoben. Dicht aneinandergedrängt schritten wir den dunklen Korridor mit der gewölbten Decke entlang. Unsere Schritte waren nicht lauter als die eines Kätzchens auf einem Teppich. Ein Rapa-Wächter schlummerte friedlich an die Wand gelehnt, unmittelbar neben ihm setzte sich sein Kamerad gerade auf und hielt sich stöhnend den Leib.
Einer der Maskierten versetzte dem unglücklichen Wächter einen Schlag hinters Ohr, und er sackte mit einem Krächzen in sich zusammen.
Wir durchschritten die bedrückenden Kerkergänge, stiegen rutschige Stufen hinauf und passierten vier oder fünf andere Diffs, die in völliger Mißachtung ihrer Wächterpflichten ein Nickerchen hielten. Niemand war getötet worden.
Der letzte Teil des Aufstiegs in das strömende Licht Zims und Genodras verlief mit einem erstaunlichen Mangel an Zwischenfällen. Ich hatte mit Schwierigkeiten gerechnet und war bereit gewesen, mir eine Waffe zu verschaffen und es auszukämpfen. Diese Art von dummem Heldentum erwies sich als unnötig.
Da dieses Gefängnis wie bereits erwähnt eigentlich nicht mehr benutzt wurde, machten hier nur wenige Wächter ihre Runden. Wir traten hinaus ins Sonnenlicht, und ich nahm einen tiefen Atemzug der großartigen kregischen Luft.
Drei Tücher wurden von drei Gesichtern gerissen, und siehe da, die Maskierten entpuppten sich als meine drei Gefährten aus Gafarden.
Natürlich war ich nicht im mindesten überrascht.
Tobi Vingal löste Rapier und Main-Gauche von seinem Gürtel und reichte sie mir. Er verkündete, er sei mit den für den Rapierkampf erforderlichen Disziplinen nicht vertraut, allerdings war ich mir nicht sicher, ob ich ihm das glauben sollte.
Jiktar Yavnin Purvun knurrte: »Welch ein ekelhaftes Loch!« Seine muskulöse Gestalt war normalerweise mit der Uniform des vallianischen Luftdienstes bekleidet, und sein offenes, ehrliches Gesicht und das Haar, das heller als das gewöhnliche vallianische Braun war, verursachten bei den Damen für gewöhnlich pochende Herzen – vor allem bei Ulana Farlan, was der Grund für ihre Verzweiflung war. »Ekelhaft!« wiederholte er.
»Oh, ich habe da schon Schlimmere erlebt.« Nalgre Nevkos hartes Gesicht mit den energischen Lippen verriet, daß er wußte, wovon er sprach. Wie bei Yavnin war auch sein Haar heller als üblich. Eine kleine Narbe auf der linken Wange verlieh seiner kämpferischen Erscheinung eine noch härtere Note.
»Ich danke euch allen, Doms.« Während ich mit ihnen Schritt hielt, schnallte ich mir Schwert und Dolch um. »Aber wie, zum Teufel, habt ihr mich dort unten gefunden?«
»Erfahrung«, sagte Nalgre Nevko; es klang rauh.
»Oh, wir haben ein paar Erkundigungen eingeholt.« Tobis leichtfertige Art konnte seine Entschlossenheit nicht ganz verbergen.
»Ja.« Yavnin wandte mir den Kopf zu. »Der erste Wächter hat sich glücklich geschätzt, uns alles zu verraten.«
Meine Freude darüber, daß sie niemanden getötet hatten, war offensichtlich; ich konnte mich allerdings des Gefühls nicht erwehren, daß es sie verblüfft hätte, wenn ich etwas in der Richtung gesagt hätte, und sie zu dem Schluß gekommen wären, ich würde auf meine alten Tage sentimental werden.
Ein Chorgesang wurde lauter, und bald schwirrten die Hymnen ›OO-lie O-paz, OO-lie O-paz‹ durch die Luft. In Vallia ist jeder Tag ein Opaz gewidmeter Tag, der die passende Bezeichnung für die Manifestation der Unsichtbaren Zwillinge trägt. Heute war es der Tag des auf dem Thron sitzenden Opaz. Die lange Reihe
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